20 Tonnen Sand
"Damit ist es eines der bestbesuchten Treffen dieser Art", erklärt Hauptorganisator Armin Troppmann. Die Gesellen hatten die Möglichkeit, im künstlichen Steinbruch wie im tiefsten Mittelalter Steine zu spalten. Wie das geht, zeigte ihnen Troppmann. Der Steinmetzmeister und Natursteintechniker sowie festangestellte Leiter des Handwerkerpools des Geschichtsparks war selbst lange Zeit auf der Walz.
Auch wie man Eisen schmiedet, erlernten die Gesellen. Denn es waren nicht nur Steinmetze bei dem Treffen dabei - die Palette reichte von der Goldschmiedin über den Bronzegießer bis hin zu zahlreichen Schreinern und Zimmerern. Manche Gesellen blieben die kompletten zwei Wochen lang vor Ort, andere nur einen oder zwei Tage. Es war ein ständiges Kommen und Gehen. Die Gesellen arbeiteten Hand in Hand, wie es auf mittelalterlichen Baustellen üblich war.
Augenfälligste Veränderung im Park ist seither eine Seitenmauer an der Schaubaustelle der künftigen Reisestation Kaiser Karl IV. Dafür wurden etwa 20 Tonnen Sand mit der Hand verarbeitet und in Verbindung mit selbstgebranntem Kalk zu Mörtel gemischt. "Die Mauer ist bestimmt eineinhalb Meter in die Höhe gewachsen", freut sich Troppmann. Bereits im Februar haben die hauseigenen Zimmerer einen mobilen Kran nach mittelalterlichem Vorbild gebaut. Der hat seine Feuerprobe bestanden und sich als äußerst hilfreich erwiesen.
Für die Mauer seien in den zwei Wochen etwa 20 Tonnen Granitsteine verarbeitet worden, die mit Karren aus dem Steinbruch geholt wurden. Als Füllmaterial für das zweischalige Mauerwerk kamen etwa 15 Tonnen Feldsteine zum Einsatz. Drei Tage und drei Nächte lang lief der Kalkbrandofen auf Hochtouren. Dabei wurden aus 2,5 Tonnen Enzdorfer Jura-Kalkstein 1,8 Tonnen Branntkalk hergestellt.
Troppmann erklärt, dass sich alle gefreut hätten, einmal mit traditionellen Werkzeugen arbeiten zu können. Auch für die Verantwortlichen im Geschichtspark sei es höchst interessant gewesen, zu sehen, was passiert, wenn 10 bis 15 Mann an einer Mauer arbeiten. Welche sichtbaren Fortschritte dabei zu erkennen seien, aber auch wie viel Werkzeug dabei kaputt gehe. Hämmer, Spaten und Tragekisten mussten immer wieder repariert oder neu angefertigt werden. Dabei stellte sich heraus, dass ein Schreiner für eine Schaufel mindestens einen halben Tag braucht.
Weil so viele Schreiner und Zimmerer vor Ort waren, konnten auch Dächer mit selbstgefertigten Schindeln eingedeckt werden. In der Scheune wurde geschmiedet, es wurden Gürtelschnallen aus Bronze gegossen und vom Bootsbauer wurde ein weiterer Einbaum nahezu fertiggestellt. In der Stoffdruckerei wurden "Charlottenburger" mit der Aufschrift Steintreffen 2019 gefertigt, jene Tücher, in denen die Wandergesellen traditionell ihr Hab und Gut transportieren.
Nicht nur starke Männer waren hier bei der Arbeit anzutreffen, sondern auch einige Frauen, die zeigten, dass sie durchaus mithalten können. An Spitzentagen kamen während des Wandergesellentreffens bis zu 270 Besucher und schauten dem fleißigen Volk auf der Baustelle zu. Das verwundert Armin Troppmann nicht, "denn wer vergleichbares authentisches Arbeiten sehen will, muss ansonsten nach Frankreich oder Österreich reisen".
Ruhe kehrt ein
Nach dem Wandertreffen geht es wieder ruhiger auf der Baustelle zu. Da sind dann die wenigen fest angestellten Handwerker des Parks gefragt. Auch junge Leute, die sich in Workcamps zusammenfinden, werden hier künftig arbeiten. Und natürlich Archäologiestudenten, für die der Geschichtspark ein wertvoller Ort ist, an dem sie Praxiserfahrung sammeln können.
Troppmann freut sich, dass praktisch jeder Wandergeselle, der hier dabei war, gesagt habe, dass er eines Tages bestimmt wiederkommen und weiterarbeiten werde. Troppmann denkt sogar laut darüber nach, ob man nicht einige feste Stellen für Wandergesellen einrichten könne.
Moritz Weise aus München ist seit fünfeinhalb Jahren auf der Walz. Am 6. Juli kehrt er nach Hause zurück. Zusammen mit seinem Kollegen Lukas - dessen Nachnamen weiß er nicht, er ist für Wandergesellen auch nicht wichtig - hat er aus einem alten Marmor-Grabstein ein Andenken an das Steintreffen 2019 gefertigt. Der Stein in Form eines Schildes wird im Außenbereich daran erinnern.
Neben solchen "alten Hasen" waren auch "Frischlinge" beim Steintreffen dabei, wie etwa der 23-jährige Schreiner Enrico Raith, der erst seit einem Monat auf der Walz ist. Nach zwei interessanten Wochen im Geschichtspark ist er jetzt unterwegs nach Fulda.
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