„Cosmic Kiss“ hat der 1961 im Allgäu geborene Bronzebildhauer Bruno Wank seine bis Ende April laufende Ausstellung im Luftmuseum Amberg überschrieben. Mit diesem Motto schlägt er nicht nur einen Bogen, zur derzeit laufenden ISS-Mission des deutschen Astronauten Matthias Maurer. Er unterstreicht damit auch seine Absicht, vom „Ausgangspunkt Erde“ aus durch die verschiedenen Schichten der Atmosphäre hindurch seine Skulptur gewordenen Ideenwelten hinaus zu senden, ins Weltall.
Eine lädierte Weltkugel aus Bronze eröffnet den im Erdgeschoss des Luftmuseums befindlichen Parcours, in dessen Zentrum zwei Plastiken jenes griechischen Gottes stehen, der als Kairos den „richtigen Moment für Entscheidungen“ verkörpert. Der eine ist von dunkler Patina überwuchert und sieht aus, als wäre er gerade erst dem Meer entstiegen, und zwar an den Gestaden des sagenhaften Atlantis. Aber das ist er natürlich nicht – denn Bruno Wank, der lange Jahre die Studienwerkstätte für Bronzeguss an der „Akademie der Bildenden Künste“ in München geleitet hat, er hat ihn mittels hochmoderner Laserscanner-Verfahren selbst modelliert und „Diversus“ getauft. Und zwar deswegen, weil er ihn aus verschiedenen Götterfiguren, die allesamt in der Glyptothek ausgestellt sind, komponiert hat. So dass dieser dunkle Kairos zwar einerseits „reinster Hellenismus“ ist. Gleichzeitig aber ein Konglomerat darstellt, aus Dionysos, Venus und anderen Bewohnern des irdischen Götterhimmels am Münchener Königsplatz.
Der andere Kairos, er steht am Ende des Parcours und mutet alles andere als antik an, sondern wirkt in seiner beinahe lüpertz’schen, weil zweimeterneunzehn hohen Tapsigkeit viel eher wie ein Zeitgenosse. Und wartet auf, mit feinpolierter, glänzender Oberfläche und der Aufforderung, die Gelegenheit beim Schopf zu packen. So ist er auch Ausdruck der Bandbreite des Schaffens von Bruno Wank, der monumental von der Wand hängende Schwarze Sterne ebenso präsentiert wie raketenhafte Madonnenfiguren, einen Kubikmeter Neonlicht oder ein zackenreiches Abbild des im Allgäuer Volksmund „Kathedrale“ genannten Bergs Höfats.
Diese Vielgestaltigkeit beinhaltet auch immer philosophische Aspekte, beispielsweise in der Hommage an jene Formel, die beim „Chalcedonischen Konzil“ im Jahr 451 gefunden wurde. Es galt die Frage nach der Mensch- oder Gotteseigenschaft Jesu zu beantworten. Nach mehrwöchiger Beratung einigten sich die Gelehrten auf die Formel, dass Jesus weder als gemischt noch als getrennt zu betrachten ist. Sondern dass er beides ist. Ebenso verhält es sich mit den Bestandteilen der gezeigten Arbeit: Reines Zinn begegnet reinem Kupfer. Und dazwischen befindet sich Bronze als Ausdruck der Mischung beider Materialien.
Ganz hinten, im größten Raum wiederum, da projiziert Bruno Wank eingefangene Sonnenstrahlen mittels Beamer an die Wand und holt so kosmische Energien wieder zurück, in die Ausstellungsräumlichkeiten. Und sorgt so dafür, dass der kosmische Kuss ein zweiseitiger, kommunikativer Akt ist. Wanks Arbeiten sind nicht von dieser Welt - sie wollen alle hoch hinaus, strahlen oder sind Rätsel und liefern doch ästhetische Antworten. Im ersten Stock oben – dort also, wo Bruno Wank tendenziell hinstrebt – in der gotischen Hauskapelle, da hat Christoph Brech unter dem Titel „Hooked“ an beiden Wänden ein aus Fotos bestehendes „Memento Mori“ eröffnet: Es zeigt Grabstätten totgeborener Säuglinge auf dem Friedhof Prima Porta vor den Toren Roms. Auf den Kreuzen sind, als Ausdruck der Trauer wie auch der Hoffnung, Stofftiere und Puppen befestigt. Sie sollen Trost spenden, den trauernden Eltern ebenso wie den Kindern, denen ein irdisches Dasein vorenthalten bleibt. Im Fluchtpunkt der Kapelle läuft auf einem Bildschirm ein Video, das einen knallroten Luftballon zeigt, der sich zwischen Steinen verfangen hat. Dieser fest verankerte (im Englischen: „hooked“) Gegenstand, er wird zum Spielball des Winds, wird weggeblasen, um sodann wieder aufzutauchen, wie aus dem Nichts. Ein ernstes, ein trauriges Spiel, das der 1964 in Schweinfurt geborene Künstler hier eingefädelt hat und das gleichzeitig Kraft vermitteln möchte.
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