Bad Neualbenreuth
10.03.2024 - 10:45 Uhr

Neuer Zeitzeugen-Film in Bad Neualbenreuth zu sehen

In einem neuen Film erzählen Zeitzeugen von längst vergangenen Tagen in der Region um Bad Neualbenreuth. Zu sehen ist er am Mittwoch, 13. März, im Gasthof Tillenblick.

Beate Ott und Werner Altnöder bei den Filmaufnahmen im September 2023 im Sengerhof. Bild: Annette Kraus/exb
Beate Ott und Werner Altnöder bei den Filmaufnahmen im September 2023 im Sengerhof.

Zu Fuß über die Grenze und dann mit der Eisenbahn nach Eger – diese Erinnerung teilen bis heute viele Einwohner von Bad Neualbenreuth. „Tirschenreuth hat man damals gar nicht gekannt, vor 1945 sind alle bloß nach Eger“, erinnert sich der 89-jährige Werner Altnöder an seine Kindheit, als er sogar zeitweise den Kindergarten bei Maria Loreto auf der böhmischen Seite besuchte. Im einstigen Fraisch-Gebiet waren die Verbindungen zwischen Bayern und Böhmen seit jeher noch enger als anderswo. Wie sich das Leben dort verändert hat, zeigt ein neuer Film, der am Mittwoch, 13. März, erstmals in Bad Neualbenreuth zu sehen ist.

Der circa einstündige Film läuft um 14 Uhr im Gasthaus Tillenblick und lässt sechs Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu Wort kommen, wie es in einer Mitteilung heißt. Neben dem früheren Lebensmittelhändler Werner Altnöder stand mit Erna Franz auch die älteste Einwohnerin der Gemeinde vor der Kamera. Die 96-Jährige wuchs als Gastwirtstochter in Neumugl in Böhmen auf: „Wir hatten ein ganz gutes Bier, darum kamen oft auch Leute aus Neualbenreuth zu uns.“ 1946 wurde sie mit ihrer Familie ins Allgäu vertrieben. Als Erna Franz nach ihrer Hochzeit auf der Troglauer Mühle bei Schachten eine neue Heimat fand, war sie zwar wieder in der Nähe des Ortes, in dem sie aufgewachsen war. Einen Besuch in Neumugl machte der „Eiserne Vorhang“ aber 40 Jahre lang unmöglich. Heute steht von dem Ort, der über 100 Einwohner und eine eigene Schule hatte, kein Haus mehr.

Interviewt wurde außerdem der Landwirt Josef Rosner (87), der sich neben vielen anderen Begebenheiten noch lebhaft an den Einmarsch der US-Armee in Neualbenreuth erinnert. Zu Wort kommen auch Anna Rustler (89) und Agnes Schöner (83). Während Agnes Schöner eine unbeschwerte Jugend bei den Ernestgrüner „Häuseln“ erlebte, stammt Anna Rustler von der Einöde Beckerhof. Sie weiß noch von der Feld- und Waldarbeit mit Pferden zu berichten: „Das war viel schöner als später mit den Maschinen.“ Karl Schneider (86) wuchs in Lohhäuser auf, ebenfalls auf der böhmischen Seite. Nach der Vertreibung aus der Tschechoslowakei kam er mit seiner Familie nach Schachten. Von 1947 bis 1950 lebte er mit seinem Großonkel und seiner Großmutter in einer Hütte zwischen Wernersreuth und Rosall – nach heutigen Maßstäben unter abenteuerlichen Bedingungen.

Durchgeführt wurde das Projekt „Zeitzeugen an der deutsch-tschechischen Grenze erinnern sich“ in Zusammenarbeit des Heimatverbandes der Marienbader Stadt und Land e. V. mit der Marktgemeinde Bad Neualbenreuth. Quartiersmanagerin Beate Ott und Kulturwissenschaftlerin Annette Kraus nahmen die Videos im Herbst 2023 auf. Aus jeweils zweistündigen Interviews ist der Film entstanden. Nach der Vorführung sollen die Aufnahmen auch in die Präsentationen in den Grenzlandheimatstuben einfließen, die in nächster Zeit einer umfassenden Überarbeitung unterzogen werden.

Die Befragten haben laut Mitteilung im Laufe ihres Lebens mehrfache Umbrüche erlebt und die Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte unmittelbar erfahren: den Wandel der politischen Regime, die Kriegs- und Nachkriegszeit, die Vertreibung der Sudetendeutschen, den zunehmenden Wohlstand der Wirtschaftswunderjahre und die Grenzöffnung 1989. Mit großer Offenheit hätten die Zeitzeugen ihre Erinnerungen an ihre Kindheit und ihren persönlichen Werdegang geteilt. Eingeprägt habe sich etwa die früher unangetastete Macht von Autoritäten, wie Lehrern und Pfarrern. „Was die geprügelt haben, das war furchtbar“, erinnert sich Josef Rosner. Positiv haften geblieben von früher seien das lebendige Dorfleben mit vielen Geschäften, Handwerkern und Gasthäusern direkt vor Ort. Rosner: „Wir hatten mal zehn Wirtshäuser in Neualbenreuth.“

 
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