Fichtelberg
27.07.2023 - 12:07 Uhr

Bäume zählen für die Nachhaltigkeit: Inventur im Forstbetrieb Fichtelberg

Auf den Staatswaldflächen des Forstbetriebs Fichtelberg im westlichen und südlichen Teil des Fichtelgebirges stand eine Inventur der Waldbestände an. Sie ist eine wichtige Planungsgrundlage für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Waldes.

Schwer bepackt mit allerlei Werkzeug stapft Forstwirt Thomas Daubner durch den Wald oberhalb des Silbereisenbergwerks bei Fichtelberg. In einer Hand schwingt er ein leuchtend gelbes Instrument vor sich über den Boden, das pfeifende Geräusche von sich gibt. Mit der anderen Hand bedient er einen Tablet-Computer mit einer Karte am Display. Auf den ersten Blick ähnelt er einem modernen Schatzsucher, der mit Metallsuchgerät nach versteckten Kostbarkeiten sucht.

Thomas Daubner sucht tatsächlich –allerdings nicht nach Edelmetall oder historischen Fundstücken. Vielmehr lässt er sich mit Hilfe des Suchgerätes und eines Satelliten-Navigationssystems zu einem vor vielen Jahren im Boden vergrabenen Magneten führen. Dieser Magnet markiert einen von knapp 3700 Inventurpunkten im Bereich des Forstbetriebs Fichtelberg, in dessen Umgebung alle zehn Jahre der Wald präzise vermessen wird, heißt es in einer Pressemitteilung des Forstbetriebs.

In einem festgelegten Umkreis um den Magneten erfasst Daubner die einzelnen Bäume, vermisst mit einer Messkluppe den Durchmesser, erfasst mit einem optischen Gerät die Höhe. Daneben vermerkt er auch Schäden am Baumbestand, untersucht junge Bäumchen auf Verbiss-Spuren. Auch für den Naturschutz wichtige Daten wie Biotopbäume mit Spechthöhlen, Totholz oder besonders alte, schützenswerte Waldbestände notiert er.

"Harte Fakten"

Und wozu der ganze Aufwand? „Nachhaltige Forstwirtschaft beruht auf harten Fakten. Wie viel Holz wächst jährlich nach? Und wie viel davon kann genutzt werden? Denn das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Forstwirtschaft gibt vor, dass nicht mehr geerntet werden darf als im gleichen Zeitraum nachwächst", wird Ludwig Arnold, Inventurleiter bei den Bayerischen Staatsforsten, in der Mitteilung zitiert. So sei sichergestellt, dass der Wald erhalten bleibt und nicht weniger wird. "Die Datengrundlage dafür liefern wir mit unserer Waldinventur, die turnusmäßig alle zehn Jahre in den Staatswäldern erfolgt.“

Zum Vergleich werden Daten der vergangenen Aufnahmen vor zehn Jahren herangezogen, die an den exakt gleichen Punkten gemacht wurden. Aus den Unterschieden zwischen den Aufnahmen lassen sich die Veränderungen im Wald mit großer Genauigkeit ableiten, zum Beispiel der Zuwachs, der Holzvorrat oder die Veränderung der Baumartenzusammensetzung.

Die letzten Aufnahmen hätten ergeben, dass im Bereich des Forstbetriebs Fichtelberg etwa 150 Millionen Bäume stehen – vom 400 Jahre alten Baumgiganten bis zum 20 Zentimeter großen Sämling – die kleineren Pflanzen gar nicht mitgerechnet. Die könne man nicht alle einzeln vermessen. Aus den Stichprobenaufnahmen könnten aber die Ergebnisse für die gesamte Fläche des Forstbetriebs sehr genau hochgerechnet werden.

Büro im Wald

Daubner hat alle Bäume am Stichprobenpunkt erfasst. Jetzt beginnt für ihn mitten im Wald die „Büroarbeit“: Im mitgeführten Computer werden alle Messwerte eingetippt und auf ihre Plausibilität überprüft. Für gewöhnlich arbeitet der Forstwirt den ganzen Tag allein. Diesmal schaut ihm allerdings Arnold über die Schulter. Was schätzt Daubner an seiner Aufgabe bei der Forstinventur? „Ich kann meinen Tag selbst gestalten, bin mein eigener Herr.“ Und was mag er am wenigsten? „Die Mücken, die sich im Sommer auf mich stürzen.“

Auf Basis der Inventur-Ergebnisse werden im nächsten Jahr die zukünftigen forstlichen Maßnahmen vor Ort in den einzelnen Waldbeständen festgelegt und in Karten und Revierbüchern niedergeschrieben. Dadurch erhalten die Förster eine Richtschnur, wie sie in den nächsten zehn Jahren die Wälder weiterentwickeln sollen. Wo sollen besonders klimastabile Zukunftswälder geschaffen werden? Wie viele Bäume müssen entnommen werden, um dafür Platz zu schaffen? Wo sind sensible Bereiche, in denen die Lebensräume seltener Tiere und Pflanzen bewahrt werden? In welchen Bereichen wird besonders Rücksicht auf die Bedürfnisse der Waldbesucher genommen. Solche Fragen klärt die sogenannte Forsteinrichtung.

„So stellen wir auch in Zukunft die wirtschaftlichen, ökologischen und gesellschaftlichen Leistungen des Waldes sicher“, wird Arnold in der Mitteilung weiter zitiert. „Das ist gelebte und umfassende Nachhaltigkeit.“

 
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