Erbendorf
20.05.2021 - 13:52 Uhr

Stadtrat Erbendorf: Grünen-Antrag scheitert an der Mehrheit

In seiner Sitzung befasste sich der Erbendorfer Stadtrat auch mit einem Antrag der Grünen. Hintergrund sind die Vergabeentscheidungen, die - so die Grünen - öffentlich behandelt werden sollten.

Formuliert wurde der Antrag vom Stadtrat der Grünen, Josef Schmidt. Vorgestellt wurde das Ansinnen in der Sitzung am Montag von Bürgermeister Johannes Reger. Das Ergebnis der Abstimmung: Der Vorschlag der Grünen wurde mehrheitlich abgelehnt. Bild: wro
Formuliert wurde der Antrag vom Stadtrat der Grünen, Josef Schmidt. Vorgestellt wurde das Ansinnen in der Sitzung am Montag von Bürgermeister Johannes Reger. Das Ergebnis der Abstimmung: Der Vorschlag der Grünen wurde mehrheitlich abgelehnt.

Für den Antrag der Grünen wurde einiges an Papier bewegt. Nicht ohne Grund versprach der Blick auf die Informationen eine längere Debatte im Stadtrat. Unterstützend dazu hatte die Verwaltung nämlich eine vierseitige Sitzungsunterlage vorbereitet. Ergänzt wurde das ausführliche Informationspaket mit dem Antrag und der Stellungnahme des Grünen-Stadtrats Josef Schmidt, der dafür drei Seiten Papier und – im Vorfeld der Sitzung – genauso wie die Verwaltung viel Zeit dafür geopfert hatte. Bereits zu Beginn der Sitzung bat Rolf Hanauer ums Wort. Der FW-Stadtrat war der Meinung, dass man den zu behandelnden Punkt von der Tagesordnung absetzen sollte. Mit knapper Mehrheit (9:8 Stimmen) wurde dessen Antrag jedoch abgelehnt.

Gute Vorbereitung

„Sie werden sich fragen, was steckt dahinter“, warf Bürgermeister Johannes Reger einen Blick auf den undatierten Antrag der Grünen, in dem Stadtrat Schmidt schreibt: Die Fraktion von B90/Die Grünen im Erbendorfer Stadtrat beantragt, das Thema auf die Tagesordnung zu setzen, um über die Kriterien für den Ausschluss der Öffentlichkeit bei Stadtratssitzungen und Gremiumsarbeit in öffentlichen Sitzungen zu beschließen. Schmidts Ansicht und der seiner Parteikollegen nach dürfe der Stadtrat vom Grundsatz der Öffentlichkeit (auch bei Vergaben und Beschaffungen) nur dann abweichen, wenn dies – so der Antragswortlaut in Punkt 1 – „zwingende Gründe im Einzelfall erfordern“.

Weiter beharrte Schmidt – unter Punkt 2 – darauf, dass künftige Ausschreibungen erst nach einem entsprechenden, grundsätzlich in öffentlicher Sitzung gefassten Stadtratsbeschluss einzuleiten seien, wenn der voraussichtliche Auftragswert 20 000 Euro überschreite. Der Antragsteller bezieht sich dabei auf die Geschäftsordnung. Ferner bittet Schmidt die Verwaltung darum – unter Punkt 3 seiner Ausführungen – Beschlussvorlagen zu Vergabeentscheidungen künftig grundsätzlich so vorzubereiten, dass die Entscheidungen in einer öffentlichen Sitzung getroffen werden können. Ausnahmen vom Öffentlichkeitsgrundsatz, meint Schmidt, seien in den Sitzungsunterlagen einzelfallbezogen zu begründen. Der Ausschluss der Öffentlichkeit könne aber keinesfalls bei bestimmten Thematiken pauschal erfolgen, betonte der Stadtrat.

"Es ist uns auch bewusst und es ist anzuerkennen, dass sich die Transparenz nach außen um 200 Prozent gebessert hat. Das ist auch der Grund für unsere Antragstellung."

Grünen-Stadtrat Josef Schmidt

Zudem formulierte Schmidt auch einen Beschlusstext: Der Bürgermeister als Vertreter der Verwaltung der Stadt Erbendorf wird beauftragt, binnen einer Frist von zwei Monaten nach Beschlussfassung und unter Einbeziehung aller Fraktionssprecher in einer öffentlichen Stadtratssitzung ein Konzept zur zukünftigen Geschäftspraxis vorzustellen. Ausdrücklich fordert Schmidt, dass die genannten Forderungen auch umzusetzen seien. Zusammengefasst und auf den Punkt gebracht wollten die Grünen im Stadtrat erreichen, dass Vergabeentscheidungen grundsätzlich in öffentlichen Sitzungen getroffen werden.

"Ausführlich diskutiert"

Bürgermeister Reger kommentierte: „Die Frage, wann ein Tagesordnungspunkt in einer nichtöffentlichen Sitzung zu behandeln ist, regelt die Gemeindeordnung.“ Das – im Vorspann zu Schmidts Beschlusstext – genannte Konzept existiere doch bereits, unterstrich der Vorsitzende mit Blick auf die Geschäftsordnung. „Diese wurde zu Beginn der Wahlperiode ausführlich diskutiert“, schob er nach. „Sie wurde vom Stadtrat auch einstimmig beschlossen“, erinnerte Reger.

Selbstverständlich könne man die Geschäftsordnung - durch einen Stadtratsbeschluss oder bei gewünschten oder notwendig gewordenen Punkten - neu formulieren. Sonderregelungen betrachtete Reger aber als nicht erforderlich. „Sie würden nur zur Unübersichtlichkeit führen.“

Der Vorsitzende betonte: „Zur Öffentlichkeit von Stadtratssitzungen gibt es abschließende gesetzliche Regelungen." Diese würden auch ohne ein ausdrückliches Bekenntnis gelten. Der Vorsitzende machte deutlich, dass im Antrag der Eindruck erweckt werde, es gebe hier bei der Stadt Erbendorf Defizite. Reger sprach von „erhobenen Vorwürfen, die anscheinend auf mangelnde Kenntnis der Abläufe beruhen“. Schließlich prüfe man bei jedem Punkt, welche Informationen für eine fundierte Beratung und Entscheidung notwendig seien beziehungsweise ob sie geheimhaltungspflichtige Daten enthielten. Reger: „Eine pauschale Einordung findet nicht statt.“

„Der Antrag der Fraktion B90/Die Grünen enthält unbelegte und falsche Anschuldigungen an die Stadtverwaltung.“

Bürgermeister Johannes Reger

Nicht gelten lassen wollte er auch den Vorwurf, dass die Stadträte – bei Ausschreibungen – vor vollendete Tatsachen gestellt würden. Das sei weder belegt noch zutreffend und sei daher entschieden zurückzuweisen. Man habe alle laufenden Projekte dem Stadtrat vorgestellt. „Darüber wurde diskutiert und beschlossen.“ Zudem erinnerte Reger daran, dass die nötigen Leistungen ausgeschrieben und für die Vergabe vorbereitet würden. „Bei größeren Maßnahmen erledigt das ein beauftragtes Ingenieur- oder Planungsbüro.“ Das sei „gängige“ Praxis. Selbstverständlich könne man die Auftragsvergaben, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben, auch öffentlich behandeln. In diesem Zusammenhang verwies Reger auch auf ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren für Sport und Integration vom September 2019, in dem die wesentlichen Inhalte für eine öffentliche bzw. vertrauliche Beratung geregelt wurden.

Schwierigkeiten bei Umsetzung

Reger fasste zusammen. „Der Antrag der Fraktion B90/Die Grünen enthält unbelegte und falsche Anschuldigungen an die Stadtverwaltung.“ Weiter vertrat Reger die Ansicht, dass die praktische Umsetzung - auch mit Blick auf den Datenschutz - erhebliche Schwierigkeiten bereite. Die von den Grünen geforderte Vorgehensweise bezeichnete er für die Öffentlichkeit der Sitzungen als „eher abträglich“. Reger legte besonderen Wert auf die Feststellung, dass er den Stadtrat aber nicht daran hindern könne, sich über den Vorschlag der Grünen zu äußern beziehungsweise dem Antrag zu folgen. Die Stadträte waren geteilter Meinung. Stadtrat Josef Schmidt verteidigte seinen Antrag mit klaren Worten. Nach der Abstimmung war aber klar, dass die Vorgehensweise unverändert aufrecht erhalten bleibt: Der Antrag der Grünen wurde abgelehnt, nur sieben Stadträte stimmten dafür.

Hintergrund:

Stimmen aus dem Stadtrat

  • Bürgermeister Reger: „Über dieses Thema – auch mit Blick auf den Datenschutz - haben wir schon öfter diskutiert. Es wird Zeit, dass wir es zum Abschluss bringen. Die Vorgehensweise – öffentlich oder nicht öffentlich – wurde von der Rechtsaufsicht nicht beanstandet. Alles folgt einem geordneten Ablauf. Wir halten uns sehr wohl an die Richtlinien.“ Reger bezeichnete die Argumentation der Grünen als ein Blendwerk aus Schlagworten und Worthülsen. "Man wirft mit Demokratie und Transparenz um sich, ohne inhaltlich was zu tun.“ Die Projekte würden – sollte man dem Antrag folgen – aufgrund der Unkenntnis der Abläufe zu einer Chaoswirtschaft führen, weil man die Kompetenzen der Fachleute missachte.
  • Josef Schmidt (Grüne): „Die Verwaltung hat sich mit dem Antrag sehr viel Mühe gemacht und hat sich akribisch mit der Rechtslage befasst, was in keinster Weise unser Ansinnen und die Idee dahinter war. Uns ist natürlich bewusst, dass es in Erbendorf mit rechten Dingen zugeht. Es ist uns auch bewusst und es ist anzuerkennen, dass sich die Transparenz nach außen um 200 Prozent gebessert hat. Das ist auch der Grund für unsere Antragstellung. Es geht um unser Mandat, es geht um euer Mandat. Es geht darum, dass wir mitgestalten wollen. Wir möchten aber auch darüber reden, wie wir die Vergabe machen! Wir möchten die Angebote nach gewissen Kriterien – z. B. auch nach Qualität, Standorte, Sozialstandards und Qualifikation - gewichten, um dann auch die Verantwortung in die Hände nehmen zu können. Wir hätten all das aber gerne in Ruhe besprochen, daher auch Rolf Hanauers Antrag auf Absetzung des Tagesordnungspunktes. Wir möchten die Stadt gemeinsam gestalten und wollen nicht Böses, weder für den Bürgermeister noch für die Verwaltung, wir wollen nur unserer Aufgabe als höchstes Gremium der Stadt in kollektiver Art gerecht werden. Es wurden jedoch Sachen recherchiert, die wir nicht wollten. Geben Sie dem Grundsatzantrag eine Chance.“
  • Dominik Vollath (CSU): „Wieder einmal beschäftigt sich der Stadtrat mit sich selbst und nicht mit den wichtigen Fragen. Das bringt uns nicht weiter, die Bürger auch nicht. Die Vorschläge sind nicht umsetzbar oder sie sind rechtswidrig. Es gibt keinen Grund, an den Abläufen etwas zu verändern. Warum setzen wir uns mit einem Problem auseinander, das gar keines ist? Es ist nicht so, dass der Bürger mit der Transparenz unzufrieden ist. Es ärgert uns, dass von einer Einzelperson schlechte Stimmung verbreitet wird. Wir vermissen positive und zielführend Beiträge. Wer A sagt muss auch B sagen.“
  • Bernhard Reis (SPD): „Die SPD hat sich mit dem Antrag sehr intensiv befasst und stimmt dem Beschlusstext der Grünen zu. Auch wir wollen an der Ausschreibung und Vergabe beteiligt werden. Das Niveau des Bürgermeisters hat sich deutlich gesteigert. Coronabedingt vermissten wir aber das gemeinsame Diskutieren. Der Antrag darf vorgestellt, aber nicht im Vorfeld niedergemacht werden.“
  • Rolf Hanauer (FW): „Ich finde die Argumentation des Bürgermeisters (z. B. Worthülsen) beschämend. Es gab eine Reihe von Projekten; wir hatten aber keinerlei Möglichkeit, Kritik zu äußern. Meiner Meinung nach wurden seitens der Grünen gute Lösungen erarbeitet, die dem Wohl der Stadt dienen."
  • Christian Bauer (CSU): „Gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Wir müssen in den Ausschüssen diskutieren und nicht hier. Reden wir nicht nur von der Zukunft, gestalten wir auch die Zukunft. Punkt, fertig, mehr sage ich nicht dazu.“
  • Reinhold Kastner (SPD): „Es soll sich jeder seine Gedanken machen, wie wir vorgehen. Setzen wir uns zusammen und suchen nach einem gemeinsamen Beschluss."
Erbendorf19.05.2021
 
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