Wie werden die vielfältigen Menschen und Lebensformen in Kinder- und Jugendbüchern dargestellt? Welche Darstellungsformen sind warum problematisch? Wie und warum können unterschiedliche Darstellungen für alle Kinder eine Bereicherung sein? Das stellten die Pädagogin Maria Hirschauer und die Psychologin Marie Corain in der Stadtbibliothek dar. Dazu hatten im Rahmen der Internationalen Woche gegen Rassismus die Stadtbibliothek, die Lebenshilfe Amberg-Sulzbach sowie die Gleichstellungsstelle eingeladen.
Als Mütter von schwarzen Kindern stellen Hirschauer und Corain immer wieder fest, dass die deutsche Bilderbuchwelt hellhäutig ist. Das erleben sie als "problematisch für alle Kinder", wie sie meinen. Ein Buch kann wie ein Spiegel die Lebenswirklichkeit eines Kindes abbilden oder einem Fenster vergleichbar den Blick in eine andere Wirklichkeit ermöglichen. Ein gutes Kinderbuch, führte Hirschauer aus, erfüllt beide Funktionen. Ein Buch mit schwarzen Personen ermöglicht einem schwarzen Kind, sich und sein Leben zu reflektieren. Andere Kinder gewinnen dadurch eine neue Perspektive. Bücher bestätigen nämlich die eigene Lebensweise, formen aber zugleich den Blick auf die Welt, so Hirschauers Meinung. Wichtig sei deshalb die Form der Darstellung.
Vielfalt ohne Wertung
Hirschauer forderte die Zuhörer dazu auf, sich Kinderbücher daraufhin anzuschauen, ob die Darstellung Schwarzer realistisch und positiv ist. Es sollten nicht Probleme wie Diskriminierung im Mittelpunkt stehen, vielmehr sollte die Vielfalt ohne Wertung als Normalität dargestellt werden. Corain stellte einige Kriterien für die Bewertung vor. Man solle darauf achten, ob die schwarze Person Protagonistin oder passiv ist, ob sie gleichwertig mit Weißen gezeigt wird und ob die gezeigten Situationen realistisch oder stereotyp sind. Denn schwarze Kinder, erläuterte Hirschauer, werden in Kinderbüchern häufig negativ oder klischeehaft dargestellt.
Außerdem müsse nicht nur auf die Illustrationen, sondern auch auf die Sprache geachtet werden. Begriffe, die als verletzend wahrgenommen werden, sollten nicht verwendet werden. Bei älteren Kinderbücher ersetzen die Verlage inzwischen nach Rücksprache mit dem Autor oder dessen Erben häufig derartige Formulierungen, um nicht durch diskriminierende Bezeichnungen Rassismus zu reproduzieren.
Um weltoffene Kinder mit einem gesunden Weltbild zu erziehen, müsse die heterogene Realität abgebildet werden, also nicht nur die deutsche Mittelstandsfamilie mit Einfamilienhaus und Garten, sondern auch unterschiedliche Familienformen, Armut, Behinderung und verschiedene Lebensweisen und Hautfarben, meinte Corain.
Bibliotheksleiterin Bettina Weisheit fasste schließlich zusammen: „Es ist wichtig, Kinder weltoffen und tolerant zu erziehen.“ Die Referentinnen haben die Webseiteein-mal-ich ins Leben gerufen. Hier stellen sie diversitätssensible Kinder- und Jugendbücher vor.
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