Das Bayerische Kultusministerium hat ein großes Problem: den Lehrermangel. Ein Lösungsversuch dafür: Quereinsteiger gewinnen. Die 27-jährige Stefanie Frisch, die ihr Referendariat abgeschlossen hat und seit diesem Schuljahr am Beruflichen Schulzentrum in Amberg im Gesundheitszweig als Lehrerin arbeitet, ist der Beweis dafür, dass dieser Beruf nicht zwingend ein abgeschlossenes Lehramtsstudium voraussetzt.
Frisch ist nicht nur Lehrerin, sondern war vor Kurzem auch Werbegesicht einer Kampagne des Kultusministeriums, die den Titel "Im Herzen Lehrer/-in" trägt und auf diversen Social-Media-Kanälen läuft. Dafür war sie einer der beiden Protagonisten für den Videoclip "Quereinstieg an beruflichen Schulen" und nahm an der Auftaktveranstaltung der Kampagne "#imherzenlehrer" mit Kultusminister Michael Piazolo teil. Zur Werbekampagne sagt sie: "Ich weiß ehrlicherweise gar nicht, warum ausgerechnet ich dafür ausgewählt wurde." Frisch zufolge wurden jeweils zwei Quereinsteiger-Gesichter pro Schulart für Mittelschule, Gymnasium und Berufsschule gesucht.
Im Herzen immer schon Lehrerin
Der Titel "Im Herzen Lehrer/-in" trifft auf Frisch voll zu. Sie hat Molekularmedizin im Bachelor und Master studiert. Im Herzen aber trug sie immer den Wunsch, eines Tages Lehrerin zu werden. Sie sagt: "Ich habe nach meinem Abi schon überlegt, ob ich Lehramt studieren soll. Damals habe ich die Idee dann nicht weiterverfolgt."
Weil sie an naturwissenschaftlichen Fragen interessiert war, studierte sie Molekularmedizin. Frisch: "Während meines Studiums habe ich aber gemerkt, dass es mir viel gab, wenn ich Studierende in niedrigeren Semestern betreuen konnte."
Eher durch Zufall stieß sie auf ein Programm des Kultusministeriums, das zur Zeit ihres Abschlusses auf der Suche nach qualifizierten Quereinsteigern an beruflichen Schulen mit der Fachrichtung Gesundheitswesen war. Dadurch ergab sich die Chance, einerseits einen lange gehegten Wunsch zu erfüllen und andererseits einen Job zu bekommen, der sowohl sicher als auch in der Region verhaftet war. Im Herbst 2020 entschied sie sich für den Quereinstieg.
Stefanie Frisch konnte sprichwörtlich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. "In Grundzügen kann ich naturwissenschaftlich im Fachbereich der Gesundheitswissenschaft arbeiten und dennoch im Lehramt tätig sein." Um sich für den Beruf zu qualifizieren, bekam Frisch eigenen Aussagen zufolge keine Extrawurst. Im Referendariat wurden von ihr dieselben Leistungen wie von ihren vollstudierten Kollegen verlangt: "Ich hatte die gleichen Anforderungen, ich musste dieselben Prüfungen schreiben wie alle anderen auch und wurde dementsprechend auch bewertet."
Sie musste unter anderem wie üblich Lehrproben und mündliche Prüfungen absolvieren. Nur in einem Punkt unterschied sich ihr Referendariat von dem ihrer Mitstreiter: Frisch musste zusätzlich einen Kurs in Erziehungswissenschaften belegen, in dem sie die Grundsätze der Didaktik, also der Kunst der Lehre, vermittelt bekam. "Da ging es darum, das aufzuholen, was ich im Studium nicht gelernt habe", sagt sie.
Wie Fachwissen vermitteln?
Die größte Herausforderung dabei sei die Frage gewesen, wie sie den Unterricht vor einer Klasse gestalten sollte. Frisch: "Da wurde ich ins kalte Wasser geschmissen. Das war in meinem Studium natürlich kein Thema. Ich hatte das fachliche Knowhow, aber ich musste lernen, wie man einen guten Unterricht aufzieht." Durch ihr Seminar aber sei sie sehr gut betreut worden, so dass sie diesen Aspekt "sehr schnell heraus" hatte. "Aber da habe ich gemerkt, wie viel Planung und Organisation hinter jeder einzelnen Schulstunde eigentlich steckt."
Heute unterscheidet sich Frischs Alltag nicht mehr von dem der vollausgebildeten Lehrkräfte. Sie unterrichtet in Vollzeit und steht regelmäßig vor den Klassenstufen 10 bis 13. Hinzu kommen einmal wöchentlich der Nachmittagsunterricht sowie die besonders zeitintensive Vor- und Nachbereitung der Unterrichtsstunden.
Stefanie Frisch ist dankbar, dass sie die Möglichkeit hatte, bereits ihr Referendariat am Beruflichen Schulzentrum in Amberg machen zu können - gerade für viele Lehramtsanwärter und Referendare ist das keine Selbstverständlichkeit, da viele Oberpfälzer erst einmal nach Oberbayern versetzt werden. "In Amberg wurde mein Quereinstieg durchweg positiv aufgenommen. Ich kann sagen, dass ich mit offenen Armen empfangen wurde. Die Kollegen und meine Seminarlehrkraft haben mich unterstützt. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, willkommen zu sein."
Kein Bedauern
Wie Stefanie Frisch sagt, hat sich unter dem Strich der Aufwand gelohnt, sie ist glücklich, Lehrerin zu sein: "Ich habe den Weg nicht bereut, ich würde es jederzeit wieder machen. Es ist für mich persönlich ein toller Beruf, der einem viel zurückgibt. Es macht Spaß, wenn man sieht, was die Schülerinnen und Schüler lernen und fürs Leben mitnehmen."
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