Wer Löwenzahn roh isst, die Brennnessel in den Topf wirft, sich den Spitzwegerich für die Wundheilung um den Finger wickelt und Wermut ansetzt, dem ist ein langes Leben beschieden, heißt es. Bevor aber Wildkräuter in der Küche Verwendung finden, müssen sich die Teilnehmer des Kräutertags im Geschichtspark Bärnau eingehend damit beschäftigen. Denn: Es gibt giftige Verwandte der Heilkräuter.
Eine, die genau weiß, was essbar ist und Heilwirkung entfaltet, ist Ulrike Gschwendtner aus Weiden. Die zertifizierte Kräuterführerin erklärt bei der Kräuterführung, dass es exotische Mittelchen wie Chiasamen oder Aloe Vera in der Oberpfalz nicht braucht. "Weil wir selbst ausreichend Wildkräuter mit gleicher Wirkung haben", sagt die 54-jährige Fachfrau.
Kräuter gegen Mobbing
Drei Stunden lang führte Gschwendtner durch den Geschichtspark. Alle zehn Meter fand die Weidenerin neue Schätze. Sie begann mit der Esche, deren Blätter sogar gegen Mobbing helfen sollen. Die Erle wiederum habe laut Überlieferung mystische Kräfte. Die Expertin erzählte vom Erlenweib im Sumpf und von Schillers "Erlkönig", der in Wirklichkeit ein Elfenkönig gewesen sei. Nur sei der Schreibfehler nie ausgemerzt worden. Blutrot sei das Holz der Erle, was ebenfalls zur düsteren Mystik beigetragen habe.
Aber zurück zu den positiven Heilmitteln: Die Brennnessel sei gegen Rheumaschmerzen gut, wegen des viel enthaltenen Eisen, erklärte Gschwendtner. "Wenn das Nesselgift auch brennt, das fördert die Durchblutung." Eine Teilnehmerin erzählte vom Großvater, der sich bei Rückenschmerzen mit der Brennnessel darübergestrichen habe. Die Teilnehmer erfuhren von der Heilwirkung der Birke und dass die Bitterstoffe des Löwenzahns entschlacken.
Gestaunt wurde über die Weide als Schmerzmittel, was sogar bei der Herstellung von Aspirin genutzt werde. Neu war, dass Himbeer-, Erdbeer- und Brombeerblätter zum Tee werden. "Aber nur junge Blätter oder Blütenstände nehmen", riet die Fachfrau. Für die schnelle Wundheilung eigne sich Spitzwegerich: Einfach um die kleine Wunde wickeln.
Mystische Geschichten
Gschwendtner lobte die Linde, die bei den alten Germanen als "weich und gerecht" galt. Deshalb hätten Gerichtsurteile unter Linden stattgefunden. Bevor die Führerin die Verwendung von Hagebutte, Weißdorn und Schlehe zeigte, erzählte sie vom Dost, den sie in einem kleinen mittelalterlichen Garten pflückte. Dieser sei den jungen Mädchen in die Kleidung genäht worden zum Schutz gegen den Teufel. Mit vielen weiteren alten Überlieferungen ließ die belesene Referentin die Kräuterführung zur spannenden Zeitreise in die Mystik der alten Germanen werden. Zellerneuernd, erklärte sie, wirke die Vogelmiere. Dieses Kraut wuchert unscheinbar an Hauswänden und werde meistens als Unkraut ausgerissen. "Aber Vorsicht! Nur die Weißblüher sind echt," mahnte Gschwendtner, sich alles anzusehen, bevor es in den Kochtopf wandere.
Die Hauswurz stellte sie wenig später als gleichwertig mit der Aloe Vera heraus. Allesamt wachsen wild, der Geschichtspark ist wirklich ein Paradies. Wie lecker Wildkräuter sein können, demonstrierte Geschwendtner am Ende der Kräutertour. "Das ist unser Superfood", meinte die Expertin. Nur leider seien die heimischen Heilpflanzen in Vergessenheit geraten. In der mittelalterlichen Backstube wurden Kräuter wie Beifuß, Dost, Minze, Salbei, Rotklee, Spitzwegerich oder Schafgarbe gemeinsam verarbeitet und als Pesto und Wildkräutersalat gegessen.























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