Franzensbad (Františkovy Lázně)
09.06.2022 - 13:26 Uhr

Brücken bauen zwischen Deutschen und Tschechen

Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, hat sieben Thesen zur Völkerverständigung von Deutschen und Tschechen formuliert. Bei einem Kongress in Franzensbad stellte er sie vor.

Unter dem Motto "Dialoge überwinden Grenzen" stand der 72. Sudetendeutsche Tag, der diesmal in Hof über die Bühne ging. Einer der Programmpunkte war ein Deutsch-Tschechischer Kommunalkongress im Rathaus von Franzensbad, bei dem sich auch Politiker aus dem Landkreis Tirschenreuth einbrachten.

Bernd Posselt, Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, hatte laut Mitteilung dafür sieben Thesen proklamiert. Diese wurden laut Mitteilung von den Teilnehmern engagiert und kontrovers diskutiert, "um die Beziehung zwischen Deutschen und Tschechen auch in Zukunft weiter zu verbessern und somit die Völkerverständigung zu fördern". Erste Grundvoraussetzung der Beziehungen beider Länder sei der beiderseitige Wille und die Bereitschaft zum gegenseitigen Austausch. Als zweite These führte Posselt an: Viele Deutsche seien mit den sudetendeutschen Bräuchen und der Kultur vertraut, nicht wissend, dass sie aus Böhmen, dem heutigen Tschechien, entstammen. So sei auch vielen Tschechen nicht bewusst, dass viele ihrer Bräuche von den Sudetendeutschen geprägt wurden. Und so wüssten viele Tschechen nicht, dass uns eine mehrere Jahrhunderte lange gemeinsame Geschichte verbindet.

Sprache verbindet

Auf dieser Geschichte müsse man aufbauen, so die dritte These. "Grundbedingung ist, die Geschichte nie als Waffe zu benutzen", so der Sprecher. Es gehe vielmehr um einen vernünftigen, sachlichen Diskurs, in dem man einander zuhört. Insbesondere verbinde Sprache – so Posselts vierte These: Hier gelte es, das Angebot auf allen Ebenen, von den Schul- und Bildungseinrichtungen bis hin zu betrieblichen und staatlichen Fortbildungsmaßnahmen, auszubauen, auf beiden Seiten.

Ortsnamen sind, wie in anderen Sprachen üblich, ursprünglich in der jeweiligen Sprache verankert, also „Eger“ im Deutschen und „Cheb“ im Tschechischen und sollten – so die fünfte These - auch so verwendet werden. Gerade aus politischer Korrektheit werde insbesondere auf deutscher Seite häufig die tschechische Bezeichnung verwendet. So würde niemand in Deutschland auf die Idee kommen, von „Firenze“, „Roma“, „Milano“ oder „Warszawa“ zu sprechen.

Böhmische Wurzeln

Es gebe viele gemeinsame Erinnerungsorte, die man herausstellen könne, regte Posselt in seiner sechsten These an: Vielen sei bekannt, das Fürst Metternich I. einer der mächtigsten Politiker Europas nach dem Sturz Napoleons war, der auf dem Wiener Kongress die Neuordnung Europas geprägt hat. Doch kaum einer wisse, dass seine letzte Ruhestätte in Böhmen im heutigen Tschechien liegt. Diese letzten Ruhestätten seien Teil unseres Kulturgutes, ihre Pflege eine grenzüberschreitende Aufgabe um das Andenken aller Verstorbenen zu ehren, egal ob sie tschechische oder sudetendeutsche Wurzeln haben.

So könne – die siebte These – auch das Herausstellen der böhmischen Wurzeln von namhaften Persönlichkeiten zur Völkerverständigung und Völkerversöhnung beitragen: Sowohl der berühmte Physiknobelpreisträger Andreas Grünberg wie auch der Unternehmer Anton Hart im heutigen Tschechien geboren wurden, so würden auch Philipp Lahms Wurzeln dorthin reichen. So trage das Bekenntnis zur Abstammung von Sympathieträgern zur Förderung des Verständnisses für die andere Nation in der Bevölkerung bei. Klar müsse sein, da seien sich laut Mitteilung Posselt und die anderen Vertreter auf dem Podium, unter ihnen Landrat Roland Grillmeier und Toni Dutz, einig gewesen: „Geschichte darf nicht missbraucht werden, um Wunden aufzureißen. Geschichte muss dazu dienen, Wunden zu heilen.“

 
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