Ebermannsdorf
25.09.2018 - 15:21 Uhr

Mehrheit für neue Neue Mitte deutlich und knapp zugleich

Nach einer vierstündigen Marathonsitzung steht fest: Ebermannsdorf bekommt eine Neue Mitte. Eine neue Neue Mitte, denn die Planungen sehen jetzt anders aus. Obwohl elf von zwölf Räten für das Vorhaben sind, fällt die Entscheidung knapp aus.

Die Dientzenhofer Straße führt relativ zentral aufs Gelände, das neben einem Waldspielplatz (dunkelgrüne Fläche) auch ein Bürgerhaus (davor) mit 1900 Quadratmetern, ein neues Rathaus (links unten), einen Einkaufsmarkt (oben im rechten Gebäudeblock) sowie Platz für Wohnungen, Läden und Praxen vorsieht. Bild: Landschaftsarchitektur Lösch
Die Dientzenhofer Straße führt relativ zentral aufs Gelände, das neben einem Waldspielplatz (dunkelgrüne Fläche) auch ein Bürgerhaus (davor) mit 1900 Quadratmetern, ein neues Rathaus (links unten), einen Einkaufsmarkt (oben im rechten Gebäudeblock) sowie Platz für Wohnungen, Läden und Praxen vorsieht.

Die Neue Mitte soll das Herzstück des Ortes werden. Die Gemeinde will Wohnungen für Jung und Alt bauen lassen. Zudem sollen sich Ärzte, Apotheker und ein Einkaufsmarkt ansiedeln. Die Verwaltung will ein neues Rathaus beziehen, die Bücherei soll barrierefrei werden und umziehen. Genutzt werden soll das freie Gelände zwischen Schule und Ortsdurchfahrt. Lösungsvorschläge lieferte im Vorjahr ein Realisierungswettbewerb. Doch die Bevölkerung war relativ schnell gespalten: Während die Befürworter um Bürgermeister Josef Gilch (CSU) eine Chance für die Zukunft sehen, kritisieren andere Ebermannsdorfer das Projekt als völlig überdimensioniert. Widerstand regte sich, ein vorbereitetes Bürgerbegehren scheiterte allerdings aus formalen rechtlichen Gründen. So weit zur Vorgeschichte.

Einkaufsmarkt wächst

Danach kamen die Pläne vorerst in die Schublade. Es folgten zwei Klausurtagungen der Entscheidungsträger, eine Bürgerversammlung sowie der Auftrag für die Nürnberger Architekten Susanne Senf und Martin Kühnl, die ihren Siegerentwurf überarbeiteten und die als Optimierungsmaßnahmen bezeichneten Änderungen am Montagabend im Rathaus vor 16 Zuhörern präsentierten. Der vorgesehene Markt-Hof wird um fünf Meter versetzt, der Platz laut Kühnl damit um fünf Meter kürzer (36,60 statt 41,60 Meter). Der Lebensmittelmarkt hingegen wächst in der Länge von 14 auf 16 Meter, weil das Unternehmen Penny darauf bestehe.

Die Dientzenhofer Straße soll in Verlängerung in die Neue Mitte münden. Der Wohnhof rutscht von der Böschung weg und wird damit ebenfalls kleiner. Neu ist auch, dass im sogenannten Bürgerhaus Platz für eine dreigruppige Kinderkrippe und einen Trausaal geschaffen werden soll. Dennoch werde dieser Bau etwa sieben Meter kürzer, weil das Rathaus in einem eigenen Neubau untergebracht werden soll. Von einer Überdimensionierung könne folglich keine Rede mehr sein, sagte der Architekt und ergänzte: "Es wird keine Betonlandschaft. Wir können uns auch gut vorstellen, dass ein Bürgerhaus aus Holz gebaut wird." Und es sollte nicht mehr als zwei Etagen haben.

Alle Einwände genannt

An dieser Stelle der Sitzung begann die deutliche Mehrheit, die das Vorhaben zunächst zu haben schien, zu schwinden. Nachdem Geschäftsleiterin Liane Kern und der Amberger Landschaftsarchitekt Siegfried Lösch gut zwei Stunden lang alle Bedenken der Fachstellen und Ebermannsdorfer Wort für Wort vorgelesen (Kern) und aus ihrer Sicht entkräftet (Lösch) hatten, war lediglich Reinhard Jäger von der SPD gegen die Neue Mitte.

Zwei der drei Etagen?

Dafür stimmten parteiübergreifend alle anderen elf Räte, die gekommen waren. Entschuldigt fehlten Anton Hofmann (Freie Wähler), Daniel Plata (SPD) und Thomas Wiedenbauer (CSU). Dann war es der Bürgermeister, der den Vorschlag der Architekten, das Bürgerhaus auf zwei Etagen zu beschränken, überdacht haben wollte: "Alternative wäre ein dritter Stock für ein Rathaus im Bürgerhaus." Die maximale Höhe sollte im Bebauungsplan entsprechend geändert werden - vorsichtshalber: "Wir können dreigeschossig, aber wir müssen nicht." Thomas Klee (SPD) konnte sich damit nicht anfreunden: "Ich kann mir ein Bürgerhaus mit einem Stockwerk mehr nicht vorstellen. Das wird zu dominant, zu massiv. Außerdem wüsste ich nicht, was wir da reintun sollten." Christian Elsner (Freie Wähler) ging mit Blick auf die Bedenken der Ebermannsdorfer, die das Projekt für übertrieben groß halten, noch einen Schritt weiter: "Jetzt können wir ein Zeichen setzen, dass wir es ernst meinen, indem wir uns auf zwei Etagen beschränken."

Aus 11:1 wird 7:5

Bei der finalen Abstimmung wurde deswegen aus dem 11:1 ein 7:5. Denn gegen die mögliche dreistöckige Bebauung waren neben Klee und Elsner auch Reinhard Jäger sowie die beiden CSU-Räte Hubertus Freiherr von Eyb und Johann Vornlocher.

Die Einwände der Gegner und die Antworten der Gemeinde:

Gut zwei Stunden dauerte es, bis Geschäftsleiterin Liane Kern alle Einwände, Bedenken und Anregungen vorgelesen hatte, die es von Ebermannsdorfern sowie den Fachstellen mit Blick auf die geplante Neue Mitte gibt. Landschaftsarchitekt Siegfried Lösch war es vorbehalten, seine Gegenargumente und die der Gemeinde vorzutragen.

Arlene Eckl: „Bisher stellt der Wald einen natürlichen Lärmschutz dar. Nach den bereits durchgeführten Durchforstungsaktionen sind wir nun mit vermehrtem Verkehrslärm belastet. Eine Rodung des Waldes und eine Bebauung werden dieses Problem noch weiter verstärken.“

Beschlussvorlage: „Widerlegt wird die Behauptung, dass sich die Lärmsituation (...) verschlechtern wird. Durch die Abschirmung der Baukörper kommt es sogar zu einer marginalen Verbesserung.“

Arlene Eckl: „Völlig auf Unverständnis stößt bei mir die Planung, dass der Pausenhof unserer Schule zugunsten von Parkplätzen verkleinert werden soll.“

Beschlussvorlage: „Eine Verkleinerung des Pausenhofs ist nicht vorgesehen. Der Pausenhof in seiner jetzigen Form bleibt unangetastet.“

Arlene Eckl: „Ferner ist die Auslagerung der Bücherei in das neu geplante Rathaus schwer nachvollziehbar. Die Unterbringung in der Grundschule hat sich bewährt.“

Beschlussvorlage: „Die Bücherei bleibt auch im geplanten Bürgerhaus in unmittelbarer Nähe zur Schule. In der Bücherei herrscht jetzt schon großer Platzmangel und sie ist nicht barrierefrei erreichbar. Die Barrierefreiheit ist bis 2023 zwingend vorgeschrieben.“

Beate May: „Die Ansiedlung von mehreren Läden, Praxen, Banken, Cafés oder Schankwirtschaften ist völlig unrealistisch.“

Beschlussvorlage: „Es ist selbstverständlich, dass sich in Ebermannsdorf nicht mehrere Banken und Cafés ansiedeln. Im Übrigen regelt so etwas die Marktwirtschaft.“

Beate May: „Die Ausweisung von 174 Parkplätzen ist völlig überzogen.“

Beschlussvorlage: „75 der 174 Stellplätze wurden im jetzigen Entwurf aus dem Geltungsbereich genommen, da sie den jetzt schon vorhandenen Nutzungen Domcom, Schule und Kindergarten zugeordnet sind. Die verbliebenen 99 Stellplätze verteilen sich auf mehrere Parkplätze.“

Beate May: „Der Flächenverbrauch der Gemeinde ist gigantisch. Von 4540 Hektar Gesamtfläche sind mehr als 407 Hektar überbaut.“

Beschlussvorlage: „Die Gemeinde insgesamt weist einen relativ niedrigen Gesamtflächenverbrauch auf. Allein die Waldflächen nehmen 63 Prozent des Gemeindegebiets ein.“

Ursula Schönberger: „Die Wegeführung im Bürgerpark sollte so angepasst werden, dass die jetzt schon direkt angrenzenden Anlieger einen Zugang erhalten können.“

Beschlussvorlage: „Die Wegeführung wurde (...) so umgeplant, dass ein Anschluss ermöglicht wird.“

Georg Windhager: „Wir haben ein Juwel, genannt Wald. Kein normal denkender Mensch wird ihn zerstören, dem Erdboden gleichmachen.“

Beschlussvorlage: „Die vorhandene Waldfläche weist objektiv betrachtet hinsichtlich Ökologie und Landschaftsbild keine nennenswerte Bedeutung auf.“

Georg Windhager: „Warum soll die Gemeindekanzlei umziehen? Platzmangel? Repräsentationsgründe?“

Beschlussvorlage: „Der primäre Grund für den Umzug sind erhebliche funktionale Mängel.“

Georg Windhager: „Wie hoch sind die Gesamt- und Nebenkosten inklusive des Ankaufs der Flächen?“

Beschlussvorlage: „Finanzielle Aspekte der Maßnahmen sind nicht Gegenstand der Bauleitplanung.“

Herbert Lange: „Da der Markt vor den Öffnungszeiten beliefert werden müsste, wurden uns nach eigenen Recherchen Anlieferungszeiten von beispielsweise 3 bis 7 Uhr genannt. Das wäre ein massiver Eingriff in unsere Nachtruhe.“

Beschlussvorlage: „Unabhängig davon zeigt das Gutachten auf, dass sich die Lärmsituation durch die geplanten Maßnahmen nicht verschlechtern wird.“

Sophia Beer: „Es werden keine Discounter, Apotheken oder Banken benötigt, da die große Mehrheit der Ebermannsdorfer ihre Erledigungen und Einkäufe beim Weg zur Arbeit oder bei Stadtbesuchen tätigt.“

Beschlussvorlage: „Derzeit sind die Ebermannsdorfer gezwungen, ihre Einkäufe beim Weg zur Arbeit oder bei Stadtbesuchen zu erledigen, da in Ebermannsdorf bestimmte Sortimente nicht vorhanden sind. Auch gibt es Ebermannsdorfer, die nicht in der Stadt arbeiten.“

Mehr als zwei Stunden ist Landschaftsarchitekt Siegfried Lösch damit beschäftigt, die Einwände der Kritiker zu entkräften. Bild: thomas.kosarew[at]oberpfalzmedien[dot]de
Mehr als zwei Stunden ist Landschaftsarchitekt Siegfried Lösch damit beschäftigt, die Einwände der Kritiker zu entkräften.
 
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