"Wir sehen im Boden jenes Landes eine kostbare Perle verborgen, die wir nicht, ohne unsere Schätze zu opfern, gewinnen können. Deshalb höret: Gern opfere ich mich selbst und das Meinige auf, damit dort die Kirche erstarke und das Haus festen Boden gewinne." Mit diesem Argument verteidigte Wolfgang, Bischof von Regensburg, die Gründung des Bistums Prag 973 gegen sein Domkapitel, das einen Machtverlust fürchtete. Festgehalten wurden diese Worte von Otloh, Mönch im Kloster St. Emmeram. Die Entscheidung sollte von weitreichender kirchenpolitischer Bedeutung für den gesamten bayerisch-böhmischen Raum sein. Aus heutiger Sicht war die Abtrennung Böhmens aus dem Regensburger Diözesanverband und der Errichtung eines selbstständigen Bistums Prag eine sensationelle Maßnahme.
Todestag am 31. Oktober
Am 31. Oktober gedenkt das Bistum Regensburg des Todestages seines großen Patrons, Bischof Wolfgang. Geboren wurde dieser um das Jahr 924 im schwäbischen Pfullingen (Baden-Württemberg). Er starb am 31. Oktober 994 in Pupping (Österreich). Heiliggesprochen wurde er bereits 1052.
Wolfgang wurde 972 Bischof von Regensburg. Im Reich regierten die Sachsenkaiser. Seine Verehrung setzte unmittelbar nach seinem Tod ein. In der Wolfgangskrypta von St. Emmeram in Regensburg ruhen seine sterblichen Überreste.
Den Grundstein der Zuwendung zum christlichen Glauben legten im Jahr 845 14 böhmische Fürsten, die sich in Regensburg taufen ließen. Als Folge des Taufakts übernahm das Bistum Regensburg die geistliche Schirmherrschaft über die böhmischen Länder. Seit dieser Zeit ging von der Domstadt eine starke Welle der Missionierung der Slawen aus. In diesem politischen, geistigen und religiösen Zentrum fielen im Mittelalter wichtige Entscheidungen für Böhmen. Zentrale der Missionstätigkeit war das Kloster St. Emmeram. Ähnlich wie Prag besaß Regensburg neben dem Bischofssitz auch eine kaiserliche Pfalz.
Christianisierung Böhmens
Bischof Wolfgang spielte eine bedeutsame Rolle bei der Christianisierung des böhmischen Nachbarlandes. Die Menschen dort wussten dies zu schätzen, der Wolfgangs-Kult blühte besonders ab dem 17. Jahrhundert auf. Viele Legenden berichten von Aufenthalten des Bischofs in Böhmen. Beim seinem ersten soll er ein Regenwunder bewirkt haben. Das verdörrte Land um die Ortschaft Zelena Lhota (Grün) verwandelte sich in saftiges Grün. Die dortige Pfarrkirche ist nach dem Heiligen benannt.
Spuren Wolfgangs sollen in einem Stein in Rovna bei Kajova, der Abdruck seines Körpers auf der Bolfanek-Höhe bei Chudenitz/Chudenice zu sehen sein. In der Ortskirche St. Johannis wird eine Reliquie des Heiligen aufbewahrt - ein Geschenk des Klosters St. Emmeram. Die barocke Wolfgangskirche auf dem Berg Bolfanek (eine missglückte Übersetzung für Wolfgang) wurde bei der Säkularisation 1810 abgerissen.
Marienerscheinung
Das Schicksal der St. Wolfgangskirche am Friedhof in Haid/Bor aus dem ersten Drittel des 18. Jahrhunderts besiegelte ebenfalls Kaiser Joseph II.. 1768 ausgeräumt und in einen Getreidespeicher umgebaut, wurde sie 1970 abgerissen. Auch in Duppau bei Eger und im Ort Wassersuppen (Nemanice) tragen die Kirchen das Patronat des Hl. Wolfgangs.
Die bekannteste Kirche, die dem Heiligen geweiht war, war die Kirche des Klosters Kladrau (Kladruby) auf dem Weg nach Pilsen. Wolfgang übernachtete 973 an der Stelle, wo heute das Benediktinerkloster steht. Im Traum soll ihm die Muttergottes erschienen sein und gebeten haben, ihr zu Ehren eine Kirche bauen zu lassen. Als Erinnerung steckte er einen Zweig in den Boden, so berichtet die Chronik des Ortes. Renoviert wird derzeit die, von Waldsassener Zisterziensern gegründete, Kirche St. Wolfgang in Seeberg/Ostroh bei Franzensbad. Das ursprünglich gotische Bauwerk aus dem 15. Jahrhundert wurde im 18. Jahrhundert barock umgestaltet.
Im Bistum Regensburg finden sich Dutzende von Kirchen und Kapellen mit dem Patronat St. Wolfgang. Im 17. Jahrhundert ernannte das Bistum Regensburg St. Wolfgang zum Hauptpatron. 1964 führte Bischof Rudolf Graber in der Diözese die "Wolfgangswoche" ein. Die Pfarrkirche St. Wolfgang im Stadtteil Kumpfmühl wurde 1938 bis 1940 mitten in der NS-Zeit gebaut, sie ist nicht nur in der Domstadt das größte Bauwerk. Der Kreuzraum mit einer Höhe von 23,70 Metern ist nach dem Dom der höchste Kirchensaal der Diözese.
Wallfahrtskirchen
Ein weiteres Filialkirchlein ist die Wolfgangskirche in Atzmannsricht bei Gebenbach. Sie trägt spätgotische Züge. Beeindruckend ist der Hochaltar aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. In der Mitte des angedachten Flügelaltars steht der Hl. Wolfgang, daneben Kaiser Heinrich II. und seine Gemahlin Kunigunde, aus Luxemburg stammend. Die Kirchenverwaltung wartet dringend auf die Renovierung des Altars. Erwähnenswert sind auch die 1654 in Haibühl (Landkreis Kötzting) erbaute Wolfgangkapelle - 1977/78 durch einen Umbau zur Pfarrkirche geworden - und die Filialkirche in Glaubendorf bei Wernberg. Östlich von Pfarrkirchen befindet sich in Gerabach (Pfarrei Bayerbach) die älteste Wolfgangs-Wallfahrtskirche der Diözese Regensburg außerhalb der Bischofsstadt.
Auch im heutigen Europa stellt Wolfgang eine große Persönlichkeit dar. Die vielen Stationen seines Lebens verbinden rund sieben europäische Länder in Ost und West. Er legte die christlichen Wurzeln Europas für Verantwortung und Friedfertigkeit, Bereitschaft zur Völkerverständigung, politische und kirchenpolitische Weitsicht. (cr)
„Wir rufen dich, St. Wolfgang an, dass Gottes Heil uns werde. Noch suchen wir den Weg voran, aus Hass und Streit und stolzem Wahn. Friedlos ist unsre Erde. Steh deinem Volk, Sankt Wolfgang, bei, dass Gottes Geist uns schaffe neu in Glaube, Hoffnung, Liebe“. (aus dem Gotteslob von 1975) (cr)
„Mal bayerisch, mal böhmisch – Geschichten, die Brücken bauen“ (2007; ISBN 978-80-903560-3-0) mit Geschichten aus Bayern und Böhmen, gesammelt von Lehrern aus Nordbayern, Tschechien, Luxemburg, und Polen. (cr)















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