Eschenbach
31.01.2020 - 12:09 Uhr

Knapp bemessen, aber vielfältig genutzt

Das Beste an der Arbeit sind die Pausen. An dieses scherzhafte Sprichwort angelehnt ist der Titel der neuen Ausstellung des Heimatvereins: „Nach der Arbeit – Die Freizeit unserer Großeltern“, ist sie überschrieben.

Mit der Geschichte der Freizeit befasst sich Karlheinz Keck (rechts), der Vorsitzende des Heimatvereins in einem Zeitraffer. Bild: rn
Mit der Geschichte der Freizeit befasst sich Karlheinz Keck (rechts), der Vorsitzende des Heimatvereins in einem Zeitraffer.

Die Eröffnung der Ausstellung, eine Zeitreise durch 100 Jahre, hatte viel Publikum in das Museum "Beim Taubnschuster" gelockt. Beim Betrachten der alten Fotos befassten sich die Besucher in einem ersten Schritt mit den Gesichtern der „Darsteller“. Bald fielen Bemerkungen wie „Das könnte doch …“ oder gar „Das ist doch…“.

Nach dem musikalischen Auftakt durch Ernst Bitterer merkte Karlheinz Keck an, dass Freizeit ein Begriff sei, der gewöhnlich mit modernen Lebensformen verbunden werde, in denen regelmäßige Arbeitszeiten und Phasen eines selbstbestimmten Zeitvertreibs sich abwechseln. Bei einem Blick in die Geschichte der Menschheit erkannte der Vorsitzende des Heimatvereins jedoch bereits im Altertum bei Griechen und Römern, dass nicht nur wohlhabende Bürger, sondern auch die Unterschicht - sogar Sklaven - arbeitsfreie Zeit hatten. Festtage und die Wochen der Olympischen Spiele summierten sich auf nahezu 60 Tage.

Mit der Sentenz „Wir arbeiten, um Muße zu haben“ erinnerte er an den Philosophen Aristoteles, den Erzieher Alexanders des Großen. Keck räumte jedoch ein, dass für das alte Griechenland die Regel gegolten habe, dass die Freizeit nicht zum individuellen Genuss da war, sondern für den Staat sinnvoll verbracht werden musste.

Er sprach von ähnlichen Prinzipien bei den Römern und leitete über zum Rechtsbegriff „frey zeit“ im Mittelalter, der Besucher von Märkten vor Gewalt und Übergriffen schützen sollte. Auch Karl Marx hielt Einzug in den Ausstellungssaal. Denn er sei es gewesen, der 1885 für den arbeitenden Menschen freie Zeit forderte, die „einen großen Wert für die Emanzipation des Menschen (…), für die Wiedergewinnung der Menschlichkeit aus der Entfremdung durch die damalige Arbeitswelt“ darstelle, berichtete der Redner.

Er zeichnete dann ein Bild der Gegenwart, als er die moderne Gesellschaft mit ihren verkürzten Tages- und Wochenarbeitszeiten, großzügig bemessenen Urlaubstagen und dadurch gestiegenen Aktivitäten in der arbeitsfreien Zeit beschrieb und von einer Freizeitgesellschaft sprach. Kritisch nahm der Vorsitzende des Heimatvereins Stellung zur Freizeitindustrie. Diese "kümmere" sich mit einem wachsenden Angebot für die Freizeitgestaltung und den inzwischen mehrmals jährlich fälligen Urlaub um die Ansprüche der Bürger, die in der Folge nicht selten unter einem absurden Freizeitstress stünden.

Als Gegensatz dazu diente ihm die sehr beschränkte freie Zeit, die den Menschen früher zur eigenen Verfügung stand. Alle Berufsgruppen konnten sich damals neben kurzen Abenden nur an Sonn- und Feiertagen ihren persönlichen Neigungen, ihrer Familie oder Freunden widmen, erklärte er. „Dass diese knapp bemessene Freizeit in der Generation unserer Großeltern dennoch vielfältig genutzt wurde, wird in dieser Ausstellung am Beispiel der Eschenbacher Verhältnisse beleuchtet“, sagte er mit Blick auf die mit viel Text unterlegten Bildwände.

Die jüngste Statistik über die Bevölkerungsentwicklung im Landkreis nahm Bürgermeister Peter Lehr zum Anlass, in seinem Grußwort über die Spitzenstellung Eschenbachs nachzudenken. Neben dem großen und auch anspruchsvollen Angebot an Arbeitsplätzen wertete er das vielseitige kulturelle Leben, das der Heimatverein maßgebend mitpräge, als interessant für Zuzügler. Im Erwerb des "Taubnschuster"-Anwesens und in dessen Sanierung sah er die „einzig richtige Entscheidung der Stadt“ und im Kulturpreis der Oberpfalz den „krönenden Höhepunkt“ der Würdigung der Leistungen des Vereins. Bei Zoigl und Wein verinnerlichten ausgedehnte Gesprächsrunden vor den Bildwänden, begleitet von musikalischen Nostalgieklängen, dargeboten von Ernst Bitterer, die Ausführungen der beiden Sprecher.

Vor Jahrzehnten ein gewohntes Bild am Marienplatz: Der "Aign-Maxn-Sepp" (links) und der "Boderweber-Bist" treffen sich zum Plaudern. Repro: rn
Vor Jahrzehnten ein gewohntes Bild am Marienplatz: Der "Aign-Maxn-Sepp" (links) und der "Boderweber-Bist" treffen sich zum Plaudern.
In der Pressather Straße stellen sich die Teilnehmer und Wagen zum Festzug anlässlich des Heimatfests 1930 auf. Repro: rn
In der Pressather Straße stellen sich die Teilnehmer und Wagen zum Festzug anlässlich des Heimatfests 1930 auf.
Einfallsreich kostümiert präsentieren sich die Laienschauspieler in den 1920er Jahren. Repro: rn
Einfallsreich kostümiert präsentieren sich die Laienschauspieler in den 1920er Jahren.
 
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