Die Tragödie nahe der ukrainisch-weißrussischen Grenze am 26. April 1986 schockiert die ganze Welt. Die Explosion im Reaktor 4 des Kernkraftwerkes Tschernobyl führt zu enormer Strahlenbelastung und zwingt Hunderttausende Menschen, die Gegend zu verlassen.
Der nur vier Kilometer entfernte Ort Prypiat ist bis heute eine Geisterstadt, 18 Kilometer entfernt von der Katastrophe liegt Tschernobyl. Von den einst 14 000 Einwohnern leben heute nur mehr rund 700 Menschen in dem Ort. Unter den Folgen der Katastrophe und vor allem dem Verlust der Heimat leiden gerade die Familien.
Aus der Hauptstadt der Ukraine, aus Kiew, erreichen damals viele Briefe mit der Bitte um Hilfe den Westen. Auch beim früheren Bürgermeister von Bärnau, Josef Stich, geht ein Schreiben ein, in dem gebeten wird, dass Kinder, die durch die Tragödie Tschernobyl geschädigt waren, für ein paar Wochen zur Erholung nach Bärnau kommen dürfen.
64 Kinder kommen
Josef Stich und seine Helfer reagieren sofort und formulieren einen Aufruf in der Regionalzeitung "Der Neue Tag". Die Reaktion ist außergewöhnlich: Es melden sich so viele Familien aus dem Gemeindegebiet Bärnau, aus Redenbach und Laub, so dass schließlich 64 Kinder kommen durften. Für die Mädchen und Buben aus der Ukraine vergehen die vier Wochen Erholung wie im Flug. Trotz der Verständigungsschwierigkeiten fühlen sie sich bei ihren Gasteltern sehr wohl. Das Jahr darauf dürfen die Kinder nochmals ins Stiftland kommen. Doch die Kontakte zu den jungen Besuchern werden in den folgenden Jahren weniger, wohl ist das auch den Verständigungsschwierigkeiten geschuldet. Vergessen sind die Tage in Bärnau bei den jungen Menschen aber nicht.
Abstecher zu Gasteltern
Einer von ihnen, Antrii Sumkin, hat jetzt überraschend seinen damaligen Gasteltern, der Familie Franz Meinzinger aus Bärnau, einen Besuch abgestattet. Einen Kurzurlaub in Deutschland wollte der junge Mann für einen Abstecher nach Nordbayern nutzen. Der junge Mann lebt heute mit seiner Familie in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Beim Aufenthalt erinnert sich Sumkin noch gut an die Tage in Bärnau. Damals hätte es ihm so gut gefallen, dass er eigentlich gar nicht mehr zurück wollte. Doch das war natürlich nicht möglich. Und Antrii Sumkin versichert, dass die Hilfsbereitschaft der Menschen in der Region bis heute nicht vergessen ist. Noch oft würden die heute Erwachsenen über ihre Zeit in der Oberpfalz sprechen.
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