Amberg
25.09.2022 - 16:29 Uhr

Reise durch das "Ruhrgebiet des Mittelalters"

Die Region um Amberg und Sulzbach-Rosenberg wird wie andere Teile der Oberpfalz oft als "Ruhrgebiet des Mittelalters" bezeichnet. Warum das so ist, wurde nun im Stadttheater Amberg deutlich.

Eigentlich erzählt Tanja Weiß hauptberuflich Kindern Märchen. Sie ist aber auch zertifizierte Museumspädagogin und Vorsitzende des historischen Vereins Stiber-Fähnlein in Sulzbach-Rosenberg. Das erklärt ihre Leidenschaft, Geschichte mit Geschichten zu erzählen. Seit Jahren beschäftigt sie sich mit ihrem großen Projekt „Auf den Spuren der Montangeschichte“. Mit dessen Präsentation füllte sie jetzt das Amberger Stadttheater.

„Es gibt heute noch Zeitzeugen, deswegen gilt es jetzt, die Geschichte zu konservieren“, sagt Tanja Weiß über ihre Intention. Mit Martin Schreiner, Leiter des Bergbaumuseums in Theuern, und Andreas Erb, Leiter des Amberger Stadtarchivs, hatte sie sich für ihr Vorhaben zwei Fachleute mit ins Boot geholt. Gemeinsam mit Studenten der OTH Amberg-Weiden entstanden in Begleitung von Prof. Klaus Grüger in den vergangenen zwei Jahren zwei Filmdokumentationen, die sich mit dem Bergbau und der Montanindustrie in der Region auseinandersetzen. Beide Filme wurden nun im Stadttheater erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Interviews von Zeitzeugen beschrieben die Arbeit im Bergwerk mit seinen extremen Bedingungen. Die Vorträge der beiden Referenten Schreiner und Erb lieferten das Hintergrundwissen zum Bergbau und der Eisenindustrie in der Region.

"Ruhrgebiet des Mittelalters"

Martin Schreiner ist nicht nur der Leiter des Bergbau-Museums in Theuern, sondern auch Lehrbeauftragter an der Uni Regensburg. Mitunter greift er auch mal selbst zum Hammer, um das Schmieden des glühenden Eisens zu demonstrieren. „Beim Schmieden ist er in seinem Element“, erzählt Tanja Weiß über den Referenten. In seinem Vortrag „Genese der ostbayerischen Eisenerzvorkommen“ zeigte Schreiner die geologischen Strukturen der Oberpfalz auf, die dazu führten, dass sich die Region zum „Ruhrgebiet des Mittelalters“ entwickeln konnte.

Über 20 Prozent des europäischen Eisenbedarfs lieferte damals die Oberpfalz. Die Qualität der aus der Kreidezeit stammenden Erzlagerstätten war hervorragend. Diese waren eisenreich, leicht zugänglich und gut zu verhütten. 60 Millionen Tonnen Eisenerz holte man mühsam aus dem Boden. Hammer und Schlegel, die wichtigsten Werkzeuge des Bergmanns, zieren heute noch das Wappen der Stadt Sulzbach-Rosenberg. Immer noch schlummern etwa 20 Millionen Tonnen förderfähige Erze im Untergrund.

Anfänge vor 1034

Andreas Erb, der Leiter des Amberger Stadtarchivs, nahm die Zuhörer mit zu einem Streifzug durch die Geschichte des Bergbaus in der Region. Die Frage, ob die 1034 erstmals urkundlich erwähnte Stadt Amberg eher als Handelsstadt oder als Bergbaustadt gegründet wurde, lässt sich aus seiner Sicht nicht klar verantworten. Der Spruch „Alles kommt vom Berge her“ treffe aber auf Amberg nicht zu. Spätestens seit vor wenigen Jahren der Archäologe Mathias Hensch im heutigen Neubaugebiet Drillingsfeld am Westrand von Amberg frühmittelalterliche Rennöfen ausgegraben hatte, steht fest, dass schon vor 1034 hier eine Siedlung existiert haben musste. „Auch wenn in Amberg mehr Bergbau steckt als man heute sieht, es ist die Vielfalt, die Amberg damals ausmachte“, sagte Erb. Die Standortbedingungen für Eisenerzeugung waren hervorragend. Neben den Erzvorkommen lieferte der Wald in der Region das Holz für die Rennöfen, das Wasser der Vils den Antrieb der Hammerwerke und der Fluss selbst den Transportweg nach Regensburg.

Nach dem Niedergang der traditionellen Eisenverhüttung im 16. Jahrhundert dauerte es bis ins 19. Jahrhundert, als mit der Maxhütte in Sulzbach-Rosenberg und der Amberger Luitpoldhütte eine neue Ära der Montanindustrie eingeläutet wurde. „Dieses Stück Industriegeschichte zu bewahren wird eine große Aufgabe der kommenden Generationen hier in der Region sein“, sagte der Amberg-Sulzbacher Landrat Richard Reisinger in einem Interview im Film.

Tanja Weiß hat noch viel vor mit ihrem Projekt, die Oberpfälzer Bergbaugeschichte für die junge Generation erlebbar zu machen. Die Präsentation im Internet, Materialsammlung für ein Schulprojekt, Aufbau des Museumsprojekts in Sulzbach-Rosenberg und des Bergbaumuseums Maffei-Schächte sind nur einige Beispiele. An diesem Abend im Stadttheater hat sie zumindest schon mal zahlreiche Fürsprecher gefunden.

 
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