Fensterbach
12.05.2024 - 10:53 Uhr

Mittelalter hält für drei Tage Einzug in Fensterbach

Wenn das Mittelalter feiert, gibt's für die Mitwirkenden keinen Applaus. "Jubel", lautet dann die Parole. In Fensterbach auf einer Wiese gleich neben dem Rathaus wurde drei Tage lang gejubelt.

Sie kamen aus allen Teilen Deutschlands, bauten ein Lager auf und ließen Gäste an ihrem Hobby teilhaben. Diese Leidenschaft hat nichts mit dem Pomp früherer Prinz-Eisenherz-Filme zu tun, sie orientiert sich auch nicht an den Rittern der Tafelrunde, Sir Lancelot oder Figuren wie dem einstigen Comic-Helden Sigurd. "Wer sich mit der Geschichte der damaligen Zeit beschäftigt, kommt nicht mehr davon los", hat Alexander Schmid aus Freihung (Kreis Amberg-Sulzbach) gesagt. Schmid zählte zu den Organisatoren des über viele Monate hinweg vorbereiteten "Mittelalterlagers zu Fensterbach."

Drei Tage lang konnte eingetaucht werden in eine Welt, von der es in so manchem Geschichtsbuch nur eine eher oberflächliche Beschreibung gibt. Von daher war wichtig, was noch vor dem Start auf dem Lagergelände passierte. 170 Schulkinder wurden per Omnibus gebracht und bekamen Eindrücke davon vermittelt, was passionierte Mittelalter-Freunde in ihrer Freizeit tun. Dabei schälte sich heraus: Jeder Einzelne aus den 18 auf den Lagerplatz nach Wolfring gekommenen Gruppen ist mitunter schon seit Jahrzehnten damit beschäftigt, sich mit Brauchtum, Gepflogenheiten und Lebensumständen einer Ära auseinander zu setzen, die zwischen 450 und 1470 nach Christus stattfand. Jede Vereinigung hat dabei ihr Interesse auf mitunter sehr regionsbezogene Abläufe gerichtet. So wie die Hrafninn-Sippe, zu der Alexander Schmid gehört. Sie identifiziert sich mit mittelalterlichem Leben in Skandinavien.

Als der Trubel begann, befand sich der Fensterbacher Bürgermeister Christian Ziegler gewissermaßen auf der Schlussetappe einer langen Organisationstour. Mit passendem Gewand ging er durch die Zeltstadt, geriet gleich am ersten Abend zum Zeugen eines durch den Auftritt von Spielleuten bereicherten Gelages und wurde von den aus Vilseck gekommenen Mitgliedern des Vereins "Ritter von der Zarg" mit der Handhabung eines Bihänder-Schwerts vertraut gemacht. Bei seinem Rundgang erfuhr der Bürgermeister auch, dass dieses Hobby "Mittelalter" keineswegs zu den finanziell günstigen zählt: Helme mit Kosten bis 4000 Euro, teure Utensilien aus der professionellen Waffenschmiede und Bekleidung, die meist aus den Werkstätten von Gewandschneidern stammt.

Großer Andrang auf dem Lagerplatz

An den drei vom fast schon sommerlich warmen Wetter begleiteten Tagen herrschte Andrang auf dem Lagerplatz. "Wir wollen hier ein Fest mit familienfreundlichen Preisen machen", hatte Christian Ziegler schon im Vorfeld gesagt und die Entschlossenheit der privaten Interessengemeinschaft "Mittelalterlager" beschrieben, "dass wir den Leuten nicht tief in die Tasche langen wollen." Wer fünf Euro Eintritt bezahlte, bekam ein Programm geboten, bei dem sich Höhepunkte fast schon im Stundentakt abwechselten.

Auf dem Turnierplatz preschten Pferde mit angelegten Schabracken daher. Ritter und ihre Gefolgsleute duellierten sich bei einer Feldschlacht, die sich vor den Augen eines unter Baldachinen sitzenden Grafenpaars vollzog. "Jubel!", wurde dem Volk von dem sein Metier glänzend verstehenden Moderator Alexander Schmid empfohlen. Gejubelt werden durfte auch, als Kinder die Chance erhielten, gegen eine Phalanx der Kettenhemden- und Schwertträger anzutreten. "Die Welt gehört in Kinderhände", hatte Grönemeyer früher einmal gesungen. So war es auch diesmal: Das bärtige Geschwader sank zu Boden, es hatte keine Chance gegen die anstürmende Nachwuchshorde.

Auf dem Gelände gab es überraschende Zufallsbegegnungen. Zum Beispiel mit denen, die im Zuber badeten oder freundlich vor ihrem Zeit einluden: "Kommet herein." Der Weg kreuzte sich mit einem von weiter her angereisten Paar, das gefiederte Begleiter dabei hatte: Ein Uhu namens "Klaus" und ein ebenfalls handzahmer Bussard, der sich später von einem in die Erde gerammten Metallbogen aus ein Spektakel ansah, das man so vorher in Fensterbach noch nicht gesehen hatte.

Eindrucksvolle Feuershow

Als die Sichel eines silbrigen Mondes vom wolkenlosen Himmel durch die Baumäste schien, begann eine nahezu einstündige Feuershow mit brennenden Fackeln, Lanzen, Peitschen und zum Schluss einem leuchtenden Spiralnebel aus Tausenden einzelner Flammenperlen. Noch immer brodelte zu dieser Nachtzeit wohl riechender Eintopf in den Kesseln über dem Lagerfeuer. Und gerne wurde die Einladung angenommen, aus dem Trinkhorn mit einem Schluck Met den Tag zu beenden.

So rundete sich ein Wochenende, zu dem auch viele Händler beitrugen. Machen sie es wieder, die Organisatoren um Christian Ziegler? "Man wird sehen", lautete die Auskunft. Für eine Neuauflage spricht vieles: Begeisterung bei den Besuchern und Zufriedenheit bei über 400 Mittelalter-Anhängern, die in ihrem Besuch solcher Veranstaltungen die Aufgabe sehen, Wissen weiterzugeben.

 
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