In Amberg war Johann Ott über viele Jahre und Jahrzehnte das Gesicht von Amnesty International (AI). Nachdem er als dessen Leiter zurückgetreten ist, besteht das Bestreben der Organisation jetzt darin, die Gruppe auf neue Beine zu stellen und Mitstreiter für diese Aufgabe zu finden. Mit einer Ausstellung, die bis Dienstag, 7. Mai, in der Stadtbibliothek zu sehen sein wird, sowie einem Infoabend am Freitag, 26. April, um 19 Uhr im Gasthof Bruckmüller sollen Interessierte angesprochen und dafür gewonnen werden.
Einsatz für Menschenrechte
Das machten die Oberpfälzer Bezirkssprecher von Amnesty International, Veit Wagner und Martin Wismath, bei der Ausstellungseröffnung am Freitagabend mit Oberbürgermeister Michael Cerny, Kulturreferent Fabian Kern und Bibliotheksleiterin Bettina Weisheit deutlich. Dabei berichtete Wismath, dass die ausschließlich spendenfinanzierte Organisation überwiegend von ehrenamtlicher Mitarbeit getragen werde. Im Jahr 1969 gegründet, gehörten AI heute in Deutschland rund 80.000 Mitglieder in etwa 600 Gruppen an. Weltweit könne man auf circa zehn Millionen Mitstreiter zählen.
Diese setzten sich weltweit gegen Folter und für die Menschenrechte ein, wobei vor allem die Öffentlichkeitsarbeit mit Infoständen, Veranstaltungen, Konzerten, schulischen Bildungsangeboten oder beispielsweise Unterschriftenlisten einen Schwerpunkt bilde. „Unser Ziel ist es, die Haftbedingungen der Menschen zu verbessern, die aufgrund ihres Engagements unter Arrest stehen oder eingesperrt sind“, so Wismath in seiner Einführung.
Zeitenwende begann vor zehn Jahren
Seiner weiteren Aussage, dass man den Betroffenen signalisieren wolle, hinter ihnen zu stehen, schloss sich auch der Hauptredner des Abends, der aus Berlin angereiste Peter Franck, an. Der Jurist, langjähriges Vorstandsmitglied und Mitbegründer der Sacharow-Gesellschaft steuerte viele Informationen und Beispiele aus eigener Erfahrung bei. „Es ist unendlich wichtig, dass die Leute, die wegen ihres Engagements im Dienste der Menschenrechte Repressalien ausgesetzt und inhaftiert sind, merken, dass sie nicht alleine sind“, bekräftigte er und erläuterte, welch große Bedeutung die Briefe, E-Mails und Petitionen hatten, die von AI an sie, aber auch an die offiziellen staatlichen Stellen geschickt werden.
Bezug nehmend auf seine zentrale Frage, „Russlands Angriff auf die Ukraine – ‚Zeitenwende‘ auch für die Menschenrechtsarbeit?“, zeichnete Franck die Entwicklung nach, die diese zentrale Aufgabe von Amnesty im Laufe dieser „ein ganzes Land zerstörenden“ Auseinandersetzung genommen hat. Franck wies darauf hin, dass deren Anfangspunkt nicht erst an jenem 24. Februar 2022 zu sehen sei, an dem die groß angelegte Invasion der Ukraine begonnen hatte. „Wir haben nicht zwei, sondern zehn Jahre Krieg, auch wenn dieser anfangs nicht als solcher von uns wahrgenommen wurde“, betonte er und setzte seinen Startpunkt bei den olympischen Spielen in Sotschi und der im selben Jahr erfolgten Annexion der Krim.
Entwicklung zu spät wahrgenommen
Um die Veränderungen in dieser Zeit aufzuzeigen, blickte er zurück auf die 1990er-Jahre, als „viele prominente Gefangene bei uns auftauchten“, man in Kontakt mit Menschenrechtlern aus Russland habe treten können, „ die wir zuvor nur aus der Ferne bewundert haben“, und wie über die Jahre ein vertrauensvolles Verhältnis entstanden sei. „Es herrschte eine Atmosphäre des miteinander Redens und der Hoffnung“, berichtete der Referent.
Die dieser Entwicklung folgende Zeitenwende habe keineswegs plötzlich, sondern allmählich eingesetzt. Allerdings seien die Zeichen im Westen nicht rechtzeitig erkannt worden, so Franck: „Der Aufbruch hat uns lange Zeit getragen, lange hoffte man, dass es anders kommt.“ Doch in Putins dritter Amtszeit seien die Spielräume immer enger, die Gesetze immer restriktiver geworden. Inzwischen könne man nur noch darauf hoffen, dass die Situation wieder stabiler wird. Die Aufgabe von AI in diesen Zeiten bestehe darin, die Kontakte wieder aufzugreifen und die russischen Menschenrechtler zu unterstützen sowie sich für sie in offiziellen Petitionen und Kampagnen stark zu machen. „Doch wir stehen dabei vor völlig neuen Anforderungen, alles steht zurzeit zur Disposition“, betonte Franck und fügte seinen Ausführungen einige konkrete Beispiele an.
Die Ausstellung „Ukraine – Alltag im Krieg“, die am Freitagabend Veit Wagner, Gründungsmitglied von Amnesty International Regensburg und für seinen jahrzehntelangen Einsatz mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet, vorstellte, ist noch bis Dienstag, 7. Mai, in der Stadtbibliothek zu sehen. Sie umfasst eine Reihe von Aufnahmen, die Amnesty International in Zusammenarbeit mit der Fotoagentur Ostkreuz sowie der ukrainischen Menschenrechtsaktivistin und Fotografin Oleksandra Bienert entwickelt und durch Fakten ergänzt hat. Diese spiegeln eindrucksvoll wider, wie die Menschen trotz der Kriegsgefahr ihren Alltag gestalten und wie sie versuchen, sich in diesen schweren Zeiten ihre Hoffnung sowie ein Stück Normalität zu bewahren.
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