Jörg Skriebeleit bringt Buch zu Euthanasie in NS-Zeit heraus

Flossenbürg
03.08.2023 - 09:49 Uhr
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Erinnerungskultur am Beispiel des Umgangs mit Nazi-Opfern, die offiziell noch nicht als solche eingestuft sind: Der Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg rückt mit anderen Wissenschaftlern ein verdrängtes Thema ins Rampenlicht.

Die Professoren Jörg Skriebeleit (Mitte) und Bernhard Löffler (rechts) überreichen dem Präsidenten der Universität Regensburg, Udo Hebel, die erste Publikation des Zentrums Erinnerungskultur.

Dass sich die Nationalsozialisten in ihrem Rassenwahn dazu aufschwangen, Leben in "wert" und "unwert" einzuteilen, ist unstrittig. Ebenso, dass damit eine Mordmaschinerie in Gang kam, deren Ziel es war, alles "Unwerte" auszumerzen. Kaum bekannt ist dagegen, dass die Opfer von NS-Euthanasiemorden und Zwangssterilisationen bis heute nicht offiziell als Opfer des Regimes anerkannt sind.

Immerhin: Die amtierende Bundesregierung hat es sich im Koalitionsvertrag zur Aufgabe gestellt, dies zu ändern. Eine wichtige Argumentationshilfe dürfte ihr dabei ein kürzlich erschienenes Buch sein. Es heißt "Verdrängt – Die Erinnerung an die nationalsozialistischen Euthanasiemorde" und im Untertitel "Über den Umgang mit den NS-Krankenmorden. Verschlungene Wege vom Verdrängen und Vergessen hin zum Gedenken und Erinnern."

Es ist die allererste Publikation des jungen "Zentrums Erinnerungskultur", das der Universität Regensburg ein Alleinstellungsmerkmal beschert. Einer der beiden Direktoren dieses Zentrums ist Jörg Skriebeleit. Der Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg lehrt als Professor in Regensburg. Zusammen mit Winfried Helm hat er den 260 Seiten starken Band konzipiert, den der Bezirk Oberbayern finanziert und herausgibt. Der Bezirk ist Rechtsnachfolger in der Trägerschaft von psychiatrischen Kliniken wie Haar, wo Menschen statt zu Patienten zu Todgeweihten gemacht wurden.

"Verdrängt" enthält 31 Beiträge von Forscherinnen und Forschern zum Thema, drei davon liefert Skriebeleit selbst, zwei stammen von seinem Flossenbürger Mitarbeiter Julius Scharnetzky. Skriebeleit greift dabei auch aktuelle politische Diskussionen auf, etwa die Kontroverse um den geplanten Abriss eines Teils der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt (HUPFLA) in Erlangen.

Die populärwissenschaftliche Ausrichtung des Buchs mit Fallstudien, Gesprächen, Porträts und reichlich Bildmaterial erlaubt es, auch ohne fundierte Vorkenntnisse in das komplexe Thema einzutauchen. Der großformatige Band wird ab Herbst an verschiedenen Orten im In- und Ausland der Öffentlichkeit vorgestellt.

 
 

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