Eschenbach
09.03.2025 - 12:24 Uhr

"Goldene Zwanziger" im Taubnschuster

In Eschenbach wird ein Sportverein gegründet und für die ersten Autos gibt es gleich drei Tankstellen. Der Heimatverein lässt mit seiner Ausstellung "Eschenbach vor 100 Jahren" im Museum Beim Taubnschuster eine bewegte Zeit lebendig werden.

Das Jahrzehnt, in dem Mahatma Gandhi seinen gewaltlosen Kampf beginnt, in Großbritannien Winston Churchill Finanzminister wird und in Chamonix die ersten Olympischen Winterspiele stattfinden, war auch für die kleine Stadt Eschenbach eine Zeit tiefgreifender Umwälzungen.

Mit seiner Ausstellung, die am Mittwoch, 12. März um 19 Uhr eröffnet wird, zeigt der Heimatverein alle Bereiche des Lebens auf dem Land in den 1920er Jahren, die von einer und politischen Zeitenwende, aber von weiten Bevölkerungskreisen auch zunehmend von einer konsum- und freizeitorientierten Massenkultur geprägt war.

Der Rundgang durch die reich bebilderte Ausstellung beginnt mit Informationen zur Lokalpolitik. Es konnten sogar Menschen ohne "Bürgerrecht" für den Stadtrat kandidieren, Frauen gingen gleichberechtigt zur Wahl und an einer Hauswand macht ein Metallschild darauf aufmerksam: "Wohnung des Bürgermeisters".

Inflation und Schulbänke

Unübersehbar ist das Thema Inflation: Über einen Kanonenofen flattern vielsagend Geldscheine mit vielen Nullen. Eine Lohnabrechnung von Karl Reiß (1901-1987) ergibt für Juli 1923 mit dem Hinweis "sofort nachzählen" den aus heutiger Sicht unvorstellbaren Betrag von 359 527 Mark. "Harte Bänke" geben Hinweise auf die damalige Schulzeit. Locken werden Sitzproben auf einer Zweierschulbank, wie sie bis in die 1950er Jahre üblich waren. Plakativ dargestellt sind die Anfänge der NSDAP. Zum "Starken Glauben" gehören auch Hinweise zum "Neubeginn Speinshart". Nach dem Ersten Weltkrieg wurden im neugeschaffenen Staat Tschechoslowakei im Lauf der Tschechisierung deutsche Klöster aufgelöst. Die Prämonstratenser in Tepl befürchteten das gleiche Schicksal und kauften dem Bayerischen Staat das säkularisierte Kloster Speinshart als neues Domizil ab.

Umstrittener Bubikopf

"Jung gefreit" befasst sich mit dem damaligen Heiraten, zu dem die Braut entgegen den bisherigen Gepflogenheiten nicht mehr in Schwarz, sondern in Weiß vor den Altar trat. Eine andere Modeerscheinung war die Bubikopf-Frisur, die damals große Wellen schlug und sogar zu Parolen führte wie: "Arisch ist der Zopf, jüdisch ist der Bubikopf". Eine Tänzerin im flotten Charleston-Kleid lenkt hier die Aufmerksamkeit auf sich.

Nicht fehlen darf der Rußweiher, der einen langgezogenen Holzbau mit Wechsel- und Jahreskabinen erhält, und auch als Fischlieferant einen hohen Stellenwert genießt. Sportfreunde werden daran erinnert, dass der heutige Sportclub 1923 als "Spielvereinigung" gegründet wurde und wegen der starken Turnerabteilung von 1930 bis 1935 den Namen "Turnverein" trug.

Explizit widmet sich die Ausstellung örtlichen Fachgeschäften, einem Kaufhaus und dem Handwerk, insbesondere den Automobilen. Nicht nur Nostalgiker werden Großaufnahmen von schmucken Autos, darunter das erste in Eschenbach und ein "Brennabor", faszinieren. Eine Widmung gilt Baptist Lunz, dem ersten örtlichen Führerscheininhaber.

Kinder dürfen an einer gutbestückten Puppenküche verweilen. Große Blechschilder dokumentieren die Werbung für Brauereien und Waschmittel. Eine Video-Station zeigt Interviews mit älteren Eschenbachern, die sich noch an Erzählungen ihrer Eltern und Großeltern erinnern.

Die Ausstellung in der Wassergasse ist vom 12. März bis 14. September jeweils sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Ab 26. September folgt die Kunstausstellung "Leo Schötz".

 
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