Erbendorf
14.04.2021 - 11:17 Uhr

Stadtwerke Erbendorf: Fehlbeträge und hitzige Debatten

Diskussionen in der Sitzung des Werkausschusses des Erbendorfer Stadtrates: Sollen Punkte aus dem nichtöffentlichen Teil in den öffentlichen verschoben werden? Nicht nur um dieses Thema entfachte sich eine Debatte.

Auch die Wasserversorgung gehört zu den Aufgaben der Stadtwerke Erbendorf. Symbolbild: Lino Mirgeler/dpa
Auch die Wasserversorgung gehört zu den Aufgaben der Stadtwerke Erbendorf.

Die Gremiensitzungen in der Stadt Erbendorf sind um eine Skurrilität reicher: Ein eindrucksvolles Beispiel stellte am Montagabend der Werkausschuss der Kommune im Saal der Stadthalle dar. Auf der Tagesordnung stand mit der Erweiterung der Straßenbeleuchtung in Siegritz nur ein Punkt – eigentlich.

Zu Beginn der Sitzung beantragte Josef Schmidt (Grüne) eine Änderung der Tagesordnung und forderte das Verschieben mehrerer Punkte von der nichtöffentlichen in die öffentliche Sitzung. Seine Aufzählung der konkreten Punkte unterbrach Bürgermeister Johannes Reger mit dem Hinweis, dass er – Schmidt – nicht einfach die Punkte aus der nichtöffentlichen Sitzung verlesen könne. Um die neue Situation zu besprechen, schloss Bürgermeister Reger die Öffentlichkeit vorerst wieder aus, Zuhörer und Pressevertreter mussten den Saal verlassen.

Debatte hinter verschlossenen Türen

In den folgenden 24 Minuten ging es hinter verschlossenen Türen hoch her - dazu brauchte es kein allzu gutes Gehör, um das auch im Foyer mitzubekommen. Laute Rede und Gegenrede prägten offensichtlich die Debatte. Einzelne Wortfetzen, die nach außen drangen, legten nahe, dass es unter anderem auch darum ging, auf welche Art und Weise in der Stadt Erbendorf über Dinge von öffentlichem Interesse beraten werde und wie „zum Wohle der Stadt“ gearbeitet werden sollte.

Die Diskussion brachte als Ergebnis, dass der öffentliche Teil der Tagesordnung erweitert wurde – ob nach Abstimmung mehrheitlich oder im harmonischen Einvernehmen wurde allerdings bei Wiederherstellung der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt. Konkret ging es dabei unter anderem um die Prüfung der Jahresabschlüsse 2016, 2017 und 2018 der Stadtwerke durch den Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband sowie den Vorschlag des Ausschusses an den Stadtrat zur Feststellung der Abschlüsse.

Bürgermeister Reger verlas den sogenannten „Sachvortrag“, der in der ursprünglich nichtöffentlichen Sitzungsvorlage für die Gremiumsmitglieder enthalten war. Bei den im Folgenden genannten Beträgen und Summen handelt es sich um „Circa“-Angaben, da trotz Nachfrage von Oberpfalz-Medien weder Bürgermeister noch Geschäftsleitung der Stadt Erbendorf die genauen Zahlen und Aufstellungen herausgeben wollten. Die Stadt begründete dies in einer E-Mail damit, „da diese ausschließlich zum internen Gebrauch durch die Stadtratsmitglieder angefertigt wurden“.

2018: 1,35 Millionen Euro Jahresverlust

Bürgermeister Reger führte im Gremium aus, dass nach einer Korrektur durch den Prüfungsverband die Gewinn- und Verlustrechnung 2018 mit einem Jahresverlust von 1,35 Millionen Euro schließe. Es sind demnach Abschreibungen auf Anlagevermögen in Höhe von etwa 500.000 Euro angefallen. Diese waren zu verzeichnen insbesondere bei den Betriebszweigen Wasserversorgung, Verkehrsbetrieb, Sporthalle, Photovoltaik und Wärmeversorgung. Außerdem wurden im Umlaufvermögen, so der Bürgermeister, Abschreibungen in Höhe von 1,7 Millionen Euro auf den niedrigeren Wert der US-Wohnanlage vorgenommen. Letzteres sei eine einmalige Wertberichtigung und habe in erster Linie das negative Jahresergebnis verursacht. Ein positiver Effekt sei gewesen, dass das Finanzamt den Vorsteuerabzug für den Bau der Doppelsporthalle anerkannt hat, hier war von etwa 514.000 Euro die Rede.

Der Prüfungsverband sei zum Ergebnis gekommen, dass die Jahresabschlüsse ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wiedergeben. Außerdem würden die Lageberichte „insgesamt ein zutreffendes Bild“ von der Lage des Eigenbetriebs vermitteln und die künftigen Chancen und Risiken zutreffend darstellen. Festgehalten wird auch, dass es regelmäßig Jahresverluste gibt, das Einlagenkapital relativ gering ist und die Stadtwerke „angemessene Einlagen“ der Stadt benötigen.

"Es ist eben nicht alles in Ordnung."

Grünen-Stadtrat Josef Schmidt

Der Beschlussvorschlag, den der Bürgermeister verlas, beinhaltet die Jahresverluste sowie die nötigen nachträglichen Genehmigungen: Der Jahresverlust 2016 liegt demnach bei etwa 375.000 Euro, als nachträglich zu genehmigen gilt unter anderem der Kauf von zwei Grundstücken für den Verkehrsbetrieb für gut 220.000 Euro. Der Jahresverlust 2017 liegt bei etwa 240.000 Euro, als nachträglich zu genehmigen gelten unter anderem die Vergabe von Planungsleistungen für eine geplante Schwimmhalle in Höhe von etwa 19.000 Euro sowie Überschreitungen beim Verkehrsbetrieb in Höhe von etwa 102.000 Euro. Der Jahresverlust 2018 liegt bei den bereits genannten rund 1,35 Millionen Euro, als nachträglich zu genehmigen gelten unter anderem die Vergabe von Planungsleistungen für eine geplante Schwimmhalle in Höhe von insgesamt 50.000 Euro sowie Überschreitungen beim Verkehrsbetrieb in Höhe von 56.000 Euro.

"Unart der Vergangenheit"

Dominik Vollath (CSU) betonte, dass der Prüfbericht für die Jahre 2016 bis 2018 deutlich zeige, dass ordentlich gehaushaltet wurde. Josef Schmidt (Grüne) hielt fest, dass eben „nicht alles in Ordnung sei“: Die nachträglichen Genehmigungen würden deutlich machen, dass es dieser Bewilligung für große Beträge offensichtlich bedurft habe, um solche Summen zu investieren. Es sei offensichtlich eine „Unart der Vergangenheit“ gewesen, dass so gehandelt wurde und vieles heute nicht mehr nachvollziehbar sei. Gegen die Stimmen von Josef Schmidt, Zweitem Bürgermeister Bernhard Schmidt (FW) und Martin Gallersdörfer (SPD) wurde der Beschlussvorschlag angenommen.

Erbendorf24.09.2020

Eine denkwürdige Sitzung fand ihren öffentlichen Abschluss mit der Wortmeldung von Stadtrat Dr. Hans Rose (FW): Er bemängelte, dass die hybride Form der Sitzung nicht funktioniere. Er erinnerte den Sitzungsleiter auch daran, sich doch bitte an die Hygiene-Bestimmungen zu halten, die am Eingang zur Halle angeschlagen sind: nämlich Masken tragen und für ausreichende Frischluftzufuhr sorgen. Die, die noch keinen Mund-Nase-Schutz getragen hatten, setzten ihre Masken auf und die Türen nach außen wurden zum Lüften vor dem nichtöffentlichen Teil geöffnet.

Info:

Hintergrund

Gegründet wurden die "Stadtwerke Erbendorf" im Jahr 2006. Folgende Betriebszweige gehören ihr laut Internetseite der Stadt an:

  • Doppelsporthalle (Betrieb und Unterhalt der Doppelsporthalle an der Volksschule)
  • Freibad (Betrieb und Unterhalt des Freibads in der Stadtbadstraße)
  • Kommunikationsanlagen (Telefonanbieter, SAT-Anlagen)
  • Photovoltaikanlagen (Betrieb und Unterhalt von Photovoltaikanlagen im Stadtgebiet)
  • Straßenbeleuchtung (Betrieb und Unterhalt der Straßenbeleuchtung im gesamten Stadtgebiet)
  • Steinwald-Echo (erschien erstmals im Jahr 2000 als Mitteilungsblatt der Stadt)
  • Steinwald-Express-Verkehrsbetrieb (Betrieb eines Busunternehmens mit Linien- und Reiseverkehr)
  • Wärmeversorgung (Betrieb und Unterhalt eines Fernwärmenetzes im Stadtgebiet mit Blockheizkraftwerken)
  • Wasserversorgung (Betrieb und Unterhalt der gesamten Wasserversorgung im Gemeindebereich)
  • Wohnanlagen (Betrieb und Unterhalt des Wohngebiets "Brückelpoint")
 
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