Amberg
04.11.2018 - 13:54 Uhr

Togo tanzt für neue Dr.-Luppa-Schule

Amberg macht Schule in Togo: im wörtlichen und im übertragenen Sinn. Weil diese Form von Entwicklungshilfe beispielhaft für die Zukunft und doch nicht ganz neu ist. Im Gegenteil kehrt die Projekthilfe Luppa damit zu ihren Ursprüngen zurück.

Hier tanzen die Schüler der neuen Realschule in Bassar noch nicht – das werden sie aber sicher bei der offiziellen Einweihung im Januar tun, wenn Projekthilfe-Vorsitzender Ulrich Siebenbürger und eine Delegation deutscher Gäste nach Togo reist. Am ersten Schultag haben sich die Kinder zum Singen der Nationalhymne vor ihrem neuen Gebäude versammelt, deshalb stehen sie so geordnet Spalier. Bild: exb
Hier tanzen die Schüler der neuen Realschule in Bassar noch nicht – das werden sie aber sicher bei der offiziellen Einweihung im Januar tun, wenn Projekthilfe-Vorsitzender Ulrich Siebenbürger und eine Delegation deutscher Gäste nach Togo reist. Am ersten Schultag haben sich die Kinder zum Singen der Nationalhymne vor ihrem neuen Gebäude versammelt, deshalb stehen sie so geordnet Spalier.

Es ist die Zeit, als sie in Sorsogon auf den Philippinen noch ein Kinderkrankenhaus betrieb. Schon damals Mitte der 1960er-Jahre hatte der Vereinsgründer und Namensgeber die Idee, dass man in armen Ländern wirksame Hilfe zur Selbsthilfe leisten müsse. Damit die Menschen vor Ort die Unterstützung erhalten, die ihr Staat oft nicht leisten kann oder will. Im punkto medizinische Versorgung hielt Dietrich Luppa eine Poliklinik - später ergänzt um ein Kinderhospital - für die beste Möglichkeit, an einem Brennpunkt zu helfen. 33 Jahre lang trug die Projekthilfe mit dem Betrieb beider Häuser effektiv zur Linderung von Not und Erkrankungen bei und gab den Filipinos an der Südspitze der Hauptinsel Luzon das Gefühl, nicht allein gelassen zu sein.

Strukturhilfe statt Strohdach

1998 konnte sie Praxis und Krankenhaus in die Selbstständigkeit entlassen - in die Hände der Stadt Sorsogon, die damals ein kommunales Hospital errichten wollte und so im Grunde fertige Strukturen vorfand, die nur übernommen werden mussten (seinerzeit per Vertrag geregelt, der auch die Weiterbeschäftigung des Personals sicherte).

Um ein Stück Strukturhilfe geht es auch in Togo. Nicht mit dem Betrieb der neuen Realschule - den kann sich der Staat mit dem Bereitstellen und Bezahlen von Lehrern selber leisten. Was er nicht schaffte, war, für ein vernünftiges Gebäude zu sorgen. Der Unterricht in der Stadt Bassar fand bislang unter freiem Himmel im Schatten von Bäumen oder Strohdächern statt, die den Kindern kaum Schutz vor Hitze und Wüstenstaub boten. Das ist jetzt vorbei, weil sich die Projekthilfe für die Errichtung eines Schulhauses und künftig noch mehr begeistern ließ.

Aktuell teilt Vorsitzender Ulrich Siebenbürger mit, dass der Bau mit vier Klassenzimmern abgeschlossen ist. Er soll bei der offiziellen Einweihung im Januar den Namen Dr.-Luppa-Schule erhalten. Mit dem Unterricht aber konnte schon jetzt pünktlich zum neuen Schuljahr begonnen werden. "Wo gibt es das schon?", freut sich Siebenbürger über die zeitgerechte Fertigstellung und lobt David Djore Dare, dem er in erster Linie die Baubetreuung anvertraut hatte.

Im Grunde war es der früher in Amberg und heute in Schwarzenbruck lebende Togolese selbst gewesen, der dieses Projekt in seiner Heimatstadt Bassar vorgeschlagen hatte. Weil er dort immer noch gute Beziehungen und Kontakte hat - zur Kommunalpolitik und auch zu Baufirmen -, konnte er für eine zuverlässige Ausführung sorgen. Zumal David selbst vom Fach ist und die Baustelle mehrmals besucht und überwacht hat - in seinem Urlaub, den er sich dafür von seinem Arbeitgeber, der Baufirma Max Bögl, genommen hat.

Kantine und Kindergarten

Apropos Bauen: Damit soll es auch nach Abschluss der Schule noch weitergehen. Die Projekthilfe Dr. Luppa würde gerne eine Kantine ergänzen, die die insgesamt 240 Schüler in ihren vier Klassen (60 Jungen und Mädchen je Raum) täglich mit einem Mittagessen versorgen soll. Eine größere Spende dafür kommt laut David Djore Dare voraussichtlich von einer Oberpfälzer Baufirma, nachdem der Togolese, der auch die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, selbst fleißig um Gelder wirbt. Ihm ist es durch seine Freundschaft zu Stefan Rubenbauer ferner gelungen, vom Inhaber der gleichnamigen Kümmersbrucker Baufirma 21 000 Euro zu erhalten, die einen weiteren Zweck haben: Damit soll als nächster Baustein auf dem großen Grundstück ein Kindergarten erstellt und so der Bildungscampus, auf dem schon eine Grundschule steht, komplettiert werden.

Dazu würde nach Davids Wunsch irgendwann auch eine Bäckerei gut passen, wenn weitere Spenden fließen. Insgesamt rund 160 000 Euro hat die Projekthilfe bisher eingeplant, die damit auch einen Beitrag zur Bekämpfung von Fluchtursachen leisten will, um den Kreis zu einer zukunftsträchtigen Entwicklungshilfe zu schließen.

Hintergrund:

„Ich war auch eines dieser Kinder auf den Fotos.“ So erklärt David Djore Dare, warum er sich so sehr für den Schulbau in seiner alten Heimatstadt Bassar engagiert hat. Ihm selbst ist es in seiner Kindheit so ergangen, dass er täglich zweimal – vor- und nachmittags – viele Kilometer zu Fuß zum Unterricht laufen musste, um nach Rückkehr am Abend erst den Eltern auf den Feldern zu helfen, bevor er dann am Ende des Tages noch seine Hausaufgaben machen musste.

Dennoch: David und viele Zehntausend Jugendliche heute in Togo wissen, dass nur eine gute Schulbildung sie weiterbringen und aus dem Kreis der Armut entfliehen lassen kann. Ohne von den Eltern geschickt zu werden, strömen sie aus eigenem Antrieb auch in die neue Dr.-Luppa-Schule, die ihnen in der Gegend von Bassar nun lange Fußwege erspart und eben eine höhere Realschulausbildung bietet. Darauf sind David und die Projekthilfe stolz, wenngleich der Togolese traurig darüber ist, dass sein Staat solche elementaren Dinge für seine Jugend nicht hinbekommt.

Er hält es auch für falsch, dass deutsche Entwicklungshilfe an die Regierungen bzw. meist direkt an die Staatschefs fließt, weil dort vieles in eigenen Taschen und Bürokratie versande, gar nicht erst bei den Menschen ankomme. Sinnvoller wäre es nach Davids Ansicht, der in dieser Beziehung auch Togo kein gutes Zeugnis ausstellt, an Nichtregierungsorganisationen zu spenden, die die Hilfe direkter an den Mann bzw. an betroffene Bürger bringen. „Ich wünsche mir, dass die deutsche Politik auf Leute hört, die die Lage wirklich kennen. Das Geld in die Taschen von Diktatoren zu stecken, bringt gar nichts – das tut einfach nur weh“, kritisiert David und ergänzt: „Damit werden auch Fluchtursachen nicht wirklich bekämpft.“

 
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