Von Markus Lohmüller und dpa
Mit dem bisherigen SPD-Abgeordneten Uli Grötsch (48) hat der Bundestag am Donnerstag zum ersten Mal einen Polizeibeauftragten des Bundes gewählt. Der Oberpfälzer erhielt in geheimer Abstimmung 416 der 670 abgegebenen Stimmen. Die Ampel-Koalition reagiert mit dem neuen Posten auch auf wiederkehrende Vorwürfe des Rassismus und des Rechtsextremismus bei der Polizei. Aufsehen erregten etwa rechtsextreme Chat-Gruppen in Polizeikreisen.
Grötsch war selbst Polizist und arbeitete bis zu seiner Wahl in den Bundestag 2013 in der Oberpfalz in der Schleierfahndung. Von 2017 bis 2021 war der Weidener Generalsekretär der Bayern-SPD und scheiterte anschließend nur knapp bei der Wahl zum Landesvorsitzenden.
Die Zuständigkeit des neuen Polizeibeauftragten ist auf die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und die Polizei des Deutschen Bundestags beschränkt. Auf Landesebene hat er keine Kompetenzen. Das neue Amt soll Bürgern eine Anlaufstelle sein, um Fehlverhalten anzuzeigen. Polizisten können sich in Zukunft an Grötsch wenden, wenn sie auf mögliche strukturelle Missstände bei der Polizei aufmerksam machen wollen.
Zeugen befragen, Bericht erstatten
Der Polizeibeauftragte kann Untersuchungen einleiten und Zeugen befragen. Jährlich soll er dem Bundestag einen Bericht vorlegen, damit die Politik auf eventuelle Missstände oder Fehlentwicklungen reagieren kann. Das neue Amt gleicht damit dem der Wehrbeauftragten für die Bundeswehr.
Mit Übernahme der neuen Aufgabe scheidet Grötsch nach elf Jahren aus dem Bundestag aus. Für ihn rückt Heike Heubach (43) aus dem Landkreis Augsburg nach. Die SPD-Politikerin ist damit die erste gehörlose Abgeordnete im Parlament. Grötschs Amtszeit als Polizeibeauftragter des Bundes endet nach fünf Jahren. Eine einmalige Wiederwahl durch den Bundestag für weitere fünf Jahre ist möglich.
Mit Grötsch habe „der Bundestag einen Polizeibeauftragten gewählt, der als ehemaliger Polizist und langjähriger Innenpolitiker wertvolle Erfahrungen mitbringt und gut vernetzt ist“, freute sich Carolin Wagner, Landesgruppenchefin der bayerischen SPD im Bundestag, über die Entscheidung für den Genossen. Auch für SPD-Landeschef Florian von Brunn ist Grötsch „der beste Mann für den Job“.
Grundsätzliche Kritik am neuen Amt hatten hingegen bereits im Vorfeld CDU, CSU und AfD geäußert. Die Oppositionsparteien sehen darin ein Zeichen des Misstrauens in die Arbeit der Polizei. Die vorhandene Kontrolle der Sicherheitsbehörden reiche zudem bereits aus.
Kritik aus der Unionsfraktion
„Die Hindernisse bei der Ergreifung der RAF-Terroristin Klette haben uns nochmals vor Augen geführt, wie sehr unsere Sicherheitsbehörden durch das Misstrauen der Bundesregierung ihnen gegenüber in ihrer Arbeit behindert werden“, sagte der innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm. Es sei auch niemandem zu vermitteln, „dass jedes private Unternehmen Software nutzen und auf Daten zugreifen kann, die unseren Sicherheitsbehörden bereits im Grundsatz versperrt sind“, kritisierte der CDU-Politiker.
Für die Grünen hat der Wechsel von Grötsch auf den neuen Posten zudem einen angenehmen Nebeneffekt: Ihr Innenexperte Konstantin von Notz kann Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums bleiben, das hinter verschlossenen Türen Einblick in die Arbeit der Geheimdienste erhält. Vor zwei Jahren hatten sich die Koalition nach Diskussionen darauf geeinigt, dass zunächst von Notz die Sitzungen leiten solle, im April 2024 hätte dann eigentlich Grötsch den Vorsitz übernehmen sollen.













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