Birgland
12.04.2023 - 15:52 Uhr

Johann Flierl und seine turbulente Reise auf einem Segeldampfer nach Australien

Seekrank auf der Nordsee, vor Kälte bibbernd durch die "Roaring Fourties" unweit der Antarktis: Johann Flierl, der Missionar aus dem Birgland, hat auf seinen Reisen viel erlebt und es für die Nachwelt aufgeschrieben.

Johann Flierls Reise nach Australien im Jahr 1878 war das Thema einer Lesung aus den Lebenserinnerungen des Missionars, für die der Pfarrer im Ruhestand Georg Pilhofer ins Flierl-Museum nach Fürnried gekommen war. Einleitend schilderte Pilhofer, wie die ersten schlesischen Lutheraner aus religiösen Gründen ihre Heimat verließen, um in Australien das "wahre Luthertum" zu retten. Diese Glaubensbrüder hatten die Neuendettelsauer Mission um Theologen für ihre Gemeinden gebeten, die sich auch der Mission unter den Aborigines annehmen sollten. Diesen Weg wollte Johann Flierl, der Bauernbub aus dem Birgland, nach seiner Ausbildung in Neuendettelsau gehen.

Mochten die ersten Schlesier noch aus Glaubensgründen ihre Heimat verlassen haben, so sprach sich doch bald herum, welche Möglichkeiten Australien bot, um dort sein Glück zu machen. Es verhielt es sich ähnlich wie schon früher in den USA, in die zwischen 1860 und 1885 rund 3,5 Millionen Deutsche ausgewandert waren. "Wir würden sie heute alle als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnen", gab Pilhofer zu bedenken.

Hamburg und seine große Unterkunft mit vielen gleichen Stockwerken verwirrten den gerade 20 Jahre alten Johann Flierl. So stand er einmal fälschlich vor einem Damenzimmer und wurde aufgeklärt, dass sich sein Zimmer mit der Nummer XY im Stockwerk Z befände. Auf einem kleinen Dampfer ging es dann für ihn nach London. Als er nach der Elbmündung die hohe See erreichte, schaukelte es fürchterlich, und der Buchhofer Bub wurde schrecklich seekrank. Auch beängstigten ihn einige "saufende und raufende Matrosen", die mit ihm auf Deck waren.

Nach einigen Tagen in London begann endlich die Weltreise nach Australien auf dem Segeldampfer Somersetshire. Ausführlich beschreibt der angehende Missionar das Leben auf dem Schiff. Zu jeder Hauptmahlzeit gab es einen großen Becher Bier, der aber wohl dem Vergleich mit dem Oberpfälzer Gerstensaft nicht standhielt. Begeistert beschreibt Flierl das Meeresleuchten, das er bei späteren Schiffsreisen nie mehr beobachtete.

Außer einigen Inseln sahen sie während der langen Reise kein Land. Der Kapitän steuerte sein Schiff weit nach Süden, um die berühmt-berüchtigten "Roaring Fourties" (starke Westwinde, die ab dem 40. Breitengrad auftreten) zu erreichen. Die Rechnung des Kapitäns ging auf: Die Dampfmaschine konnte abgestellt werden, und allein mit Windkraft ging es zügig gen Osten. Allerdings waren die meisten Reisenden an Bord für ein warmes Land ausgerüstet und froren in einem Schneesturm furchtbar.

In Melbourne ging Johann Flierl von Bord, aber sein eigentliches Zielt hieß Adelaide. Weil seine Reisekasse leer war, half ihm ein lutherischer Pastor aus der Patsche. Die Eisenbahn zwischen diesen beiden Metropolen war noch nicht gebaut, denn sonst wäre Flierl durch die Heimat von Pilhofers Ehefrau gereist. So erreichte er Adelaide wiederum auf einem kleinen Dampfer.

Die Lesungen Pilhofers wurden immer wieder durch Gedichte aufgelockert, die Flierl auf seiner Reise verfasst hat. Rezitiert wurden sie von Gerda Stollner.

 
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