Das Wort "schusselig" fiel in diesem Prozess. Viel öfter aber noch war das bejahende "Jawohl" zu vernehmen. Jawohl also: Da saß ein Oberstabsfeldwebel auf der Anklagebank, der eigentlich nichts Unrechtes getan haben wollte. Fünf Stunden lang wurde vor der Schwandorfer Amtsrichterin Petra Froschauer ein Vorgang verhandelt, den man in der Klamottenkiste von "08/15"-Filmen vermutete.
Doch so sehr die Zuhörer auch staunten: Gepflogenheiten wie zu Wehrmachtszeiten gibt es offenbar immer noch. Mt seiner Anklage, die auf entwürdigende Behandlung lautete, zog Oberstaatsanwalt Stefan Täschner den Vorhang hoch zu einem Stück, bei dem die Kaserne in Oberviechtach die Kulisse bildete. Zur Rampe trat an einem Junitag 2018 ein Oberstabsfeldwebel (50), dem man gehorsamst seitens eines Gruppenführers gemeldet hatte, dass ein Oberstabsgefreiter wohl erneut nicht in kompletter Ausrüstung zur Schießübung erschienen sei. Das erforderte nach Ansicht des Unteroffiziers Maßnahmen einprägender Art.
"Nicht gedient"
Der Vorgesetzte ließ den Untergebenen frühmorgens an diesem heißen Tag vorm Büro antreten. Mit Schießanzug, zu dem allerlei Zubehör notwendig ist: etwa Helm, Schießbrille, Munitionstaschen, übergezogener Parka und Kampfstiefel. Die Richterin ließ sich das schildern und fügte hinzu: "Ich habe nicht gedient."
Es klafften Unterschiede: Der Oberstabsgefreite, damals seit acht Jahren in der Truppe, sagte: "Mein Schießanzug war komplett." Der Oberstabsfelwebel will ihn noch einmal auf die Stube geschickt haben, um fehlende Ausrüstungsstücke zu holen. Eher marginale Differenzen freilich, zu dem was folgte. Dem 30-Jährigen wurde aufgegeben, in seiner Montur an einem mit Einheitswappen versehenen Stein Gras zu entfernen. Quasi als Gedächtnisstütze dafür, wie der Unteroffizier zum Besten gab, dass man ordentlich bekleidet zur Schießübung anzutreten habe. Der Befehlsgeber schaute vom Bürofenster aus zu.
Wie lange dauerte die Gartenarbeit? Zeitangaben zwischen "20 Minuten" (Feldwebel) und "eineinhalb bis zwei Stunden" (Obergefreiter) wurden genannt. Fest steht: Der zwischenzeitlich nicht mehr in Oberviechtach dienende Soldat bekam eine Büroschere mit zu Unkraut und Gras. Er kniete und erfüllte schwitzend den Auftrag. Vorbeikommende Kameraden (auch der Begriff fiel oft), sollen sich erheitert haben, als er die überschießenden Halme entfernte.
In psychologischer Behandlung
"Er sollte einsehen, um was es geht", rechtfertigte der Oberstabsfeldwebel seine merkwürdige Entscheidung. Dagegen stand die Aussage des Oberstabsgefreiten: "Ich habe es gemacht und konnte lange nicht darüber reden". Bis heute ist der Mann in psychologischer Behandlung. Vor Gericht ging es lange darum, ob das nun eine nicht angemessene oder entwürdigende Behandlung gewesen sei. "Natürlich war es entwürdigend", unterstrich Oberstaatsanwalt Täschner und verlangte 3500 Euro Geldstrafe. Dem widersprach Verteidiger Thomas Meder (Würzburg). "Vielleicht etwas unangemessen, aber keine Herabwürdigung", meinte er und forderte Freispruch.
"Ein rauer Ton"
"Ich weiß aus meiner Zeit als Staatsanwältin, dass bei der Truppe in Oberviechtach mitunter ein rauer Ton herrscht", sagte Richterin Froschauer im Urteil und fügte an: "So aber geht es nicht." Der Oberstabsfeldwebel wurde schuldig gesprochen und muss 2100 Euro zahlen.
"Denn das", so die Vorsitzende, "war keine Rasenpflege im üblichen Sinn." Nun wird sich zeigen, was die Bundeswehr mit dem Oberstabsfeldwebel disziplinarisch tut. Nur zum Vergleich: In Amberg läuft das Verfahren gegen einen jungen Soldaten, der angeblich vier Tage unerlaubt abwesend war. Ohne ein Justizurteil abzuwarten, wurde ihm gekündigt.













Nichts für ungut, aber solche Personen sind offensichtlich NICHT für eine Führungsposition geeignet. Zudem muss sich die Leitung der Kaserne fragen lassen, wie es zu solchen Auswüchsen kommen kann. Oberviechtach hatte schon immer einen schlechten Ruf und scheinbar hat sich nichts geändert.
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