Früber erzählten die Alten, und die Jungen hörten zu. "Hutza göih" oder auch "Sitzweil" hieß der noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg weit verbreitete Brauch, Abende gemeinsam mit Musik, Plaudereien, Handarbeiten und Spielen zu verbringen. Heutzutage gibt es oft keine älteren Menschen mehr in den Familien. Die Tradition des Erzählens ist brüchig geworden oder sogar abgerissen. Oftmals ersetzen Fernseher oder Computer das Miteinander.
Aus diesem Grund hat die Gemeinde Edelsfeld vor einigen Jahren auf ihrer Homepage eine Art "virtuelle Hutzastubn" geschaffen. Zu Wort kommen Bürger der Gemeinde oder Menschen, die mit ihr verbunden sind oder waren. Die Erzählungen sind überwiegend im Dialekt gehalten - einige Ausdrücke dürften junge Gemeindebürger schon gar nicht mehr kennen. Die Aufnahmen und Bilder sind Zeitzeugnisse, veröffentlicht mit Erlaubnis der Erzähler. Die Themenpalette reicht von früherer Geselligkeit, der harten bäuerlichen Arbeitswelt bis hin zu den schwierigen Zeiten des Zweiten Weltkrieges und der Ankunft der schlesischen und sudetendeutschen Flüchtlinge.
Dramatisches und Lustiges
Allen, die es anhören wollen, erzählt zum Beispiel der Weißenberger Altbürgermeister Hagerer (Jahrgang 1920) von seinen Kriegserlebnissen in Russland und seiner bewegenden glücklichen Heimkehr. Der Sigraser Wirt Adolf Ottmann gibt einen Einblick in frühere Schlachtgewohnheiten, und die Üllermama (Kuni Ehras) aus Edelsfeld schildert eindrucksvoll das harte Leben der Frauen vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Dramatische Ereignisse wie der Brand in Edelsfeld am letzten Kriegstag 1945 werden ebenso geschildert wie lustige Wirtshausepisoden.
Aber auch das Thema Flucht und Vertreibung kommt vor. Die Besitzerin des Goglhofs, Margarete Jäkel, erzählt - in Hochdeutsch - sehr lebendig und anschaulich von ihrer Vertreibung aus Elbogen im Egerland. Und Hans Hertel berichtet, wie er sich als 18-Jähriger noch am Kriegsende freiwillig gemeldet hat und was er dabei noch alles erlebt hat. Er verzichtet ebenfalls auf den Dialekt, weil er zwei Enkelinnen in den USA hat.
Weiter sind auf der Homepage noch Fotos und Beschreibungen von Orchideen unserer Heimat zu sehen. Sie stammen von Ernst Pickel aus Schnellersdorf. Als "Edelsfelder Geschichte(n)" sind die Erzählungen zu finden unter www.edelsfeld.de.
Tonaufnahmen von Evi Strehl
Neu hinzugekommen ist jetzt die Geschichte von Hans Bär, bekannt unter seinem Hausnamen "Biena Hans". Der letzte Büttner von Edelsfeld hat dazu einige Bilder aus seinem Familien-Fotoalbum hervorgeholt.
Interviewt hat ihn die gebürtige Edelsfelderin Evi Strehl, die schon seit ihrem 18. Lebensjahr in ihrer Freizeit Menschen aufsuchte, um sie nach Besonderheiten aus ihrem Leben zu befragen, aber auch nach Musik und Tanz sowie Erlebnissen in der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Sie stellte die Ton-Aufnahmen ihrer Heimatgemeinde zur Verfügung.
Diese Geschichten eignen sich für eine kleine unterhaltsame Geschichtsstunde in der Familie, wenn Ältere und Jüngere gemeinsam zuhören und darüber reden: War es bei uns auch so? Wie war es denn ohne Wasserleitung im Haus? Was waren denn das für Flüchtlinge damals? Vielleicht stammt auch ein Vorfahre unserer Familie aus diesen ehemals deutschen Gebieten? Oder vielleicht nehmen die geneigten Leser den Laptop auch mal zu ihren internetlosen Nachbarn und lassen sie teilhaben an der virtuellen Edelsfelder Hutzastubn, die sich so in allen Orten zugetragen haben könnte.
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