Bärnau
30.06.2023 - 12:33 Uhr

Zweites Ferienhaus im Naturdorf Bärnau steht

Nördlich des Geschichtsparks in Bärnau entsteht bis 2024 das Naturdorf. Jetzt feierten die Handwerker Richtfest für das zweite von insgesamt vier außergewöhnlichen Ferienhäusern.

2020 entwickelten Handwerker und Wandergesellen aus der laufenden Arbeit beim Geschichtspark Bärnau-Tachov heraus die Idee: Warum nicht mittelalterliche Bautradition mit modernem Komfort verbinden und ein Haus für die Zukunft bauen? Drei Jahre später ist diese Idee ein Bauprojekt - mit dem Naturdorf Bärnau sollen auf 3000 Quadratmetern nahe des Geschichtsparks vier komplett ökologisch gefertigte und klimaneutrale Ferienhäuser entstehen. Die Baukosten sind mit 1,3 Millionen Euro veranschlagt, die Fertigstellung ist für 2024 geplant.

Erste Ergebnisse sind ein Jahr nach dem Spatenstich bereits sichtbar. Am Mittwoch feierten die Handwerker und Wandergesellen Richtfest für das zweite Gebäude, das Haus "C". Es ist das größte der vier Feriendomizile. Mit einer Grundfläche von knapp 85 Quadratmetern bietet es Platz für acht Personen. Auch eine Sauna soll es bei dem barrierefreien Gebäude geben. Die drei weiteren Ferienhäuser sind für Familien mit bis zu vier Personen ausgelegt (Grundfläche zwischen 45 bis 64 Quadratmeter).

Erster Richtspruch für Zimmerin

Mit dem Richtfest für Haus "C" ging es richtig schnell, es steht nur sechs Monate nach dem Richtfest für die erste Unterkunft. "Vor drei Jahren hatten wir eine Idee und jetzt stehen hier Häuser", freute sich Steinmetz Andreas Mann, einer der Ideengeber des Projekts.

Den Richtspruch sprach Antonia Oehle. Die Freiburgerin arbeitete als Auszubildende im Zimmerer-Handwerk zwei Monate an den Ferienhäusern mit. "Ich hab das Haus noch mit abgebunden." Damit meint Oehle, dass sie die einzelnen Bauteile für Haus "C" noch vorbereitet hat. Nach Abschluss ihrer Ausbildung ist die junge Frau nun auf Wanderschaft. Für ihre gute Leistung auf der Baustelle ließen ihr die Bauleiter den Vortritt beim Richtspruch - extra wegen des Richtfests kam sie zwei Tage nach Bärnau. Da sah sie zum ersten Mal auch ihren selbstgefertigten Ziergiebel am stehenden Gebäude. "Ich war richtig nervös. Das war mein allererster Richtspruch. Den Text hab ich selbst gedichtet." Dabei ging sie auf den Genuss etwa von Champagner ein, der nur kurze Zeit anhält. Anders sei es mit einem Haus, an dem man ein Leben lang Freude hat.

Anschließend bekamen die Gäste aus Bayern und Tschechien, aus Politik und Wissenschaft, eine Besonderheit zu hören. Die Handwerker und Wandergesellen setzten zum "Schallern" an. Dabei trugen sie ein Lied im Sprechgesang vor. Das machen die Reisenden eigentlich nur bei internen Zeremonien, erklärt Oehle. "Da aber das Feriendorf hauptsächlich von Wandergesellen errichtet wird, fanden wir es passend auch hier zum Richtfest zu ,schallern'". Insgesamt arbeiteten auf der Baustelle schon über 30 Wandergesellen mit. Sie bleiben mindestens zwei, maximal drei Monate. Aktuell werkelt ein Team von rund 15 Handwerkern, darunter Reisende und Festangestellte, auf der Naturdorf-Baustelle.

Gebäude bis zum Winter dicht

"Das Richtfest für das dritte Gebäude werden wir wohl gar nicht mehr feiern. Da wird es nämlich in vier Wochen soweit sein", freut sich Mann über den raschen Fortschritt. "Wir haben einen großen Lerneffekt zwischen den einzelnen Gebäuden", berichtet Mann. Denn bei der Verwirklichung des außergewöhnlichen Feriendorfs geht es darum, altes Handwerk neu zu lernen und in ein modernes Bauwerk zu übersetzen. Die Baustelle ist experimentell, viele Baustoffe müssen erst getestet werden.

Verarbeitet wird nur regionales Material wie Holz, Lehm, Kalk, Glas und Hanf - dagegen keine künstlichen Klebstoffe, kein Zement, möglichst kein Metall. Ausnahme sind etwa Bad-Armaturen, Elektronik oder Rohre, für die es keine ökologische Alternativen gibt. Geplant ist, die zweigeschossigen Fachwerk-Häuser mit Photovoltaikanlagen oder Solarthermie auszustatten. Die vier moderne Ferienwohnungen dienen später auch als Mustersiedlung für alternative Baustoffe aus der Region und traditionelles Handwerk. Die Baukosten sind mit 1,3 Millionen Euro veranschlagt. Erwartet werden 500.000 Euro an Wirtschaftsförderung der Regierung Oberpfalz, berichtet Ilona Hunsperger, Geschäftsführerin des Vereins Via Carolina - Goldene Straße. Die Förderung ermögliche die große Investition. 200.000 Euro sollen über eine Genussrecht-Aktion akquiriert werden. "Hier könnten wir dringend noch Unterstützer brauchen", sagt sie. Aktuell ist mit 100.000 Euro die Hälfte der Zielsumme erreicht. Die übrigen 600.000 Euro werden durch Bankdarlehen und Eigenkapital des Vereins finanziert.

Vermietung ab 2024

Am weitesten sind die Bauarbeiten im Haus "D". Dort ist der Rohbau bereits fertig. Die Hanfkalkdämmung ist bereits in das Gewerke eingebracht, die Holzschindeln auf dem Dach und die künftige Wohnküche hat zum Teil schon verglaste Holzfenster. Hier geht es jetzt an den Innenausbau. Die Wände werden noch mit Lehm verputzt, der Boden erst mit Pflanzenkohle gedämmt, danach kommt Lehm-Estrich drauf.

"Wir haben das große Ziel noch heuer das letzte Gebäude dicht zu kriegen", sagt der Steinmetzmeister aus der Nähe von Stuttgart. "Dann können wir über den Winter den Innenausbau der restlichen Häuser vorbereiten", erklärt er. "Idealerweise ist das erste Haus nächstes Jahr um diese Zeit bezugsfertig." Vermietungen sollen ab 2024 möglich sein. "Der Zeitplan war von Anfang an ambitioniert", sagt Mann und lächelt zuversichtlich. Wie er betont, arbeiten die Handwerker rollierend - an allen Häusern in den unterschiedlichen Stadien gleichzeitig. Die Bauleiter sind Architektin und Lehmbauerin Marlene Dorbach und Steinmetz Lukas Ritter. Viel Herzblut steckt auch das Architekturbüro Schönberger in das Projekt. Christian Schönberger hat sich unter anderem auf Denkmalschutz spezialisiert. Gemeinsam mit seinem Sohn Julius begleitet er die Idee und gestaltet mit den Handwerkern die vielen Detailfragen.

Nach dem Richtfest lud der Geschichtspark Bärnau-Tachov zum Sommerfest mit vielen deutschen und tschechischen Ehrengästen und Unterstützern aus Politik, Wirtschaft und Bildung.

OnetzPlus
Bärnau25.01.2023
Hintergrund:

Das Naturdorf beim Geschichtspark

  • Fläche: 3010 Quadratmeter
  • Bauten: vier ökologische Ferienhäuser, die auch als Mustersiedlung dienen
  • Baukosten: 1,3 Millionen Euro
  • Bauzeit: 1,5 Jahre
  • Bauleiter: Marlene Dorbach und Lukas Ritter
  • Baumaterialien: Holz, Lehm, Kalk, Hanf, Stroh, Glas, Naturstein
  • Ziel: traditionelle Bauweisen und regionale Materialien mit den Wohnstandards der heutigen Zeit vereinen
 
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