Eschenbach
01.02.2019 - 16:56 Uhr

Von Grenzen, Krieg und Unglück

Lesevergnügen für mehrere Abende ist garantiert: Die 41. Ausgabe von "Heimat Eschenbach" ist ausgeliefert. Darin geht es unter anderem um den berühmten Minnesänger Wolfram und die Geschichte von "Auswanderern" nach Eschenbach.

Die Gestalter von „Heimat Eschenbach 2018“: Karlheinz Keck (Dritter von rechts) stellt Bürgermeister Peter Lehr (links) und dem Kulturbeauftragten Matthias Haberberger (Dritter von links) Autoren und Inhalte der 41. Ausgabe der Publikation vor. Bild: rn
Die Gestalter von „Heimat Eschenbach 2018“: Karlheinz Keck (Dritter von rechts) stellt Bürgermeister Peter Lehr (links) und dem Kulturbeauftragten Matthias Haberberger (Dritter von links) Autoren und Inhalte der 41. Ausgabe der Publikation vor.

Auf 93 Seiten, illustriert mit 47 Bildern, bietet die Publikation einen Streifzug durch die Lokalgeschichte. Exemplare sind zum Preis von jeweils acht Euro in der Stadtapotheke, in der Buchhandlung Bodner in Pressath und im Museum "beim Taubnschuster" erhältlich. Dorthin hatte Schriftleiter Karlheinz Keck, der Vorsitzende des Heimatvereins, auch zur Vorstellung des Werkes geladen. Begleitet von Anmerkungen der Autoren erläuterte er die Inhalte der Beiträge. Die gesellige Runde von Fachleuten im Bereich Lokalhistorie war sich mit Keck einig, dass der Heimatverein mit seinen Publikationen gemeinsam mit wenigen weiteren Einrichtungen oberpfalzweit eine Vorzeigefunktion einnehme.

Bürgermeister Peter Lehr war überzeugt, dass "Heimat Eschenbach 41" ins Jubiläumsjahr des Heimatvereins passe und einen weiteren Mosaikstein zur Erforschung der Stadtgeschichte darstelle. "Macht weiter so. Die Bevölkerung dankt es Euch", forderte der Bürgermeister Autoren und Verantwortliche auf.

Zum Geburtsort des Minnesängers Wolfram von Eschenbach, dessen Namen sich das mittelfränkische Wolframs-Eschenbach 1917 einverleibt hat, unternimmt Johann Ott intensive Betrachtungen. Er stellt die 1819 auf dem Eschenbacher Kirchplatz abgebrochene Wolfgangskapelle und Wolframs Äußerung, er selbst sei ein Bayer, den Inhalten einer Doktorarbeit des mittelfränkischen Stadtkaplans vor 100 Jahren und der Tatsache gegenüber, dass Franken erst unter Napoleon zu Bayern kam. "Nix gwiß woas ma net", folgert Ott.

Zwischen Eschenbach und Höfen verlief einst die herrschaftliche Grenze zwischen dem Stift Speinshart sowie dem pfälzischen und ab 1628 dem bayerischen kurpfälzischen Gebiet. Kornelia Götz und Albert Furtner gehen dem Schicksal von vier Familien aus Tremmersdorf und Höfen nach, die sich als "Auswanderer" um Aufnahme und Bürgerrecht in Eschenbach bemühen und finanzielle, sächliche und handwerkliche Forderungen zu erfüllen hatten.

Einen "Wohltäter Eschenbachs" nennt Johann Ott den 1821 in Schwandorf geborenen Landrichter Christian Plasi. Er beschreibt dessen Berufsausbildung, die Versetzung nach Eschenbach sowie das Wirken als Oberamtsrichter zum Wohle der Feuerwehr und des Distriktkrankenhauses und als Gründer des Veteranen- und Kriegervereins.

Der Vorgeschichte des Kriegs von 1870/1871 geht Bernd Thurn nach. Er berichtet von neun Eschenbachern, die am deutsch-französischen Krieg teilgenommen haben, und widmet sich dessen patriotischen Folgen. Hermann Dietl stellt dazu Feldpostbriefe vor. Josef Püttner aus Schlammersdorf blickt auf ein tragisches Unglück zurück. Durch Berührung mit einer abgerissenen Starkstromleitung waren in Unterbibrach 1938 drei Menschenleben zu beklagen. Mit einer Fleißarbeit wartet Bernd Thurn auf. Seine "Zeittafel zur Eschenbacher Geschichte" geht vom 6. Jahrhundert bis zum Jahr 2018 und enthält knapp 400 Einträge. Gabriele Försters "Chronik des Heimatvereins 2018" lässt 32 Termine lebendig werden.

Auch der deutsch-französische Krieg 1870/1871 geht es in der 41. Ausgabeist Thema. Die Gedenktafel für den am 13. Oktober 1870 im Gefecht vor Paris gefallenen Josef Thurn hing bis 1946 in der Pfarrkirche. Auf Betreiben der Krieger- und Soldatenkameradschaft erhielt sie dann in der Friedhofskirche eine würdige Bleibe. Den acht Soldaten, die aus dem Krieg 1870/71 unversehrt zurückkamen, verlieh die Stadt eine Verdienstmedaille. Bild: rn
Auch der deutsch-französische Krieg 1870/1871 geht es in der 41. Ausgabeist Thema. Die Gedenktafel für den am 13. Oktober 1870 im Gefecht vor Paris gefallenen Josef Thurn hing bis 1946 in der Pfarrkirche. Auf Betreiben der Krieger- und Soldatenkameradschaft erhielt sie dann in der Friedhofskirche eine würdige Bleibe. Den acht Soldaten, die aus dem Krieg 1870/71 unversehrt zurückkamen, verlieh die Stadt eine Verdienstmedaille.
41. "Heimat":

Einst "Tafelrunde" in Eschenbach

Auf 18 Seiten beleuchtet Johann Ott das Vereinsleben in Eschenbach zwischen 1880 und 1950. Er beginnt mit den Geselligkeitsvereinen „Frohsinn“ (1880), „Concordia“ und „Gemütlichkeit“, dem Krieger- und Veteranenverein(1880) und der Feuerwehr (1868) und beschreibt deren Aktivitäten. In loser Aufzählung nennt Ott viele weitere ab 1883 entstandene Vereine: Bienenzuchtverein (1883), Fischereiverein, Eschenbacher Blaskapelle (1885), Verschönerungs-, Fremdenverkehrs- und Heimatverein (1885), "Leseverein Eschenbach“ (1890), Zeitungsleseverein, Gabelsberger Stenographenverein (1895), Zimmerstutzengesellschaft (1895), Unterstützungsverein für Invalide (1866), Leichenkassenverein (1888), Radler-Klub (1903), Zweigverein zur Unterstützung im Felde verwundeter und erkrankter Krieger (1904), Bezirksobstbaumverband (1904), Lokalobstbaumverein (1904), Kanzleiverein Eschenbach (1904) und Bürgerverein (1905).

Die Vereinsvielfalt war damit aber noch nicht erschöpft. Hinzu kommen unter anderem „Tischgesellschaft der Gehilfen“ (1911), Katholischer Burschenverein (1904), „Frauenverein vom Roten Kreuz“ (1904), „Eschenbacher Tafelrunde (1904), Liedertafel (1909) und als erste Gewerkschaft die „Forstarbeiterzahlstelle des christlichen Zentralverbandes der Hilfs- und Transportarbeiter Deutschlands“. Ott nennt viele Namen und Trefforte und räumt ein, dass der Erste Weltkrieg für viele Vereine das Ende bedeutet hat. Zu den später neu entstandenen zählt er „Gemeinnützige Baugenossenschaft“ (1921), Hansenverein (1923), Turnverein, jetzt SCE (1923), und Gewerbeverein (1930). Schließlich nennt der Autor auch nationalsozialistische Gruppierungen, schildert umfassend die Geschichte des "Frohsinn" und widmet sich Nachkriegsvereinen wie Frauenbund, Männerverein, Brieftaubenzüchter, Segelfliegergruppe, Deutscher Versehrtenbund (1950), Fremdenverkehrsverein und Sudetendeutsche Landsmannschaft (1950).

Doch damit sind die Beiträge Otts noch nicht erschöpft. Er befasst sich zum Einen mit dem 600-jährigen Stadtjubiläum „600 Jahre Stadt“ des Jahres 1958 und lässt des Weiteren Tanzgeschehen und -lokale in Eschenbach und Umgebung von 1950 bis 2000, aber auch die Gaststätten dieser Zeit mit der Jukebox lebendig werden. Nennt Ott seinen Beitrag „Von der Tanzkapelle zur Disco“, tituliert Karlheinz Keck seinen Nachruf auf den Maler und Musiker Raimund Schreml, der einst bei den Nürnberger Sinfonikern und an der Münchener Staatsoper spielte, „Vom Rock zur Klassik“.

 
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