Bad Neualbenreuth
21.01.2024 - 10:02 Uhr

Geschichtensuche in Bad Neualbenreuth

Für die Öffentlichkeit geschlossen sind aktuell die Grenzlandheimatstuben. Künftig soll die Dauerausstellung in den Räumlichkeiten neu gestaltet werden. Dabei eine Rolle spielt ein Protagonist, der nicht zu übersehen ist.

Heimatstuben sind Orte der Begegnung und der Erinnerung mit lokalem Bezug. Ein Paradebeispiel dafür sind die Grenzlandheimatstuben in Bad Neualbenreuth. Hier trafen und treffen sich die früheren Bewohner der einstmals deutsch besiedelten Orte Maiersgrün (heute Vysoká) und Grafengrün (heute Háj), die heute in Tschechien liegen. Federführend war es der Heimatverband der Marienbader Stadt und Land, der die Dauerausstellung eingerichtet und betreut hat.

Historische Fotos, Trachten, Instrumente und Handarbeit erinnern an das Leben in den Dörfern bis zum Zweiten Weltkrieg. Für die Vertriebenen ist das Museum ein wichtiger Anker zu ihrer eigenen Lebens- und Familiengeschichte. Über sieben Jahrzehnte nach diesem einschneidenden Erlebnis gibt es immer weniger Zeitzeugen, die davon berichten können. Die junge Generation hat oft wenig Interesse am Mitwirken in den Vertriebenenverbänden. Gerade deshalb ist es den Beteiligten ein großes Anliegen, das Museum gut für die Zukunft aufzustellen.

Ein weißes Waschbecken

Derzeit arbeiten die Kulturwissenschaftlerin Annette Kraus und die Kunsthistorikerin Dr. Kerstin Pöllath daran, diesen Wunsch umzusetzen. Dazu ist es zunächst notwendig, zu sichten, welchen Umfang die Sammlung hat und welche Erzählungen daraus abgeleitet werden können. Um die Objekte genau in Augenschein zu nehmen, ihre Geschichten zu erforschen und auch den Zustand bewerten zu können, werden die Objekte nun aus den Vitrinen genommen und untersucht. Vieles dreht sich um das Leben im Dorf und zeugt vom musikalischen Talent, der Religiosität und dem handwerklichen Geschick seiner Bewohner.

Einige Objekte zeigen erst auf den zweiten Blick, welche tiefgehende Geschichte sich dahinter verbirgt. Zum Beispiel ein schlichtes weißes Waschbecken mit einem Abtropfgitter. Es stammte aus der ehemaligen Schutzhütte am Hang des Tillenberges. Die Sektion Eger und Egerland des deutsch-österreichischen Alpenvereins errichtete diese im Jahr 1926. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es von tschechischen Grenztruppen abgerissen. Nur durch Zufall fand das Waschbecken 1998 seinen Weg nach Bad Neualbenreuth, als heftige Regenfälle die Restgrundmauern freispülten. Eine Wandergruppe fand das Stück und brachte es nach Waldsassen.

Prägende Landmarke

Annette Kraus und Dr. Kerstin Pöllath sind sich sicher, dass noch viele weitere solcher Geschichten im Laufe der Forschung auftauchen. Welche das genau sind, soll aber natürlich noch nicht preisgegeben werden. "Schließlich wird es noch ein wenig dauern, bis die Recherche und Planung für die Überarbeitung des Museums abgeschlossen sind", so Barbara Habel, Leiterin der Museumsfachstelle der Ikom.

Eines kann man an dieser Stelle aber bereits verraten: Der Tillenberg (tsch.: Dyleň) wird sicherlich ein wichtiger Protagonist der neuen Dauerausstellung werden. Sowohl auf deutscher als auch auf tschechischer Seite ist der Berg eine prägende Landmarke, um die sich viele Sagen und Legenden ranken. Zur Zeit des „Eisernen Vorhangs“ wurde auf dem Gipfel eine Abhöranlage errichtet. Der mächtige Turm zeugt bis heute von der langen europäischen Teilung.

Einen Wermutstropfen hat die Überarbeitung der Dauerausstellung. Die Grenzlandheimatstuben sind nun vorerst für den Besucherverkehr geschlossen. Dafür zeigen sie sich in Zukunft im neuen Gewand und sollen dann sichtbar machen, wie die Grenze über Jahrhunderte das Zusammenleben in und um Bad Neualbenreuth geprägt hat.

Hintergrund:

Grenzlandheimatstuben

  • Standort: Alte Posthalterei in einem Egerländer Fachwerkhof am Marktplatz 10 in Bad Neualbenreuth
  • Ausstellungsstücke: Von einstigen Bewohnern der Orte Maiersgrün (heute Vysoká) und Grafengrün (heute Háj) während der Vertreibung gerettete sakrale Gegenstände, Haushaltsgeräte, Stickereien, Wäsche, Dokumente und andere Objekte
  • Öffnungszeiten: Dauerausstellung wegen Überarbeitung derzeit bis auf Weiteres geschlossen
  • Kontakt: Gäste-Information Bad Neualbenreuth/Sibyllenbad; Telefon: 09638/933250, E-Mail: badneualbenreuth(at)sibyllenbad.de
 
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