"Das kriegen wir schon hin." Das ist einer der Sätze, die Johannes Altmann in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder gesagt hat. Der 21-Jährige ist ein unverbesserlicher Optimist, das weiß er auch selber. "Aber ohne positive Einstellung und die Unterstützung der Dorfgemeinschaft würde so etwas nicht gehen." Mit "so etwas" meint er die Organisation eines traditionellen Vereinsjubiläums mit alle Drum und Dran: Bierzelt, Festgottesdienst, Umzug und was sonst noch alles damit einhergeht.
Es geht um das 100-jährige Bestehen des Burschenvereins Wutschdorf. Unter diesem Namen firmiert die Dorfjugend längst nicht mehr. Der Burschenverein lebte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr auf, stattdessen gründete sich 1973 eine Ortsgruppe der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB). Allerdings führt diese die Tradition mit Leidenschaft fort. Rund 40 Mitglieder hat die KLJB Freudenberg-Wutschdorf. Die jüngsten sind gerade erst 14 Jahre alt geworden.
Respekt für die Jugend
Der Festausschuss besteht überwiegend aus Jugendlichen. "Das macht dieses Jubiläumsfest besonders", sagt Pfarrgemeinderatssprecherin Johanna Köbler. "Es verdient allergrößten Respekt, dass die jungen Leute auf diese Weise Verantwortung übernehmen." Die Organisation des Festwochenendes sei für sie eine Selbstverständlichkeit. "Alle feiern ihr rundes Vereinsjubläum groß, die Feuerwehr, der Sport- oder der Kriegerverein. Da war es für die Jugend klar, dass auch sie ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Leben im Dorf leisten wollen."
Das Bierzelt ist bereits bestellt, gerade klappert der Festausschuss die Verleiher von Biergarnituren ab, um Angebote zu vergleichen. Die ersten Musikkapellen haben zugesagt, erste Save-the-Date-Aufkleber sind auch schon gedruckt. Und der Patenverein ist gefunden. "Wir freuen uns total, dass die KLJB Ursulapoppenricht mitmacht", sagt Anna Riß. "Da kommen wir natürlich zum offiziellen Patenbitten."
Wertvolle Fahne
Der 1923 gegründete Burschenverein hat der KLJB seine damals angefertigte Vereinsfahne hinterlassen. An besonderen Anlässen - zu Fronleichnam etwa - holen die KLJB-Mitglieder sie aus dem Schrank und tragen sie bei Festzug oder Prozession. Damit das gute Stück einigermaßen in Schuss gehalten wird, soll es bei der Fahnenstickerei Kössinger in Schierling bei Regensburg hergerichtet werden. Fahnenstickerin Ines Spanner war völlig aus dem Häuschen, als sie das 100 Jahre alte Tuch gesehen hat. "Die Wutschdorfer Burschenfahne ist etwas besonderes", sagt sie.
Die Fahne wurde 1923 sehr aufwändig gestickt. Unter anderem hat ein Maler damals extra die Landschaft mit der Wutschdorfer Pfarrkirche und dem Johannisberg gemalt, damit die Stickerinnen eine Vorlage gehabt haben. Das Bild ist mit tausenden Stichen in die Fahne eingearbeitet worden. Dazu kommen eine prächtig geschmückte Mondsichel-Madonna und vier Embleme der Grundtugenden der katholischen Burschenvereine: Glaube und Sitte, Berufstüchtigkeit, Frohsinn und Scherz, Heimatliebe. "Hier handelt es sich um ein Werk von kunsthistorischer Bedeutung", erklärt Spanner. Sie hofft, dass die KLJB diese Fahne in Ehren hält.
Die Alten sind stolz
"Leider können wir uns die Komplettrenovierung der Fahne nicht leisten", sagt Sofia Dotzler. So ein Projekt würde mit bis zu 6000 Euro zu Buche schlagen. Kosten hat die KLJB mit dem Jubiläum erst einmal genug, da kann die Jugendgruppe kein Risiko eingehen. Einen Anfang aber hat der Heimat- und Kulturverein (HKV) gemacht. "Wir haben beschlossen, unsere Jugend zu unterstützen und spenden Geld, damit wenigstens die Fahnenspitze hergerichtet werden kann", berichtet der HKV-Vorsitzende Uli Piehler.
Das 100-Jährige der Dorfjugend - es ist ein Projekt für das gesamte Dorf. Terminiert ist das Fest auf 19. bis 21. Mai. Wenn dann am Sonntag ein Festzug durch den Ort zieht, dann werden auch die Alten mächtig stolz sein. Schließlich waren auch sie mal jung und fast alle bei der KLJB und ihren Vorgängergruppen. Ein Anliegen des Festausschusses wäre noch die lückenlose Dokumentation der Vorsitzenden von der Nachkriegszeit bis heute. Wer dazu Angaben machen kann, darf sich gerne bei Johanna Köbler melden.
Burschenverein
- Nicht zu verwechseln sind die ländlichen Burschenvereine mit den studentischen Burschenschaften.
- Ihren Ursprung haben die Burschenvereine in freien Dorfjugendgruppen, die bereits im 19. Jahrhundert entstanden. Sie organisierten schon damals Brauchtums- und Tanzveranstaltungen auf dem Land.
- Ende des 19. Jahrhunderts versuchte die katholische Kirche Einfluss auf diese Jugendgruppen zu gewinnen und schuf erste organisatorische Strukturen.
- 1903 gründeten drei Geistliche den Verband Katholischer Burschenvereine für das Königreich Bayern.
- Als Erkennungszeichen diente bayernweit eine rot-weiß-grüne Trikolore, hinzu kamen die Ideale "Glaube und Sitte", "Heimatliebe", "Berufstüchtigkeit" und "Frohsinn und Scherz".
- 1933verboten die Nationalsozialisten jegliche Tätigkeit von Verbänden und Vereinen.
- Als Dachverband katholischer Burschenverbände dient heute der Landesverband Bayern der Katholischen Landjugendbewegung.
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