Lastwagensitze und Fahrräder, Porzellan und Straßenwalzen, Chips und Zoigl. Es gibt fast nichts, was von den Unternehmen in der Oberpfalz nicht hergestellt wird. Das lockt an. Menschen aus der ganzen Welt ziehen in die Oberpfalz - und finden eine neue Heimat. Hier erzählen sie davon. Heute mit Tim Jüntgen (48). Er stammt aus Düsseldorf und lebt seit 2010 in Amberg. An der dortigen OTH lehrt und forscht er als Professor für Kunststofftechnik. Zudem ist er erster Vorsitzender des Amberger Fischereivereins.
ONETZ: Der Oberpfälzer ist ein Grantler und Sturkopf. Stimmt’s?
Tim Jüntgen: Nein, da gibt es keine Probleme. Aber einem gebürtigen Rheinländer wie mir wird ja nachgesagt, offen und eine Frohnatur zu sein. Frech formuliert: Als Rheinländer erziehe ich mir die Leute, ich habe keine Berührungsängste mit den Oberpfälzern.
ONETZ: Mit welchen Vorurteilen und Erwartungen sind Sie in die Oberpfalz gekommen? Und wie lautet jetzt Ihr Fazit?
Mit gar keinen Vorurteilen. Vielleicht ist das aber auch der Offenheit des Rheinländers geschuldet – obwohl das ja auch ein Vorurteil sein kann. Die Rheinländer können genauso Grantler sein wie die Oberpfälzer offen. Da ich von zwei Hochschulen den Ruf erhalten habe, konnten meine Familie und ich es uns aussuchen, wohin wir gehen. Amberg oder Nordrhein-Westfalen. Wir haben uns dann Amberg und die Umgebung angeschaut – und uns dafür entschieden, wo die Welt noch mehr in Ordnung ist. Das war eine bewusste Entscheidung pro Amberg und die Region. Für fühlen uns hier sehr wohl. Meine älteste Tochter hat vor zwei Jahren mal gesagt, wenn wir nochmal die Idee haben, umzuziehen, will sie ins Internat. Das zeigt, dass wir hier angekommen, zu Hause sind.
ONETZ: Spielen Sie oft mit dem Gedanken, in Ihre alte Heimat zurückzukehren? Wie oft fahren Sie tatsächlich zurück?
Da ich an der Hochschule verbeamtet bin, bin ich nicht mehr so umzugswillig, theoretisch kann man das jedoch nie ausschließen. Wir haben aber nicht vor, die Oberpfalz zu verlassen. In die alte Heimat fahre höchst selten, ein Mal im Jahr, meist kombiniert mit einer dienstlichen Reise.
ONETZ: Was erzählen Sie dort von Ihrer neuen Heimat? Was würden Sie Ihren Verwandten oder Freunden zuerst zeigen, wenn die zu Besuch in die Oberpfalz kommen?
Ich sage immer, dass ich mich bewusst für die Oberpfalz entschieden habe, für die Umgebung, für die Menschen. Dass hier alles passt. Ich bekomme auch viel Besuch von Menschen aus der ganzen Welt. Die meisten sind sehr beeindruckt. Amberg ist zwar nicht die große Urlaubsregion, aber es gibt ja durchaus viele Menschen, die hier Urlaub machen. Zunächst zeige ich ihnen natürlich Amberg, das Amberger Ei. Als Vorsitzender des Fischereivereins Amberg bin ich auch naturverbunden, Naturschützer und Fischer. Da gibt’s viele schöne Flecken.
ONETZ: Verstehen Sie Ihre Oberpfälzer Kollegen, wenn Sie mit ihm nach Feierabend ein Bier trinken?
Manchmal muss ich eben nachfragen, je nach dem wie gesprochen wird. 2008, als ich bereits einmal beruflich in Amberg war, waren wir in einem Hotel in Paulsdorf untergebracht. Im Restuarant saß neben uns eine Stammtischrunde, die Schafkopf spielte – ich habe nichts verstanden. Wenn jemand ganz harten Dialekt spricht, muss ich mich arg konzentrieren. Mittlerweile habe ich mich aber dran gewöhnt. Nur selbst so sprechen, krieg’ ich nicht hin, das hört sich komisch an.
ONETZ: Fühlen Sie sich bereits als Oberpfälzer?
Wie sagt der Amerikaner: ‚Home is where the heart is.‘ Wir fühlen uns hier sau wohl.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.