Der neue Sound der Feuerwehr

Freudenberg
11.10.2018 - 17:50 Uhr

Soundcheck vor dem Feuerwehrhaus: Die Bewohner des östlichen Landkreises Amberg-Sulzbach durften schon mal hören, wie die neuen digitalen Feuerwehrsirenen klingen, mit denen nach und nach alle Gemeinden ausgestattet werden sollen.

Die Rückmeldungen gingen alle in die selbe Richtung: „Hört sich etwas nerviger an, als die alte Sirene“, sagt einer der Feuerwehrleute aus Freudenberg, der mit einem Dezibel-Messgerät in etwa einem Kilometer Entfernung in Stellung gegangen war. „Der Ton klingt etwas höher.“ Sebastian Fischer gefällt das. „So muss das sein. Ein Alarmton muss auch ein bisschen nervig klingen“, sagt der Sirenen-Spezialist. Das liege in der Natur von Alarmtönen. Immerhin sollen die Feuerwehrleute ja zu jeder Tages- und Nachtzeit auf den Ernstfall hingewiesen werden.

Die Feuerwehr Freudenberg-Wutschdorf testete jetzt mit Fischer die erste digitale Sirenenanlage im Landkreis Amberg-Sulzbach. „Wir stehen kurz davor, die alte Sirene abzubauen“, erklärt Kommandant und Kreisbrandmeister Armin Daubenmerkl. Die herkömmliche, pilzförmige Sirene auf dem Dach der ehemaligen Gemeindeverwaltung in der Hauptstraße erzeugt den Heulton mechanisch. „Die Verschleißteile gehen aber nach und nach kaputt. Wir brauchen dringend eine neue.“

Mit der Neuanschaffung will Daubenmerkl gleich ein paar Fliegen mit einer Klappe schlagen. Denn die alte Sirene muss nicht nur aufwendig gewartet werden, sie hatte auch andere Mängel. „Im Sommer zum Beispiel, wenn die Felder bewachsen sind, hört man sie im Nachbarort Hötzelsdorf oder im Freibad kaum noch.“ Der Bewuchs auf den Feldern schluckt einen Großteil des Alarmtons. Einen ähnlichen Effekt gibt es im Winter, wenn die Landschaft von Schnee bedeckt ist. „Das ist mit der neuen Anlage anders, weil sie eine andere Frequenz aussendet.“

Das Aussenden des Heultons haben der Kommandant und seine Helfer jetzt ausgiebig geprobt. So intensiv, dass manche trotz der Ankündigung in der Zeitung schon dachten, in Freudenberg müsse etwas Schlimmes passiert sein. Leute laufen auf die Straße, ein paar Autos fahren langsam am Feuerwehrhaus vorbei, um zu sehen, was los ist. Die weit über den Dachfirst ausgefahrene Hebebühne mit dem Testgerät im Personenkorb verrät, dass es sich um eine Übung handelt. Die digitale Sirene hat nicht mehr die Form eines Pilzes, sondern ist mit einzelnen Hörnern ausgestattet. Vier mit einer Leistung von jeweils 150 Watt kommen bei der Generalprobe in Freudenberg zum Einsatz. Später sollen es einmal acht Hörner sein. Einer der Vorteile: jedes Horn kann, je nach topografischen Gegebenheiten und Zielort, anders ausgerichtet werden.

Neun Feuerwehrler haben an unterschiedlichen Plätzen im Dorf Stellung bezogen. Sobald die Sirene still ist, fordert Daubenmerkl die Rückmeldungen ein. „Etwas lauter als die alte“, funkt einer zurück, der am Stauberhof stand, der Kollege in Hötzelsdorf meldet: „Bestens gehört.“ Spannender wird es, als weitere sechs Außenposten zu Wort kommen. Sie stehen in bis zu fünf Kilometer entfernten Orten in der Gemeinde, dort, wo ebenfalls Aktive wohnen.

„Hainstetten meldet eine fünf auf einer Skala von eins bis zehn“, tönt es aus dem Funkgerät. Hainstetten war bislang sirenenmäßig kaum erreichbar. Ein dicht bewaldeter Berg liegt zwischen dem Ort und dem Feuerwehrhaus. Sebastian Fischer strahlt. „Klappt super, hätte ich nicht gedacht.“

Mit der neuen Sirene macht die Feuerwehr einen weiteren Schritt Richtung Digitalisierung. Mit dem digitalen System sind künftig auch Sprachdurchsagen möglich. „Es könnte sein, dass es in einem bestimmten Fall notwendig ist, die Bevölkerung mündlich auf besondere Gefahren hinzuweisen“, erklärt Daubenmerkl. „Das wird sicher nicht zum Normalfall werden. Aber die Möglichkeit zu haben, ist auf jeden Fall ein Gewinn.“ Hinzu kommt noch die Lösung eines anderen Problems, das den Feuerwehren landauf, landab gewisse Bauchschmerzen bereitet: Im Falle eines Stromausfalls funktioniert die digitale Sirene trotzdem. „Das System ist bei Solarbetrieb dauerhaft autark“, sagte Fischer. Mit Akkus betrieben, halte das Gerät rund vier Wochen lang durch.

Noch ist die Anlage nicht gekauft. Daubenmerkl und seine Kameraden werten jetzt erst einmal die Mess-Ergebnisse aus und rechnen die Anschaffungskosten für das 1200-Watt-Modell des niederbayerischen Herstellers Sonnenburg durch. Nicht zuletzt spricht ja auch noch der Gemeinderat ein entscheidendes Wort mit. Aber der Kreisbrandmeister ist überzeugt, dass die neue Technik die Zukunft ist und die silberfarbenen Signalhörner nach und nach in vielen Gemeinden über Feuerwehr und Rathäusern in den Himmel ragen.

Amberg08.09.2020
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