Eschenbach
04.07.2019 - 14:02 Uhr

"Widerwärtige Winkelzüge"

Klartext statt blumiger Worte: Beim "Sommergespräch" des Ortsverbandes Eschenbach mit CSU-Generalsekretär Markus Blume stehen außer dem Blick auf Europa allerdings noch weitere heiße Themen im Fokus des politischen Dämmerschoppens.

Im einzigartigen Ambiente des Biergartens vor dem Rußweiher-Hotel interessieren sich circa 100 Besucher für die Botschaften des CSU-Generalsekretärs. Bild: do
Im einzigartigen Ambiente des Biergartens vor dem Rußweiher-Hotel interessieren sich circa 100 Besucher für die Botschaften des CSU-Generalsekretärs.
Der eher feinsinnige "CSU-General" Makus Blume kann auch klare Kante zeigen. Die aktuelle Europa-Personalie verurteilte er als "widerwärtigen Winkelzug". Bild: do
Der eher feinsinnige "CSU-General" Makus Blume kann auch klare Kante zeigen. Die aktuelle Europa-Personalie verurteilte er als "widerwärtigen Winkelzug".

Als leiser Stratege erwies sich am Mittwochabend CSU-Generalsekretär Markus Blume. Poltern ist nicht sein Ding, wie sich beim Sommergespräch der Eschenbacher CSU zeigte, das als regionaler Dämmerschoppen in der idyllischen Biergarten-Atmosphäre des Rußweiherhotels Rodler schon zu den Traditionsveranstaltungen der CSU gehört. Die circa 100 Besucher - unter ihnen Landrat Andreas Meier sowie zahlreiche Bürgermeister, Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte - erlebten einen "Anti-Wadlbeißer".

Balance zu halten hat Blume schon als Kind gelernt – beim Eistanzen. Seine Sportlerkarriere führt hinauf bis zum Gewinn des bayerischen Meistertitels. Doch zwischen dem Eistanz und der CSU liegen Welten. Am Mittwochabend musste Markus Blume klare Kante zeigen: Die Meldungen über das europäische Personalkarussell beunruhigten das Volk. Die Debatte um die Besetzung des Kommissionspräsidenten reichte bis in den Rußweiher-Biergarten.

Der „hochkarätige Fisch, den die Eschenbacher CSU an Land gezogen hat“, wie Ortsvorsitzende Dr. Sabine Schultes sich freute, kam nicht umhin, „am schönsten Ort Bayerns“ einen Abgesang auf Europa anzustimmen. Blume sprach von "widerwärtigen Winkelzügen", die Manfred Weber an der Spitze der EU verhindert hätten. „Wer Französisch spricht, ist noch lange nicht ein guter Europäer“, sagt er mit Blick auf den französischen Präsidenten, dem er ein Höchstmaß an Doppelzüngigkeit unterstellte. Dann schwenkte der CSU-Mann auf die politische Linie seines Chefs ein. Blume zitierte Markus Söder, als er bei aller Enttäuschung über die Personalie Weber von deutscher Verantwortung sprach. Das bedeute, die Chance zu nutzen, Ursula von der Leyen in Position zu bringen. Europa mit Manfred Weber demokratischer zu machen, bleibe dennoch die Mission der CSU.

Auf die Europapolitik folgte Weltpolitisches. „Die Welt um uns dreht sich weiter“ erinnerte Markus Blume an die aggressive chinesische Einflussnahme auf allen Kontinenten. Während man sich in Europa mit sich selbst beschäftige, komme das sogenannte Seidenstraßen-Projekt der Chinesen mit aller Raffinesse und Brutalität voran.

Auf nationaler Ebene verwies der Landespolitiker auf sich rasch verändernde Verhaltensmuster weiter Bevölkerungskreise. Die frühere Existenzangst werde vom Thema "Klimaschutz" abgelöst. Blume mahnt ein diesem Zusammenhang mehr Ehrlichkeit an und verurteilte die Doppelmoral selbsternannter Klimaschützer. „Wenn wir Klimaschutz ernst meinen, dann muss jeder seinen eigenen ausbalancierten Beitrag leisten“, betonte der Redner.

Weitere Themen des Abends waren die Folgen der wirtschaftlichen Veränderungen im Lande und die Fundamente einer Wertegemeinschaft. Blume erinnerte an die gewaltigen technologischen und wirtschaftlichen Veränderungskräfte: „Die Welt von morgen schaut ganz anders aus.“ Bayern schaffe auf dem Fundament christlich-abendländischer Kultur alle Zukunftsvoraussetzungen.

Am Beispiel des massiven Strukturwandels im Landkreis verwies Landrat Andreas Meier auf die mutigen Investitionen auf Kreisebene. Dennoch ist der Landkreischef in Sorge: „Eine technologiefeindliche Gesellschaft der Bedenkenträger verschläft Innovationen.“ Der Wohlstand im Lande sei kein Selbstverständnis. Die lebendige Diskussion wurde vom aktuellen tagespolitischen Geschehen bestimmt. Immer wieder klang die Enttäuschung über die Winkelzüge europäischer Personalpolitik durch.

Groß ist aber auch die Zukunftsangst der Landwirte. „Wir sind eine aussterbende Rasse“, sagte Reinhard Wiesent. Der Land- und Forstwirt schilderte sein praktisches Umweltbewusstsein. „Diese Arbeit wird mit Volksentscheiden und Gesetzesinitiativen einfach vom Tisch gewischt“, beklagte er und forderte, mehr Augenmerk auf das Schicksal der Landwirtschaft zu legen.

Weitere Diskussionsthemen waren die Versorgungssicherheit im Energiebereich, die Begleitgesetzgebung zum Volksentscheid „Rettet die Bienen“ und das deutsche Bürokratiemonster. Aus der Erfahrung im Gesundheitsbereich berichtete Hubert Schug: „Wir kommen nicht mehr zum Arbeiten; 70 Prozent sind Controlling und Verwaltungskram.“ Angesprochen wurden zudem die Netzwerk-Hürden in und die Mobbing-Berichte aus Schulen sowie der Dieselskandal.

Die Vielfalt der Wortmeldungen überraschte auch den Generalsekretär. Markus Blume versprach bei seinen Antworten in Einzelfällen Abklärung. Besonders der überbordende Bürokratismus ist ihm ein Übel: „Wir sind Weltmeister für das Verkomplizieren von Dingen und Standards.“ Diese Entwicklung gehe allerdings auch mit der Erwartungshaltung einher, alle Lebensrisiken vom Bürger fernzuhalten.

 
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