Amberg
23.01.2023 - 14:14 Uhr

In der Stadtbibliothek Amberg werden Kinder zu Märchenfiguren

Jeder braucht mal eine Auszeit. Auch Märchenfiguren. Weil Rotkäppchen noch nie Urlaub hatte, beschwerte es sich bei der Erzählerin und bekam wie ihre Kollegen ein paar Tage frei. Aber wer erweckt dann die Geschichten zum Leben? Kinder!

Märchenfee Tasifan (Cornelia Thiele) hat alle Märchenfiguren in Urlaub geschickt. Im Lesecafé der Stadtbibliothek Amberg kann sie sich aber auf die Hilfe der Kinder verlassen. Bild: Wolfgang Steinbacher
Märchenfee Tasifan (Cornelia Thiele) hat alle Märchenfiguren in Urlaub geschickt. Im Lesecafé der Stadtbibliothek Amberg kann sie sich aber auf die Hilfe der Kinder verlassen.

Märchenfee Tasifan langweilt sich in der Stadtbibliothek Amberg sichtlich: Alle Märchenfiguren machen Urlaub und haben sie allein gelassen. Nur der Koffer mit den Kostümen ist dageblieben. Damit nicht alles einstaubt, ist die Märchenfee mit dem Staubwedel unterwegs. Da bemerkt sie plötzlich, dass sie sich nicht mehr an den Märchenanfang erinnern kann. Eine Frage drängt sich auf: Wer hilft mit, ihr Lieblingsmärchen zu erzählen und vor allem – zu spielen?

Die Antwort war am Montag im Lesecafé der Stadtbibliothek schnell gefunden: Kinder. Denn die waren reichlich da. Gabriele Gauder, die stellvertretende Leiterin der Stadtbibliothek, hatte Cornelia Thiele und Thomas Kieck aus Weimar eingeladen, die unter dem Namen Kieck-Theater seit 1991 mit ihren Veranstaltungen quer durch die Republik reisen. Am Montag machten sie Station in Amberg, wo Cornelia Thiele zunächst vor Mädchen und Buben aus dem Marienheim-Kindergarten der Caritas und Erstklässlern aus der Albert-Schweitzer-Grundschule die Märchenfiguren in Urlaub schickte. Noch am Vormittag folgte eine weitere Vorführung für Zweit-, Dritt- und Viertklässler der Albert-Schweitzer-, Barbara- und Dreifaltigkeitsschule.

Alle Märchenfiguren im Urlaub

Sie alle wussten aber zunächst nicht, was genau passiert, denn Gabriele Gauder verriet nichts: „Lassen wir uns einfach mal überraschen.“ Und schon stand Cornelia Thiele als Fee Tasifan auf der Bühne und wirkte etwas betrübt, weil sie allen Märchenfiguren ein paar freie Tage erlaubt hatte. Das ist zwar gut für Rotkäppchen und alle anderen, nicht aber für die Erzählerin: „Ich kann ja nicht alle Rollen selber spielen.“ Als sie die Kinder fragte, ob sie ihr helfen möchten, bekam sie ein nicht zu überhörendes „Ja!“

Samuel meldete sich, als ein König gesucht wurde, Marlene wurde zur Königin und Maximilian verkörperte den Prinzen, der in dem Märchen Dornröschen ebenfalls eine wichtige Rolle spielt. „Das Beste ist wirklich, wenn alle Kinder in Szene gesetzt sind“, sagt Thomas Kieck, der selbst nicht ins Geschehen eingreift, denn das sollten ja die Mädchen und Buben. Die Idee dahinter: „Wir wollen nicht, dass die Kinder das Gefühl haben, außen vor zu sein. Da oben läuft irgendwas ab und sie sitzen davor und es ist wie im Fernsehen. Es dürfen alle mitmachen.“

Und das machen sie. Wer keine aktive Rolle hat, sitzt im Publikum und ist damit automatisch Teil des „Volks“, das immer wieder in das Stück einbezogen wird. Dass das Konzept funktioniert, zeigt sich zum Beispiel in einer Szene, die nicht geplant ist. Als Märchenfee Tasifan alias Cornelia Thiele erzählt, dass die Königin nicht wegen des Essens einen so dicken Bauch hat, sondern weil sie schwanger ist, huscht einem Mädchen dieser Kommentar über die Lippen: „Na, toll!“

Kinder einfach machen lassen

Thomas Kieck kann sich ein Lächeln nicht verkneifen: „Manchmal sitze ich echt daneben und lache mich kaputt.“ Nicht aus Schadenfreude, sondern weil sich die Kinder eben nicht an ein Drehbuch oder Ähnliches halten müssen, sondern einfach sie selbst sein dürfen: „Es entwickelt sich. Manchmal wissen sie erstmal gar nicht, was sie machen sollen, aber dann leben sie sich in die Rollen rein.“

Eines falle an allen Auftrittsorten auf: Je weniger Kinder da sein, desto weniger trauen sich, mitzumachen. „Oder wenn Vati mit in der Vorstellung sitzt. Dann haben Sie ein ganz anderes Kind.“ In Amberg läuft im Lesecafé der Stadtbibliothek alles, wie gewollt. Angesichts von fast 150 teilnehmenden Kindern, bleiben die meisten nicht lange schüchtern. Und die Eltern? Die sind gar nicht erst mit dabei.

 
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