Konzert in der Asphaltkapelle Etsdorf: Musik aus dem Glas mit Herz

Etsdorf bei Freudenberg
01.07.2019 - 18:55 Uhr

Heike Lepke und Heike Herzog geben in der Asphaltkapelle in Etsdorf ein Konzert auf Wassergläsern. Und spenden die Eintrittsgelder spontan für Menschen, die Probleme mit Wasser haben.

Heike Herzog (links) und Heike Lepke beim Konzert „1:12“ am Sonntag in der Asphaltkapelle in Etsdorf. Die beiden musizieren auf ganz normalen Trinkgläsern. „Der Mond ist aufgegangen“ erklingt da ebenso zart wie der Hochzeitsmarsch, der einst Lady Diana zum Altar begleitete.

Die Konzertreihe 1:12 in der Asphaltkapelle in Etsdorf ist bekannt dafür, dass sie außergewöhnliche Programme, Instrumente und Künstler präsentiert. 1:12 heißt sie, weil in der kleinen Kapelle neben den Musikern nur zwölf Zuhörer Platz haben. Heute spielen Heike Lepke und Heike Herzog alias "Zitrone 17" für das exklusive Auditorium.

Die Namenswahl erklärt Heike Herzog so: "Weil Zitrone für uns das Wort war, das ein bissl unserem Klang nahe kommt - und 17, weil wir 2017 so richtig angefangen haben." 2016, um die Weihnachtszeit herum, haben die beiden diese Musik einfach so ausprobiert. "Das hat so Spaß gemacht und so schön geklungen, dass wir dann weitergemacht haben."

Aus Mamas Küchenschrank

Für ein paar Schweißperlen entschädigt die Zuhörer in Etsdorf heute ein ganz erstaunliches Konzert: Heike & Heike musizieren auf einer großen Ansammlung von Trinkgläsern, die sie vor drei Jahren aus dem Küchenschrank von Heike Lepkes Mutter geholt haben. "Auf den Gläsern spielen wir heute noch", verrät Herzog lachend. Eine Glasharfe gäbe es zwar auch als professionelles Instrument, mit gleich großen Gläsern, die ihren Ton durch den speziellen Schliff bekommen. Heike & Heike nehmen aber lieber ihre vogelwilde Sammlung aus unterschiedlich großen Stiel-Gläsern, vom kleinen Cognac-Schwenker bis zum großen Weinglas. Die bekommen ihren Ton durch unterschiedliche Mengen von Wasser, das die Musikerinnen per Spritze einfüllen. Eine Eselsbrücke hilft, wenn sie wieder mal nicht wissen, ob noch Wasser dazu oder raus muss: "Me(e/h)r-Wasser ist tiefer."

Das anfängliche Stimmen der Gläser wird heute nicht reichen. "Bei der Hitze muss man nachstimmen: Es verdunstet einfach Wasser aus dem Glas" - auch während des Konzerts, erklärt Herzog. Und über die Glasränder gewischt werden muss zwischendurch auch immer mal. Denn Hautfett am Finger ist der größte Feind der Glasmusik. Hände eintauchen in Spüli und Zitrone hilft aber.

Klänge für Ohr und Herz

Dann legen die beiden los. Mucksmäuschenstill ist es, während sie die nassen Fingerspitzen über die Gläser gleiten lassen und damit ätherische Töne in den schwarzen kleinen Raum mit seiner ganz eigenen Akustik zaubern. Die Melodien gleiten sanft durch den Raum und erreichen nicht nur die Ohren, sondern auch die Herzen der Zuhörer. Das gilt besonders, als Heike Herzog vom Stück "Streets of Laredo" einen Bogen aus Laredo/Texas zum Mittelmeer schlägt. Im US-Bundesstaat helfe ein Anwalt Menschen aus Lateinamerika, die illegal über die Grenze in die USA kommen, erzählt sie. Im Mittelmeer habe das Team des Rettungsschiffs Seewatch 3 versucht, Flüchtlinge aus Libyen an Land zu bringen - wofür die Kapitänin seit Samstag inhaftiert ist. "Wir würden unser Eintrittsgeld gerne für diese Organisation spenden", sagt Herzog - auch wenn es beim "Konzert für zwölf" und zwölf Euro Eintritt nicht viel ist.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.