Amberg
30.01.2025 - 11:29 Uhr

Über Doppelbelastungen und Forderungen: Verein Pflegende Angehörige startet in sein elftes Jahr

Über 200.000 Menschen verfolgen regelmäßige Diskussionen in ihrer Facebook-Gruppe. Kornelia Schmid aus Amberg gründete 2014 den Verein Pflegende Angehörige und blickt mit vollem Tatendrang in die Zukunft.

Die Initiative „Zoom-Kneipe Beisammensein“ aus dem bayerischen Amberg ist Gewinnerin des Sonderpreises „Pflege“ beim DAK-Wettbewerb „Gesichter für ein gesundes Miteinander“ 2024. Die Bundesjury um DAK-Vorstandschef Andreas Storm und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (links) haben das Projekt von Kornelia Schmid (Mitte) bei einer Siegerehrung in Berlin ausgezeichnet. Bild: Georg Johannes Lopata/Axentis
Die Initiative „Zoom-Kneipe Beisammensein“ aus dem bayerischen Amberg ist Gewinnerin des Sonderpreises „Pflege“ beim DAK-Wettbewerb „Gesichter für ein gesundes Miteinander“ 2024. Die Bundesjury um DAK-Vorstandschef Andreas Storm und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (links) haben das Projekt von Kornelia Schmid (Mitte) bei einer Siegerehrung in Berlin ausgezeichnet.

Es war etwas ruhig um den Verein Pflegende Angehörige in seinem zehnten Jahr. „Was jedoch nicht bedeutet, dass im Hintergrund die Arbeit brach lag“, erklärte Kornelia Schmid, die den Verein 2014 in Amberg gründete. Ihre Hauptaufgabe bestehe darin, sich um ihre Familie zu kümmern. Die gesundheitliche Verschlechterung ihres Ehegatten, die Pflege ihrer Schwiegermutter, die Demenzerkrankung ihres Hundes und drei Enkelkinder, die den Alltag bereichern, nahmen den Großteil ihrer Zeit in Anspruch. Die Mutter der 65-Jährigen verstarb Ende Juni.

Aufgrund ihrer bisher geleisteten Arbeit wurde die Facebook-Gruppe mit 27.000 Mitgliedern zum Selbstläufer, erzählt sie gegenüber Oberpfalz-Medien. Dieser Austausch unter pflegenden Angehörigen, Professionellen im Arbeitnehmerverhältnis und Politikern dient zur Verbesserung individueller Situationen. „Es geht über Tipps zur Bewältigung des Alltags bis hin zum Fachwissen, um bürokratische Anträge stellen zu können“, erzählt die Ambergerin weiter.

Forderung an die Politik

Trotz all dieser Ereignisse versucht Kornelia Schmid ihren Alltag in Balance zu halten und widmet als erfahrene pflegende Angehörige ihr Wissen als nötigen Grundstein einer verbesserten Pflegepolitik. Ob als Expertin auf Fachkongressen oder auf Anfragen von Betroffenen – sie kennt den Ablauf und die daraus entstehenden Belastungen nach einer Diagnose. „84 Prozent der Pflegenden sind nun mal Angehörige“, erklärte Schmidt ihr Engagement, „jedoch erhalten sie die geringste Unterstützung und Wertschätzung.“

Letzteres sei auch eine Forderung an die Gesundheitspolitik. „Wir müssen als Experten in der Sache anerkennt werden und unsere Konzepte, die aus gelebter Erfahrung entstanden sind, sollten für die Umsetzung neuer Regelungen aufgegriffen werden.“ Darunter das automatische Weiterbestehen einer Krankenversicherung, wenn das Arbeitnehmerverhältnis aufgegeben werden musste, um Angehörige zu pflegen. Die dadurch entstandene Armutsfalle, weil keine ausreichende Zahlung in die Rentenkasse erfolgen konnte, müsse ihrer Meinung nach beseitigt werden. Ein gerechtes Entlastungsbudget, das nach Pflegegrad geregelt wird, sei von Nöten.

Eine hohe Belastung sei, wer konnte es ahnen, das Ausfüllen von Anträgen – egal an welche Institution. Schmid: „Ein Antrag auf Verhinderungspflege etwa, enthält Fragen, die juristisch nicht berechtigt sind.“ Die Überforderung an Seiten und Beweisen liefern zu müssen und das Zweifeln, ob ihnen überhaupt Hilfe zusteht, hält viele Berechtigte davon ab, Anträge überhaupt abzugeben. Kornelia Schmidt bittet auch Mediziner zur Verantwortung. Kliniküberleitungen müssen vereinfacht werden; wichtige Informationen zur Hilfeleistung über Fahrdienste etwa, könnten auch durch den Arzt erfolgen.

Ein Ziel des Vereins sei es auch, alle Institutionen an einem Tisch zu versammeln. „Übergreifend zu arbeiten würde uns allen unser Handeln erleichtern.“ Auch gelte es, den Zusammenhalt von beruflichen Pflegenden und pflegenden Angehörigen zu stärken. Vor zwei Jahren fand das erste Rathaus-Gespräch dazu in Amberg statt, organisiert durch das Landesamt für Pflege. 2024 wäre der Landkreis Amberg Sulzbach für die zweite Runde verantwortlich gewesen, hat Kornelia Schmid noch in Erinnerung. Aber dies sei wohl in Vergessenheit geraten, meint sie in Richtung Landratsamt.

 
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