Die Marterln sind oft mit Inschriften zum Anlass ihrer Errichtung versehen. Manche der älteren Gedenksteine tragen nur Initialen oder eingemeißelte Jahreszahlen. Viele der Kreuze sind im Laufe der Zeit verschwunden, bei Straßenneubauten oder -sanierungen wurde oft einfach vergessen, sie wieder aufzustellen.
In Vergessenheit geraten schien auch ein Bildstock, der unweit des „Hexenhäusls“ am Rande eines Waldstücks in Richtung Schlammersdorf steht. Bei einem Treffen des Katholischen Männervereins vor knapp 20 Jahren hatte dann Hans Wöhrl, der im vergangenen Jahr verstorbene langjährige Stadtförster von Eschenbach, vorgeschlagen, der Verein könne sich doch um das vielen unbekannte Marterl kümmern. Der Vorschlag stieß auf offene Ohren, wurde einstimmig angenommen.
Es war am Samstag, 25. Mai 2002, als der damalige Vorsitzende des Männervereins, Anton Denk, sowie die Vorstandsmitglieder Arnold Mirwald und Ludwig Schreml, bewaffnet mit Baumschere, Sense, Rechen und Schaufel, zusammen mit Hans Wöhrl den Weg zu dem Marterl antraten. Dort angekommen, hatten sie den Eindruck von einem "Dornröschenschloss“, so wenig war vom Bildstock zu sehen. Es dauerte Stunden, ehe sie das Umfeld des Marterls von meterhohem Gestrüpp befreit und Gras gemäht hatten, damit der Gedenkstein richtig zu sehen war. Hans Wöhrl entfernte dazu, assistiert von Arnold Mirwald, zudem einige überhängende Äste der Bäume.
Beim „Feinputz“ des schlanken Marterls kamen die Buchstaben „J. A. Sch.“ zum Vorschein. Wie Hans Wöhrl berichtete, befand sich dieses Waldstück früher im Besitz der Gemeinde Tremmersdorf und wurde in den 1920er Jahren von Johann Schmidt (Gerber) erworben, der von 1924 bis 1933 Bürgermeister der Stadt Eschenbach war. Er vermachte den Wald seiner Tochter Sophie Schraml. Wie die Erkundigungen Wöhrls bei Enkel Max Schmidt ergaben, handelt es sich bei den Initialen am Gedenkstein um die Anfangsbuchstaben von Namen: Johann und Anna Schmidt ließen einst dn Gedenkstein errichten.
Ruchlose Tat eines Uniformträgers
Hans Wöhrl, 1927 geboren, war Stadtförster und Schwammerl-Experte und konnte, wenn es sich ergab, auch gehörig „Jägerlatein“ auftischen. Davon soll hier jedoch nicht die Rede sein, ganz im Gegenteil. Wöhrl erinnerte seine Freunde einmal auch an ein unseliges Kapitel „Zeitgeschichte“ aus seiner Jugend, das sich an dem Gedenkstein abgespielt hat.
Im Kriegswinter 1942/43 war in Haar bei Schlammersdorf ein polnischer Kriegsgefangener in geistiger Verwirrung ver-mutlich aus Heimweh entflohen und wurde daraufhin polizeilich gesucht. Ein in Eschenbach stationierter Polizist entdeckte den Mann, als dieser betend vor dem Marterl kniete, und erschoss ihn von hinten.
Der Tote wurde auf einem Schlitten nach Eschenbach ins Leichenhaus gebracht. Er habe ihn dort selbst in einer blutigen Decke liegen sehen, erzählte Hans Wöhrl. Auf Anordnung „von ganz oben“ musste der Totengräber den Polen ohne jegliches priesterliches Ritual an der Mauer hinter der Friedhofskirche beerdigen.
Das Verbrechen des Mörders in Uniform sei zwar ungesühnt geblieben, aber den Zweiten Weltkrieg habe er nicht überlebt, wie Wöhrl wusste. Beim Vormarsch der Amerikaner traf ihn ein Granatsplitter am Hals und verletzte ihn tödlich. Eine Frau aus der Nähe pflegt seit seiner Freilegung durch den Männerverein den Gedenkstein der Eschenbacher Familie, an dem einst ein Polizeibeamter zum Mörder geworden ist.














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