Ermhof
15.01.2020 - 16:35 Uhr

Ermhof der Treffpunkt für Taubenmarkt-Traditionalisten und Neugierige

Moderne Hygienevorschriften bereiteten so manchem Oberpfälzer Brauch den Garaus. So sind zum Beispiel die Taubenmärkte mit lebenden Tieren praktisch ausgestorben. Aber nicht überall.

Regie beim Taubenmarkt in Ermhof führt der „Schmie“ Gerhard Weber (hinten links), hier mit Zweitem Bürgermeister Fabian Bräutigam und der jüngsten Generation der Geflügelzüchter. Bild: glb
Regie beim Taubenmarkt in Ermhof führt der „Schmie“ Gerhard Weber (hinten links), hier mit Zweitem Bürgermeister Fabian Bräutigam und der jüngsten Generation der Geflügelzüchter.

Taubenmärkte waren früher ein Publikumsmagnet in den Wirtshäusern. Nach den Geflügelschauen im Herbst und vor Beginn der Zucht in Frühjahr wurde aussortiert, getauscht, zugekauft - und vor allem zünftig gefeiert und gefachsimpelt. Diesem Brauch kamen dann die EU-Hygienevorschriften in die Quere, ebenso wie zum Beispiel der Hausschlachtung.

So gibt es im Sulzbacher Land nur noch einen Ort, an dem "echte Taubenmärkte" ablaufen. In den Stiegler-Stodl in Ermhof bei Neukirchen pilgern im Januar und Februar alle zwei Wochen Traditionalisten und Neugierige zwischen 5 und 95 Jahren - mit Tauben, Hähnen und Hasen im Schlepptau.

Bei der Saisoneröffnung sprach Zweiter Bürgermeister Fabian Bräutigam aus Weigendorf als Vorsitzender des veranstaltenden Gefügelzuchtvereins Haunritz und Umgebung die einleitenden Worte und wünschte eine glückliche Hand bei Kauf, Verkauf oder Tombola. Die Erhaltung regionalen Brauchtums liege ihm am Herzen: "Ohne lebendige Tradition keine Zukunft."

Bei der heimlichen Hauptattraktion jedes Taubenmarkts, der Verlosung, nimmt Gerhard Weber aus Holnstein, genannt "Schmie", als Markt-Organisator die zentrale Rolle ein. Alle nicht verkauften Tiere - ob Tauben, Hähne oder Kaninchen - werden noch während des Taubenmarkts verlost.

Der "Schmie" kommt dazu mit zwei Schafkopfspielen an den Tisch. Jeder zieht als Los eine Karte. Dann pickt sich eine Glücksfee aus dem anderen Spiel drei Karten - das sind die Gewinner. Im Original-Ton hört sich das so an: "Der Schelln-Siebener hat den Schinken, der Schelln-Neiner den groußn Gockl ..."

Dazu spielen die Musikanten auf, diesmal der Wogner-Hartl und der Helmbauern-Hans, die eigentlich Leonhard Luber und Hans Renner heißen. Man kennt und nennt sich mit den traditionellen Hausnamen. Für hausgemachten Kuchen, Kaffee und Getränke sorgt Manuela Stiegler, die Hausherrin. Sie wurde in den Stiegler-Stodl, in dem seit 25 Jahren die Taubenmärkte im fränkisch-oberpfälzischen Grenzland veranstaltet werden, sozusagen hineingeboren. Ihr Vater, überregional bekannter Züchter von Ziergeflügel, hat ihn liebevoll ausgestattet: Auf den Böden bunte Teppiche; Seiten, Bühne und Empore mit Holz verkleidet. Und an den Wänden sowie auf jeder Stellfläche Jagdtrophäen jeglichen Formats: Geweihe, Felle, Füchse, Marder, Wildschweine - und sogar echte Wolpertinger.

Termine für weitere Taubenmärkte sind samstags am 18. Januar, 1. Februar, 15. Februar und 29. Februar, jeweils von 14 bis 18 Uhr.

 
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