Brand (VG Neusorg)
27.06.2023 - 15:04 Uhr

Chor begleitet mit Max Regers Werken Ausführungen über dessen Leben

Claudia Seidl vom Max-Reger-Institut berichtete über einzelne Phasen in Regers Leben. Das Vokal-Ensemble „Stimmgold“ lieferte dazu professionelle Musik.

Das Reger-Jahr 2023 kommt in die Gänge in seinem Geburtsort und erreichte mit dem Gastspiel des Vokalensembles „Stimmgold“ einen ersten Höhepunkt. Die sechs Sängerinnen und Sänger aus Regensburg und München umrahmten musikalisch einen Vortrag von Claudia Seidl, Mitarbeiterin am Max-Reger-Institut in Karlsruhe. „Max Reger – von Brand in die Welt“ lautet der Titel. Beschrieben wurden in mehreren Phasen die Höhen und Tiefen seines Lebens.

Nicht Liebe zur Arbeit habe ihn bei seinem Opus 39 geleitet, erklärte Max Reger, sondern „Liebe zum Text und die Pflicht, diesen schönen Texten ein schönes musikalisches Gewand zu verleihen“. Auf den ersten Blick scheine zumindest der Anfang der Nr. 1 von Opus 39 ein homophoner Chorsatz zu sein, der vom Blatt gesungen werden könne, erklärte die Referentin. Doch die chromatischen Wendungen, die Reibungen zwischen den Stimmen, forderten auch Profi-A-Capella-Chöre.

Schwieriger Umgang

Mit der Umsetzung dieses Anspruchs gelang den Sängerinnen und Sängern von „Stimmgold“ ein großartiger Einstieg in den musikalischen Teil des Abends. Rein, homogen, ausgeglichen, obertonreich und dynamisch perfekt aufbereitet erlebten die Besucher die Interpretationen des Profi-Ensembles. „Schweigen“, „Abendlied“ und Frühlingsblick“ – alle Original-Kompositionen – verdeutlichten den schwierigen Umgang mit Reger, der vor allem der dichten Chromatik und der Reger-typischen Polyphonie geschuldet ist. „Sehr schwer sind die Chöre“, schrieb er selbst über den musikalischen Inhalt. „Nun glaub ich an mich“, zitierte Claudia Seidl den Komponisten, der nach dem Umzug nach München eine neue Perspektive sieht.

„Stimmgold“ widmet sich nun seiner selbst auferlegten Pflicht, Max Regers Musik auch mit den Problemen der Zeit in Verbindung zu bringen. Hinweise auf Klimakatastrophe und Gefährdung der Natur bahnen sich bereits mit zwei Stücken aus den „Schlichten Weisen“ – eine Liedersammlung mit insgesamt 60 Stücken – an. „Waldeinsamkeit“ und „Bienen“ hatte das Ensemble ausgewählt.

Pause! Dringend nötig, um zu verdauen, sowohl inhaltlich wie musikalisch und Zeit zu haben, sich auf Neues vorzubereiten. Das Neue begann mit dem Schlusschoral „O Tod, wie bitter bist du“ aus „Geistliche Gesänge“, Opus 110, nicht auf der Bühne, sondern aus dem hinteren Teil des Saales, um der Referentin die Gelegenheit zu geben, nahtlos in den Bereich von Regers Geistlicher (Chor-)Musik einzusteigen. Wunderbar professionell und sehr emotional interpretiert lässt das Ensemble „Nachtlied“ aus Opus 138 folgen.

Moderne Kompositionen

Mit dem bekannten Reger-Zitat „Der Fall Reger muss chronisch werden“ öffnete die Referentin einen Blick in die Zukunft Reger’scher Musik. Er selbst hat prognostiziert: „In einigen Jahren wird man mich als reaktionär bezeichnen und zum alten Eisen werfen, aber meine Zeit wird kommen.“ Drei Schlusslieder moderner Komponisten galten dem bereits vor der Pause angesprochenen Themenkreis der Klimaproblematik. „Waldfragment“ von Ludwig Böhme überraschte mit einer Mischung aus Waldklängen, Zitaten aus dem Bundesnaturschutzgesetz und Akkorden aus Reger-Werken als Basis. Mit „Glazialrelikt“ von Eva Kuhn wurde eine nur noch selten zu findende Pflanze wiedererweckt, um mit reizvollen Glissandi die Lebendigkeit des Raumes zu beschreiben, in der sie wächst.

Schließlich endet der offizielle Teil der Veranstaltung mit „Ferne Erinnerung“ von Max Rehfeldt als „introvertiertes Echo“ von Regers „Waldeinsamkeit“. Eingebaute Zitate werden nur noch nebulös wahrgenommen und melancholisch sinniert das Stück über eine lang vergangene Liebelei.

Nach derart hochprofessionellen und hochkarätigen Vorträgen konnten nur Ovationen folgen. Eine Überraschung zum Abschluss: Domorganist Franz-Josef Stoiber hatte nach dem Eröffnungskonzert am 19. Mai einen vierstimmigen Chorsatz zum Fichtelgebirgslied „Ich bin gewandert weit umher“ geschrieben und diesen den Brander Chören gewidmet. Der Bitte, diesen Satz als Zugabe zu singen, um ihn einmal von einem professionellen Ensemble zu hören, kam „Stimmgold“ gerne nach. Das Publikum dankte mit kräftigem Applaus herzlich dafür.

Hintergrund:

Zur Person: Claudia Seidl

  • Studium: historische Musikwissenschaft, Jura und Philosophie in Passau und Tübingen
  • nach Berufseinstieg Lektorin beim Carus Verlag Stuttgart, seit 2018 freiberufliche Lektorin, Herausgeberin und Autorin für Musikverlage und Klassik-Festivals im deutschsprachigen Raum
  • seit September zudem Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Akademienprojekt Reger-Werkausgabe (RWA) am Max-Reger-Institut in Karlsruhe
 
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