Amberg
07.11.2024 - 12:35 Uhr

Workshop "Wieder miteinander Reden" in Amberg soll demokratische Kultur fördern

Unter dem Titel "Wieder miteinander Reden" laden die Mitglieder der Falschen Farm zu einem Workshop ein. Gemeinsam mit dem Verein Mehr Demokratie möchten sie eine Kultur empathischen Austauschs fördern - jenseits der politischen Spaltung.

In der Demokratie wird ständig gestritten. Es prallen verschiedene Ideen, Weltbilder und Lebensweisen aufeinander. Es scheint, als hätten viele Menschen genug davon. Dabei ist es gerade dieser Wettstreit, der das Politische auszeichnet. Entscheidend ist, wie mit diesem Streit umgegangen wird. Lassen sich zukunftsfähige Kompromisse finden oder prallen zwei Meinungen unversöhnlich aufeinander? Hört man sich zu oder wird der andere nur verteufelt? Stürmische Zeiten wie diese erfordern, dass Menschen miteinander reden. Das betrifft nicht nur Politiker, sondern alle BürgerInnen. Die Mitglieder der "Falschen Farm" haben deshalb zusammen mit dem Verein "Mehr Demokratie" ein neues Format aus der Taufe gehoben. Es trägt den treffenden Titel "Wieder miteinander Reden. Ein Workshoptag zum Ausprobieren demokratischer Kultur". Dafür kommen am Samstag, 9. November, Roman Huber, Geschäftsführender Bundesvorstand, und Claudine Nierth, Bundesvorstandssprecherin bei "Mehr Demokratie" ins Kummert-Sudhaus. Zusammen haben die beiden das Buch "Die zerrissene Gesellschaft. So überwinden wir gesellschaftliche Spaltung im neuen Krisenzeitalter" geschrieben.

Raus aus der Blase

Gerade ist viel los in der Welt, eine Krise jagt die nächste. Jetzt ist es wichtig, davon ist Andreas Hofstetter von der "Falschen Farm" überzeugt, wieder aufeinander zuzugehen. "Die Nachrichten prasseln bloß so auf uns ein, wir haben aber gemerkt, dass es irgendwie überhaupt keinen Raum gibt, um darüber mit anderen zu sprechen", sagt er. Gespräche fänden meist nur in Blasen statt, also in einem Rahmen, in dem die Gesprächspartner sowieso schon eine ähnliche Meinung haben. "Es findet nur selten ein Austausch statt zwischen diesen unterschiedlichen Blasen. Es gibt aber ein großes Bedürfnis, die Leute miteinander in Kontakt zu bringen."

Das Ziel der Veranstaltung klingt so einfach wie fordernd. "Wir als Falsche Farm wollen ein regionales Format entwickeln, in dem wir wieder lernen, miteinander zu reden, zu streiten und uns empathisch zuzuhören und andere Meinungen auszuhalten." Weg von Verschwörungstheorien, Cancelculture, Politikverdrossenheit und Gewalt und hin zu guter Kommunikation, Empathie und Kompromissfähigkeit. Der Workshop soll ein erster Versuch sein, diesem Ziel näherzukommen. "Sollte sich herausstellen, dass das funktioniert, wollen wir die Treffen verstetigen", sagt Hofstetter.

Am schwierigsten dürfte es werden, damit Menschen zu erreichen, die tatsächlich eine andere Sicht auf die Dinge haben als die Veranstalter von der "Falschen Farm" und deren Freundeskreis. "Ich habe es mir einfacher vorgestellt, Menschen außerhalb unseres Dunstkreises zu erreichen. Für das Aus-der-Blase-Rausgehen braucht es erst mal eine Sache, und zwar Beziehungsaufbau, der nicht thematisch stattfindet, sondern niedrigschwellig. Das ist eine langwierige Aufgabe, aber die haben wir uns als Falsche Farm zum Ziel gesetzt, um Begegnung wieder stattfinden zu lassen."

Sprechen und zuhören

Grundlage für den Workshoptag im Sudhaus ist das Konzept "Sprechen & Zuhören", das "Mehr Demokratie" entwickelt hat und derzeit deutschlandweit erprobt. "Die Teilnehmenden erfahren darin einen hierarchiefreien Austausch, in dem das eigene Erleben mitgeteilt werden kann. Dies wird dadurch erreicht, dass jede Person gleich viel Redezeit bekommt. Nacheinander spricht immer eine Person für vier Minuten, während die anderen nur zuhören", heißt es auf der Seite von "Mehr Demokratie". Das Format soll zur Vorbereitung für eine sachliche und inhaltlich politische Auseinandersetzung dienen. Indem die sprechende Person nicht unterbrochen wird, nur Ich-Aussagen formuliert und nicht bewertet, was andere zuvor gesagt haben, sollen die Zuhörer sich selbst beobachten, wie sie innerlich reagieren. "Ohne dass direkt Emotionen ausgesprochen werden müssen, werden dabei doch Empfindungen spürbar. Dadurch bekommen alle ein Gefühl dafür, wo der oder die andere steht. Beim Zuhören entsteht Empathie und Respekt, insbesondere dann, wenn wir Ähnlichkeiten zu eigenen Erfahrungen erkennen", heißt es bei "Mehr Demokratie". Hofstetter sagt: "Wir hoffen, dazu beitragen zu können, wieder mehr eine Demokratiekultur zu etablieren, bei der sich am Ende nicht alle hassen und anschreien, sondern lernen, auch andere Meinungen auszuhalten."

Das erwartet die Teilnehmer

Los geht es um 10 Uhr. Zunächst sprechen Roman Huber und Claudine Nierth mit den Gästen über ihre Arbeit. Nach einem gemeinsamen Mittagessen geht weiter los mit dem Workshop "Sprechen & Zuhören". Im Anschluss gibt es noch eine Feedback-Runde. Was die Teilnehmer erwartet, fasst Nierth so zusammen: "Inhaltlich werden wir eingehen auf das, was uns heute politisch fehlt und auf das, was wir demokratisch ermöglichen können. Wir werden über die Sehnsüchte vieler Menschen sprechen, die wir heute wahrnehmen. Und wir werden über Veränderungen in jedem einzelnen genauso sprechen wie über neue, gesellschaftliche Kulturkompetenzen. Was wir nicht machen werden: Jammern, schimpfen, andere bashen."

Laut Hofstetter von der "Falschen Farm" richtet sich der Workshop sowohl an Privatpersonen als auch an Vertreter von Institutionen. "Je mehr Menschen mit verschiedenen Hintergründen und Meinungen, desto vielfältiger der Austausch", sagt Hofstetter. Eine Anmeldung zum Workshop ist möglich unter https://forms.office.com/e/2fXpEeNbyT.

Info:

Über die "Falsche Farm" und "Mehr Demokratie"

  • Was ist die Falsche Farm? Ein Bauernhof in Diebis dient als soziokulturelles Zentrum, in dem verschiedene kulturelle Veranstaltungen angeboten werden. Die Falsche Farm ist ein gemeinnütziger Verein, der eigenen Aussagen zufolge der Frage widmet: "“Wie kann ein modernes, nachhaltiges und kulturell vielfältiges Leben auf dem Land aussehen, an dem möglichst viele verschiedene Menschen teilhaben und mitgestalten können?" (Adresse Diebis 22, 92263 Ebermannsdorf)
  • Was ist Mehr Demokratie? Deutschlandweit agierender Verein, der unter anderem Bürgerräte unterstützt und begleitet. Mitglieder setzen sich ein für mehr direkte Demokratie, ein faires Wahlrecht, Transparenz und wirksame Bürgerbeteiligungen
 
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