Mit dem Naturdorf beim Geschichtspark Bärnau-Tachov soll die altbewährte Art zu bauen - mit traditionellen Handwerkstechniken und regionalen Materialien - auf die Moderne übertragen werden. Auf einer Fläche von 3000 Quadratmetern werden vier völlig ökologisch gefertigte Ferienhäuser errichtet. Die Gebäude werden in Fachwerk-Bauweise errichtet. Drei Ferienhäuser sind für Familien mit bis zu vier Personen ausgelegt (Grundfläche zwischen 45 bis 64 Quadratmeter), das größte Haus mit einer Grundfläche von knapp 85 Quadratmetern bietet Platz für acht Personen. Die Baukosten sind mit 1,3 Millionen Euro veranschlagt. Erwartet werden 495 000 Euro Fördergelder, erklärte Alfred Wolf, Vorsitzender des Vereins Via Carolina - Goldene Straße, beim Spatenstich. Für den Sommer ist zudem eine Genussrecht-Aktion geplant, bei dem Unterstützer als Zinsen Wertgutscheine für Übernachtungen erhalten. Die Fertigstellung des Naturdorfs ist für Ende 2023 geplant. Ab 2024 können dann Ferienwohnungen gemietet werden.
Holz, Hanf, Lehm, Kalk und Stein
Die Bauleitung übernehmen Marlene Dorbach und Lukas Ritter. Beide stammen aus der Nähe von Karlsruhe und sind über eine Wandergesellen-Vereinigung zu dem Projekt an der oberpfälzisch-tschechischen Grenze gekommen. Sie ist Architektin und Lehmbauerin, er ist Steinmetzmeister und Steinbildhauer. "Dieses Projekt ist einzigartig", sagt Ritter. "Für das Forscherherz ein total spannendes Vorhaben."
Die Handwerker wollen Materialien finden, die am längsten haltbar sowie am wenigsten Energie verbrauchen und dabei möglichst viel Wohnkomfort bieten. Die Erprobung von Bauweisen findet am Bauwerk statt. Deshalb ist das Projekt auch ein Stück "Forschungsarbeit", betont Ritter. Nicht nur deshalb sei die veranschlagte Bauzeit von eineinhalb Jahren sehr ambitioniert.
Verwendet werden ausschließlich regionale Naturmaterialien wie Holz, Lehm, Kalk, Glas und Naturstein, aber auch Hanf, Stroh oder Schilf. Auf Zement und Beton wird verzichtet. Bei den eingesetzten Materialien wird, wo es möglich ist, eine industrielle Vorverarbeitung vermieden, um Transportwege und Emissionen zu minimieren sowie Kompetenzen in der Materialverarbeitung zu bündeln.
Ferienhäuser als Mustersiedlung
Beim Bau des Naturdorfs steht das Handwerk im Mittelpunkt. Die Ästhetik von handgearbeiteten Oberflächen soll ins Blickfeld gerückt werden. Beim Projekt werden Handwerker sowie Wandergesellen aus verschiedenen Gewerken beteiligt sein. Zum Start des Vorhabens sind derzeit vier Wandergesellen in Bärnau. Sieben bis neun Wandergesellen sollen später dauerhaft bei der Naturdorf GmbH, einer Tochter des Vereins Via Carolina, angestellt werden, erklärt Bauleiter Ritter.
Die Handwerker lassen ihre Erfahrungen in den Bau des Naturdorfs einfließen und werden die dort gemachten Erfahrungen dokumentieren und zugänglich machen. Somit fungieren die modernen Ferienhäuser auch als Mustersiedlung für ökologisches Bauen. "Wir wollen ein Bauwerk erschaffen, das beweist, dass modernes Bauen auch ohne konventionelle Baustoffe geht", sagt Ritter.
Zwischen Tradition und Moderne
Mit dem Naturdorf sollen Bau- und Lebensstile wieder in den Kreislauf der Natur integriert werden, erklärt Wolf die gesetzten Ziele. Besonders in Zeiten des Klimaschutzes, aktuellen Mangels an Ressourcen und instabiler Lieferketten bilde das Naturdorf ein außergewöhnliches Pilotprojekt. Aus regionalen, natürlichen Baustoffen und traditionellem Handwerk entstehen moderne Wohnhäuser, nutzbar als Feriendomizil. Auf Komfort müsse keinesfalls verzichtet werden. Bei der Bauzeit von eineinhalb Jahren stehe nicht die Zeit im Vordergrund, sondern der Weg, sagte Wolf in Hinblick zur Erforschung der Baustoffe.
Interessierte könnten zudem Teil des besonderen Projekts werden, informierte Bauleiterin Marlene Dorbach. Gegen eine Spende verewigen Steinmetze die Unterstützer in einem Pflasterstein, der im Garten der Anlage verbaut wird. Am Freitag, 20. Mai, von 15 bis 18 Uhr stellen die Bauleiter der Bevölkerung die Pläne sowie die Philosophie des Projekts vor.
Beim Spatenstich für das Projekt kamen deutsche und tschechische Ehrengäste und Unterstützer aus Politik, Wirtschaft und Bildung zusammen. Grußworte sprachen Rudolf Špoták, Bezirkshauptmann der Region Pilsen, Landrat Roland Grillmeier, Bürgermeister Alfred Stier sowie Florian Luderschmid, Regierungsvizepräsident der Oberpfalz. Er war im Wander-Outfit gekommen. Für den Termin in Bärnau unterbrach Luderschmid seinen Urlaub. Statt auf dem Goldsteig ging es den Jan-Hus-Weg entlang. Alle waren sich einig, dass mit dem Vorhaben eine Brücke geschlagen wird zwischen der traditionellen Bauweise von früher und den modernen Wohnanforderungen von heute. Abschließend segnete Stadtpfarrer Konrad Amschl die Baustelle.
Das Naturdorf beim Geschichtspark
- Fläche: 3010 Quadratmeter
- Bauten: vier ökologische Ferienhäuser, die auch als Mustersiedlung dienen
- Baukosten: 1,3 Millionen Euro
- Bauzeit: 1,5 Jahre
- Bauleiter: Marlene Dorbach und Lukas Ritter
- Baumaterialien: Holz, Lehm, Kalk, Hanf, Stroh, Glas, Naturstein
- Ziel: traditionelle Bauweisen und regionale Materialien mit den Wohnstandards der heutigen Zeit vereinen

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