CSU Eschenbach blickt auf Gründung vor 75 Jahren zurück

Eschenbach
04.12.2020 - 12:07 Uhr

Vor 75 Jahren wurde nach dem Zweiten Weltkrieg mitten zwischen Not, Elend und Zerstörung die CSU gegründet. Auch die Eschenbacher wagten den Neuanfang. Als eine der Ersten im damaligen Landkreis Eschenbach gründeten sie einen Ortsverband.

Bürgermeister Josef Ficker - ein Symbol des Widerstandes im Dritten Reich und Motor bei der CSU-Gründung in Eschenbach.

Der Bruch war so groß, und der Fall war so tief, dass es 1945 der falsche Weg gewesen wäre, an alte Strukturen anzuknüpfen und es bei der Wiederbelebung der „Weimarer Parteien“ bewenden zu lassen. Auch die 1933 verbotene Bayerische Volkspartei (BVP) stand laut Pressemitteilung der CSU bei einigen Eschenbachern schon wenige Monate nach Kriegsende auf dem Prüfstand. Diese ehemaligen Mitglieder der BVP waren der Überzeugung, dass auf der bürgerlichen Seite der wiederentstehenden demokratischen Landschaft eine völlig neue Partei geschaffen werden müsse. So traten auch in Eschenbach im Herbst 1945 Frauen und Männer an, um im Chaos der Nachkriegszeit für Heimat und Menschen Verantwortung zu übernehmen.

Grafenwöhr18.11.2020

Neuanfang mit Josef Ficker

Der Lederhändler Josef Ficker war eine der Triebfedern, die schon wenige Monate nach dem Zusammenbruch einen Neuanfang wagten. Ficker, bis 1933 Bezirksvorsitzender der Bayerischen Volkspartei und nach der Machtergreifung der Nazis mit Repressionen und Schutzhaft gehindert, das Amt des neugewählten Bürgermeisters anzutreten, fand in Heinrich Dorner, Richter des Amtsgerichts Eschenbach und später Präsident des Landgerichts Straubing, Pater Gereon Motyka, Prior des Klosters Speinshart, und Landrat Josef Prüschenk Gleichgesinnte. Überall in der Region fanden sich zudem Unterstützer, die erkannten, dass die Kräfte des Neubeginns aus der Gemeinsamkeit christlicher Werte auch mit Blick auf die zahlreichen Flüchtlinge erwachsen mussten. So entstand auch in Eschenbach der Funke des Unionsgedankens, eine konfessionsübergreifende politische Kraft zu etablieren.

Mit Weitblick schrieb der Eschenbacher Amtsrichter Heinrich Dorner schon am 17. November 1945 an Fritz Schäffer, von den Amerikanern für einige Monate als erster Bayerischer Ministerpräsident eingesetzt und nach der Gründung der Bundesrepublik Bundesfinanzminister: „Nach reiflicher Überlegung haben wir uns in Eschenbach auf den Namen Christlich Soziale Union geeinigt.“ Zur gleichen Zeit organisierte der junge CSU-Ortsverband schon die ersten Kommunalwahlen nach dem Zweiten Weltkrieg, die am 27. Januar 1946 stattfanden.

Erste freie Wahl die kommunalpolitische Nagelprobe

Als Wahlvorschlag der „Christlich Sozialen Union in Bayern“ eingereicht kandidierten auf einer gemeinsamen Liste aller Eschenbacher Josef Ficker (Lederhändler), Josef Prösl (Maurermeister), Ludwig List (Landwirt), Josef Gradl (Arbeiter aus Stegenthumbach), Georg Reger (Landwirt aus Thomasreuth), Franz Simon (Schneidermeister), Otto Bogendörfer (Steuerberater), Johann Schmid alias „Decker Hans“ (Landwirt), Lorenz Löw (Schmiedemeister), Michael Kallmeier (Landwirt), Baptist Lunz (Mechaniker), Wolfgang Schloderer (Landwirt), Franz Scherm (Wagnermeister), Johann Steger (Landwirt), Josef Völkl (Landwirt), Johann Bernhardt aus Stegenthumbach (Landwirt), Ludwig Schreml (Fischer) und Johann Danzer (Seilermeister).

Die ersten Wahlversammlungen fanden noch im November 1945 in der Gastwirtschaft Hans Hubmann statt. Wenige Tage vor dem Urnengang hieß es in einem Flugblatt der CSU unter anderem: „Nach zwölfjähriger Willkürherrschaft sind Sie aufgerufen, die Zukunft unseres Gemeinwesens zu bestimmen und in schwerer Zeit die Verantwortung Persönlichkeiten in die Hände zu legen, die freudig ihre Pflicht erfüllen. Geben Sie der christlich-sozialen Idee eine Chance und geben Sie Kandidaten Ihre Stimme, die durch ihre bisherige Haltung ein solches Vertrauen rechtfertigen.“

Der erste „Nachkriegs“-Stadtrat

In dieser ersten freien Wahl nach Krieg und Gewaltherrschaft wählte die Bevölkerung folgende Bürger in den Stadtrat: Franz Simon, Josef Ficker, Ludwig List, Lorenz Löw, Michael Kallmeier, Josef Prösl, Franz Scherm, Wolfgang Schloderer, Johann Steger, Baptist Lunz, Josef Gradl und Georg Reger. Zum Bürgermeister wählte das Gremium Josef Ficker, zum Stellvertreter Franz Simon. Auch die folgende Kreistagswahl 1946 sah die neue CSU als Sieger. Sie gewann 19 Sitze, die SPD 8 Sitze. Die Interessen der Stadt im Kreistag des Landkreises Eschenbach vertraten Josef Ficker und Ludwig List (CSU) und Hans Blendinger (SPD).

Die beginnende Vielfalt politischer Gruppierungen, insbesondere im kommunalpolitischen Bereich, wurde bereits bei der Kommunalwahl 1948 deutlich. Aus der gemeinsamen CSU-Liste des Jahres 1945/46 wurden fünf Wahlvorschläge. Von den 16 zu vergebenden Sitzen entfielen auf die CSU-Liste nur noch fünf Sitze. Für viele überraschend wurde der amtierende Bürgermeister Josef Ficker von Josef Decker, Kandidat einer „Einheitsliste“, abgelöst. Bei der Kreistagswahl wiederum lag die CSU deutlich vorne und schickte als Eschenbacher CSU-Vertreter Josef Ficker, Heinrich Dorner und Erhard Walberer in den Kreistag des Landkreises Eschenbach.

Einen Triumph feierte die Eschenbacher CSU bei der ersten Landtagswahl am 1. Dezember 1946. Bei einer Wahlbeteiligung von 88 Prozent schenkten über 72 Prozent der Wähler der CSU das Vertrauen, 20 Prozent votierten für die Sozialdemokraten. Ein ganz anderes Bild zeigten die Stimmenverhältnisse am 14. August 1949 bei der ersten Bundestagswahl. Konkurrenz entstand der CSU mit der Wirtschaftlichen Wiederaufbauvereinigung (WAV) und einer starken Bayernpartei. Die CSU erreichte in Eschenbach nur noch 30 Prozent, die WAV erzielte 26 Prozent und die Bayernpartei 24 Prozent der Stimmen.

Vier Wahlperioden mit Walter Ficker als Bürgermeister

Wenige Wochen später am 13. Oktober 1949 trauerte die CSU und mit ihr die Bevölkerung um Josef Ficker. 59-Jährig wurde das Eschenbacher Symbol des Widerstands im Dritten Reich und des demokratischen Wiederaufbaues in den ersten Nachkriegsjahren zu Grabe getragen. 1950 trat Sohn Walter Ficker in die Fußstapfen seines Vaters, als er den Ortsvorsitz der CSU übernahm. Zwei Jahre später begann für Walter Ficker eine glanzvolle kommunalpolitische Ära. 1952 in den Stadtrat gewählt, bestimmten ihn die Bürger seiner Heimatstadt 1956 zum Bürgermeister. 1960 wurde er im höchsten Amt der Stadt bestätigt, bevor er 1966 von Hans Grünwald abgelöst wurde. Ein Jahr später übergab Walter Ficker das Amt des CSU-Ortsvorsitzenden an Straßenmeister Max Appl.

Die Parteienlandschaft der 1960er Jahre hatte sich im Vergleich zu den Gründerjahren der Republik erheblich verändert. So gaben bei der Bundestagswahl am 28. September 1969 in Eschenbach der CSU 62 Prozent der Wähler ihre Stimme. Die SPD kam auf 25 Prozent, die FDP auf 4 und die NPD auf 7 Prozent.

Mit Max Appl kam neuer Schwung in den CSU-Ortsverband. Der Leiter der Straßenmeisterei Eschenbach verdoppelte die Mitgliederzahl auf rund 80 Frauen und Männer. 1972 äußert knapp mit drei Stimmen dem Bürgermeisterkandidaten der Freien Wähler Hans Oberndorfer unterlegen, feierte 1978 Walter Ficker als alter und neuer Bürgermeister ein Comeback. 10 von 16 Stadträten gehörten der CSU-Fraktion an, die vom damals 32-jährigen Robert Dotzauer geführt wurde. Die gute Arbeit der CSU-Kommunalpolitiker bestätigte die Wählerschaft 1984 mit der Wiederwahl von Walter Ficker und einer satten CSU-Mehrheit im Stadtrat, heißt es in der Pressemitteilung weiter.

Blüte der Frauen-Union und Jungen Union

Nach diesem Wahlsieg trat Max Appl als CSU-Ortsvorsitzender ab. Verantwortung übernahm der neugewählte zweite Bürgermeister Robert Dotzauer. Der langjährige JU-Vorsitzende verstärkte das Mitgliederwerben und vermittelte bei vielen Entscheidungen eine bürgernahe CSU-Kommunalpolitik. In diese Zeit fällt auch die Blüte der Frauen-Union und der Jungen Union. Dies bestätigte sich auch 1990. Bei der Bürgermeister- und Stadtratswahl triumphierten CSU, JU und FU. Mit Dotzauer als neuen Bürgermeister stellte die CSU-Fraktion 10 von 16 Stadträten. Nach siebenjähriger Ortsvorsitzenden-Tätigkeit folgte 1991 der neue zweite Bürgermeister Peter Hübl als CSU-Ortsverbandschef.

„Tue der Stadt Bestes.“ Dieser Grundsatz prägte die Amtszeit von Bürgermeister Robert Dotzauer drei Wahlperioden von 1990 bis 2008. Danach regierte bis 2020 mit Peter Lehr erstmals ein SPD-Mann im Eschenbacher Rathaus. Diese sozialdemokratische Episode endete im April 2020. Bei der Kommunalwahl am 15. März 2020 wählten die Eschenbacher mit Marcus Gradl wieder einen CSU-Bürgermeisterkandidaten ins Rathaus.

Relativ kurz waren die Amtszeiten der CSU-Ortsvorsitzenden nach dem Rückzug von Peter Hübl. Für vier Jahre übernahm Hubert Schug Verantwortung als örtlicher CSU-Chef. Es folgten Matthias Renner und Wolfgang Denk. Seit 2014 führt Sabine Schultes die Partei. Auch nach 75 Jahren hat die CSU nichts von ihrer Leuchtkraft verloren, stellt die Medizinerin und Stadträtin fest. Sie ist die erste Frau an der Spitze des Ortsverbandes. Ihren persönlichen Rückblick auf 75 Jahre CSU in Eschenbach fasst sie in die Feststellung, wie es Antoine de Saint-Exupéry ausdrückt: „Unser Tun muss stets in Verantwortung münden, sie macht uns erst zu Menschen.“

Die CSU-Mitgliederehrung im Jubiläumsjahr 1985.
Mit einem Dickhäuter aus der Spielwarenfabrik Koch wünschte der damalige CSU-Ortsvorsitzender Robert Dotzauer Staatsminister Gustl Lang symbolisch eine dicke Haut.
Seit 2014 führt Stadträtin Sabine Schultes den CSU-Ortsverband.
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