Bayerns ältester Kommunbraumeister (94) kommt aus Eslarn

Eslarn
23.02.2022 - 15:58 Uhr
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Er hat seit über 70 Jahren einen der wohl wichtigsten Posten in Eslarn. Und auch jetzt steht der 94-jährige Georg Zierer nach wie vor die ganze Woche am Braukessel.

Seit mittlerweile 500 Jahren wird in Eslarn Bier gebraut. Ganz so lange ist Georg Zierer zwar noch nicht dabei, aber immerhin stellt er schon seit 71 Jahren Sude für den hiesigen Gerstensaft her. Der 94-Jährige ist damit Bayerns ältester Kommunbraumeister. Dieses Ehrenamt hatte ihm der Marktrat am 10. Januar 1951 übertragen. Wahrlich ein König der Biere – wobei: Nachdem Zoigl in der Gemeinde schlicht und einfach "Kommune" heißt, wäre wohl "König der Kommune" die korrektere Bezeichnung. Wie auch immer, Sohn Georg Zierer junior bringt es auf den Punkt: "Es ist einer der wichtigsten Posten in Eslarn."

Bier und Brauen gehört bei den Zierers Teil zur Familiengeschichte. Als Sohn des Gastwirte-Ehepaars Fritz und Elisabeth Zierer wurde Georg Zierer senior am 31. August 1927 geboren. Sein späterer Beruf beziehungsweise seine Berufung war also quasi in der Muttermilch enthalten. Seine Großeltern hatten 1874 in Eslarn die Brauerei Bauriedl gegründet, mit 14 ging Zierer dort dann auch in die Lehre. Kurz darauf musste er jedoch als Soldat in den Zweiten Weltkrieg ziehen und geriet in Gefangenschaft. Nach der Rückkehr 1948 ging er ein Jahr später zur Spitalbrauerei nach Regensburg, um eine Lehre zum Mälzer und Brauer zu machen. Die schulische Ausbildung erfolgte in Straubing. "Eine Berufsschule gab es damals nicht", erinnert sich Zierer.

Bisher über 7,3 Millionen Liter Bier

Mit der erfolgreich absolvierten Gesellenprüfung in der Tasche kam Zierer nach Eslarn zurück, wo er bis zum Ruhestand 1990 bei der Brauerei Bauriedl arbeitete. Ab 1951 machte er auch regelmäßig "Urlaub im Kommunbrauhaus", denn mit einer Stimme Mehrheit hatte ihn der Gemeinderat zum Nachfolger von Kommunbraumeister Georg Schlaffer gewählt. "Jede Woche habe ich da noch fünf bis sechs Sude gemacht", sagt Zierer. Gebraut wurde und wird jedes Jahr im Frühjahr und im Herbst, weil es keine Möglichkeit zur Kühlung gibt. Pro Jahr entstehen jetzt im Schnitt 30 Sude, im ersten Jahr der Coronapandemie waren es drei Sude weniger. Ein Sud ergibt 3500 Liter Bier. Dafür benötigt Zierer 600 bis 700 Kilogramm Malz. In den sieben Jahrzehnten hat Zierer also rund 2100 Sude hergestellt, rechnet Sohn Georg vor. Insgesamt sind das über 7,3 Millionen Liter Bier.

Immer weniger Zoiglwirte

Einfach war es zunächst allerdings nicht. Im Brauhaus musste "vieles in Ordnung gebracht und saubergemacht werden", blickt der 94-Jährige zurück. Das Bier wurde in den ersten Jahren noch mit Rinder- oder Pferdefuhrwerken durch den Ort transportiert. Auch die Zoigltradition hat Zierer von Anfang an mitbekommen. 1946 und noch viele weitere Jahre gab es in Eslarn 15 Zoiglwirte. Nach und nach hörten aber immer mehr auf, 1963 machten die letzten vier zu. Danach stellte Zierer Sude nur noch für die Hausbrauer her, die dafür Kesselgeld zahlten.

Das ist auch heute noch so, mittlerweile sind es in Eslarn, Moosbach, Schönsee und Waidhaus rund 90 Hausbrauer. So viele wie nirgends sonst. Und seit 1996 gibt es wieder zwei Zoiglstuben. In Spitzenzeiten kamen aus dem Brauhaus 1100 Hektoliter Bier im Jahr, momentan sind es circa 900. Es gibt drei Sorten: helle und dunkle "Kommune" sowie Rebhuhnzoigl. Zierer muss jedes Mal die genaue Menge im Hauptzollamt in Regensburg anmelden. Er tut das noch auf ganz herkömmliche Weise auf Papier – "und in altdeutscher Schrift", schmunzelt sein Sohn. Doch der Sachbearbeiter kennt das mittlerweile.

Sudrezept bleibt Geheimnis

Bis 1972 hat Georg Zierer senior aus der Braugerste, die ihm Landwirte aus der Umgebung lieferten, sogar das Malz noch selbst hergestellt. Die frühere Malztenne ist heute das Museum "Biererlebnis Kommunbrauhaus". Weil das Getreide aber oft verschmutzt war oder zu viel Wintergerste enthielt, war der Aufwand letztendlich einfach zu groß. "Die Qualität hat für perfektes Bier nicht gereicht." Ein zu hoher Anteil an Wintergerste hat unter anderem Einfluss auf die Hefe, "dann stimmt die Gärung nicht", erklärt der Experte. Das Malz für die "Kommune" kam danach lange von der Brauerei Bauriedl, nun stammt es aus einem Betrieb zwischen Regensburg und Straubing. Für den Rebhuhnzoigl liefert eine Mälzerei aus Zirndorf. Was Zierers Sud so besonders macht? Das bleibt sein Geheimnis, das er auf keinen Fall verrät.

Längst machen auch Zierers Söhne Hans (56) und Georg (51) mit, bescheiden bezeichnen sie sich als "Braugehilfen". Brautage sind Dienstag/Mittwoch oder Mittwoch/Donnerstag und Freitag/Samstag. Aber der Senior "ist immer noch die ganze Woche im Brauhaus", denn es gibt ständig etwas zu tun. Zum Beispiel auf dem Malzboden etwas in Ordnung bringen. Oder Sudpfanne und Warmwasserkessel mit Holz und Kohle heizen. Pro Sud sind das drei Ster Holz und 200 bis 300 Kilogramm Kohle. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern, und die Reinigung ist für Kaminkehrer ein echter Knochenjob. "Dafür kriegen sie dann aber auch immer etwas zu trinken", lacht Georg Zierer junior.

Nachfolge steht nicht fest

Sein Vater will "weitermachen, so lange es geht; wenn ich die Treppe noch raufsteigen kann, dann geht's – wenn nicht, dann muss ich aufhören", gesteht er. Momentan geht es aber noch ganz gut, wie der 94-Jährige bei den vielen steilen Treppen im Sudhaus und hinauf zum Malzboden beweist. Außerdem steht die Nachfolge sowieso noch nicht fest. Aber falls es einmal so weit sein sollte, muss der Marktrat entscheiden. Sohn Georg wäre wohl ein geeigneter Kandidat, wiegelt aber ab. Er arbeitet bei Kennametal und weiß: "So nebenbei ist das nicht zu machen. Das ist ein Vollzeitjob." Denn für einen Sud verbringt sein Vater immerhin 40 Stunden im Brauhaus.

Eine Arbeit, die inzwischen auch Bayerns Bierkönigin Sarah Jäger zu schätzen weiß. Kürzlich war sie Gast in Eslarn und schwer beeindruckt, mit welcher handwerklichen Leidenschaft Georg Zierer senior die "Kommune" herstellt. Deshalb war es für sie auch keine Frage, die Einladung zum „Tag des Bieres“ am 23. April anzunehmen und das 500-jährige Bestehen der Eslarner Brautradition mitzufeiern.

Hintergrund:

Zur Person: Georg Zierer

  • am 31. August 1927 in Eslarn geboren
  • Besuch der Schule in Eslarn
  • im Alter von 14 Jahren Beginn der Lehre bei der Brauerei Bauriedl in Eslarn
  • 1948 Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft
  • ab 1949 Ausbildung zum Mälzer und Brauer in Regensburg, Abschluss mit Gesellenprüfung
  • bis zur Rente 1990 bei Brauerei Bauriedl beschäftigt
  • seit 10. Januar 1951 ehrenamtlicher Kommunbraumeister in Eslarn

"Wenn ich die Treppe noch raufsteigen kann, dann geht's – wenn nicht, dann muss ich aufhören."

Kommunbraumeister Georg Zierer (94) will weitermachen, so lange es geht

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