Amberg
06.03.2023 - 12:05 Uhr

Über die „himmlische Praline“ und den gestörten Ordnungssinn

Ann-Kathrin Kramer und Tatort-Held Harald Krassnitzer stehen zwischen Beichte und Schokoladenträume auf der Bühne des Stadttheaters. Et voilá: Chocolat!

Das Stück Chocolat mit Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer sorgte für ein ausverkauftes Stadttheater in Amberg. Bild: Wolfgang Steinbacher
Das Stück Chocolat mit Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer sorgte für ein ausverkauftes Stadttheater in Amberg.

Eine literarisch-musikalische Produktion nach der Vorlage des Romans Chocolat und der gleichnamigen Verfilmung mit Johnny Depp lockte die Menge aus Stadt und Land in das ausverkaufte Stadttheater. Die erstklassige Besetzung mit Ann-Kathrin Kramer und Harald Krassnitzer dürfte dabei selbstverständlich die Neugierde der Besucher geweckt haben.

Mitten in der Fastenzeit eröffnet die alleinerziehende Mutter Vianne Rocher einen Laden für feinste Schokoladenkreationen – direkt gegenüber der Kirche. Zum Sakrileg in den Augen des Kirchenmannes Francis Reynaud führen drei Punkte: Alleinerziehend, süße Verführung und Fastenzeit! Deswegen lässt er auch nichts unversucht, Rocher das Leben so schwer wie möglich zu machen: „Am Ende krieg' ich sie alle.“

Lebenslust und Freude

Wobei Schokolade hier als Versinnbildung der Lebenslust und Freude zu verstehen ist. Für die junge Mutter zählen Charakter, weniger der soziale Status ihres Gegenüber – dem erzkonservativen Pfarrer sind Lebensfreude und alles Neue ein Dorn im Auge. Er ist geprägt von festgelegten Ritualen und gesellschaftlichen Konventionen. Vielmehr weiß er jedes Geheimnis eines jeden Bürgers der Kleinstadt – holen diese sich doch die Erlösung und Vergebung auf dem Beichtstuhl, um dann dort weiter zu machen, wo sie aufgehört haben.

Während der Pfarrer beharrlich versucht, das „Teufelswerk“ zu bekämpfen, bleibt Vianne authentisch, freundlich und einladend. Sie lässt sich von den zwiegespaltenen Menschen nicht beirren und glaubt fest daran, dass sie die Kleinstadt zum Guten verändern kann. „Die Speisen der Götter blubbern in meinen Kelchen“, erklärt sie die zauberhafte Produktion ihrer Pralinen.

Ausgezeichnetes Stück

Mit diesem Stück gelingt dem Regisseur Martin Mühleis eine wunderbare Komödie, die uns gesellschaftlich einen Spiegel vorhält. Wie schaffen es Menschen, andere auszugrenzen? Durch eine Prise Gerüchte? Warum erschweren diese Wesen anderen das Leben? Wohl der Neid, obgleich sie nichts zu verlieren hätten. Etwas Mysogynie und Fremdenhass tun schließlich das Letzte. Aber auch in Chocolat gilt: Die Liebe siegt über alles. Und dieses Mal ist nichts Romantisches im Spiel.

Mit einer verschiebbaren Leinwand, die die Bühne teilt, um zwei unterschiedliche Orte, Pralinen-Laden und Pfarrhaus, zu zeigen, bleibt der Fokus auf Literatur und Schauspieler. Maximales Eintauchen in eine französische Kleinstadt durch minimalen Aufwand. Im Hintergrund spielen die Weltmusiker Matthew Adomeit, Valentin Butt, Yasir Hamdan und Roland Satterwhite als „ Les Manouches Du Tannes“ französische Chansons und haucht dem Minimalem den notwendigen Esprit der Leichtigkeit ein.

Somit deckt Mühleis den kulturellen Bedarf des Publikums: Musik, hervorragende Schauspieler, Literatur und Komödie – und wer sich in Selbstreflexion übt, bekommt gar Psychologie präsentiert. Chocolat ist somit ein ausgezeichnetes Stück – auch für diese Kleinstadt.

 
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