Was jemand im Zuhörerraum laut als Provinzposse bezeichnete, sah die Staatsanwaltschaft völlig anders. Sie hatte Anklagen wegen eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gegen zwei Männer geschrieben. Seltsam allerdings: Nur einer (59) drückte die Anklagebank. Der andere (70) saß draußen als Zeuge. Das freilich war noch merkwürdiger. Denn eben dieser 70-Jährige gilt als zweiter Beschuldigter in dem Verfahren. Woraus sich letztlich die Frage ergab: Warum wurde nicht gleich auch gegen ihn verhandelt?
Ärger im kleinen Ort
Die ganze Geschichte trug sich an einem November-Nachmittag 2018 in einem Weiler an der Grenze zum Kreis Nürnberger-Land zu. Man erfuhr, dass es nur wenige Häuser und eine Ortsstraße gibt. Die Bewohner kennen sich. Doch mitten in dieser Beschaulichkeit gab es Ärger. Denn da soll einer von ihnen eine Grundstückszufahrt hergestellt haben, die zwar neben der Ortsstraße lag. Doch dazwischen gibt es einen schmalen Streifen, der wohl im Besitz des 70-Jährigen ist. Eine Frage des Wegerechts womöglich. Doch ob jemals untereinander darüber geredet wurde, blieb in der Verhandlung unklar.
Um 15.30 Uhr an dem besagten Spätherbsttag erschienen zwei Herren an dieser Zufahrt und begannen damit, zwei eiserne Pfosten in den Boden zu rammen. Einer war der 70-Jährige, beim anderen handelte es sich um den nun angeklagten 59-Jährigen. "Ich bin halt mitgegangen und habe geholfen. Mehr nicht", sagte der Mann dem in der Sache nachforschenden Amtsrichter Florian Meißner.
Die Aktion "Eisenpfosten" war von demjenigen, dem sie galt, nicht unbemerkt geblieben. Während sich bereits Ortsbewohner als Zuschauer versammelt hatten, rief er nach der Sulzbach-Rosenberger Polizei. Sie rückte mit einem Streifenwagen an.
Doch noch bevor die beiden Uniformierten eintrafen, kam es zum unguten Ereignis. Ein Auto nahte und wollte in die verbarrikadierte Zufahrt abbiegen. Mit dem Pfosten-Hindernis hatte der Fahrer nicht gerechnet. Also blieb ihm, wie er als Zeuge sagte, "nur eine Vollbremsung".
Dem Richter war die Frage wichtig, ob die Eisenpfosten bei einem Anstoß umgefallen wären. Daraufhin kam es zu einer skurrilen Szene im Sitzungssaal. Denn einer der vor Ort damals ermittelnden Polizisten musste vormachen, wie er die Hindernisse aus dem Boden riss. Der ungewöhnlichen Vorstellung ließ sich entnehmen: Muskelkraft war zur Entfernung durchaus vonnöten.
Verfahren eingestellt
Nicht lange darauf wurde das Verfahren gegen den 59-Jährigen gegen eine Geldauflage von 1000 Euro eingestellt. Weil er wohl doch nur, wie sein Anwalt Andreas Taubmann argumentierte, jemand war, der eher ahnungslos einem dörflichen Mitbewohner half. Als das geschah, waren weder der 70-Jährige noch der mit den Eisenpfosten an seiner Zufahrt bedachte Mann vernommen worden.
Im Zuhörerraum saß der Amberger Anwalt Carl-Heinz Müller. Er vertritt den mutmaßlichen Initiator der Pfosten-Begebenheit und machte sich fleißig Notizen. Müller tritt demnächst in Aktion, wenn gegen den 70-Jährigen verhandelt wird. Vielleicht wird ja dann deutlich, wie sich das alles verhielt.













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