Stefanie Höcht hat soeben Glühwein und Kaffee gekocht. "Bitte bedienen Sie sich", bittet die Fuchsmühlerin, die noch leeren Tassen vollzuschenken. Wer möchte, darf auch von Weihnachtsplätzchen und Stollen kosten, die sie auf einem Teller bereitgelegt hat. Die Kunden kommen meist aus der Region. Zwei Autokennzeichen fallen am vierten Adventssonntag gegen Mittag aber auf.
Die Fahrzeuge, aus denen zunächst zwei Frauen aussteigen, stammen aus der rund 170 Kilometer entfernten Universitätsstadt Jena. Eine deutlich weitere Anfahrt, nämlich genau 4830 Kilometer, hat Valerij Buschuev hinter sich, der als Letzter eines der geparkten Autos verlässt. Er ist aus der russischen Stadt Omsk angereist, um seine Tochter Swetlana, aber auch Fuchsmühl zu besuchen. Das Trio aus Thüringen beziehungsweise Sibirien möchte am Tannenhof, der dem Landesverband Bayerischer Christbaumanbieter angeschlossen ist, zwei Christbäume abholen, die dann schließlich in Jena aufgestellt werden, um dort die Wohnungen über Weihnachten zu schmücken.
Helmburg Göpfert-Stöbe ist Ärztin und Sachverständige für Forensische Psychiatrie. Ihre Freundin Swetlana Lüse-Dominnik - mit Wurzeln in Russland - arbeitet als Dolmetscherin und Übersetzerin. Beide kommen aus Jena. "Kennengelernt haben wir uns während unserer gemeinsamen Arbeit am Gericht", erzählt die Ärztin. Begleitetet werden die Frauen von Swetlanas Vater Valerij.
Warum man rund 170 Kilometer Autofahrt auf sich nimmt, um im Steinwald zwei Christbäume auszusuchen, um sie danach im Kofferräumen nach Thüringen zu transportieren, erfahren wir im Verkaufsraum bei einer Tasse heißen Kaffee. "Ich habe den Tannenhof vor über 26 Jahren kennengelernt", erzählt Helmburg Göpfert-Stöbe. "Ich machte mit meinen drei Kindern Urlaub auf dem Tannenhof-Anwesen." Helmburg Göpfert-Stöbe kramt ein Foto aus ihrer Handtasche, das damals von ihr geschossen wurde und ihre Kinder im Schnee zeigt. "Wir, vor allem ich, verliebten uns in den Tannenhof in der wunderbaren Gegend, die wir danach öfter besuchten."
Schmuck aus Lauscha
Allen schwärmte sie von den vielen Christbäumen vor, von denen sie auch ihrer Freundin unbedingt erzählen musste. "Bitte bring mir von dort auch einmal eine Tanne mit", bat Swetlana später einmal um ein Mitbringsel. "Der Baum, den mir Helmburg wie versprochen dann ins Haus stellte, war wunderschön." Er reichte bis zur Decke. "Das ganze Haus duftete nach Wald, ich konnte mich gar nicht mehr beruhigen." Gemeinsam mit den Kindern habe sie ihn mit Kugeln, Tannenzapfen und Nüssen, die in Lauscha aus Glas hergestellt wurden, zudem auch mit elektrischen Lichtern, Süßigkeiten und vielen anderen schönen Dingen geschmückt.
Der Weihnachtsschmuck, den sie nach und nach ergänzte, erinnerte sie an ihre sibirische Heimat. "Der Baum, den meine Eltern damals hatten, sah fast genauso aus." Einem alten russischen Brauch zu Folge tanzte sie dann mit ihren kleinen Kindern singend um den zu ihrem "Traumbaum" gewordenen Prachtstück herum. "Ich war begeistert. Der Christbaum durfte bis fast Ende Januar in der Wohnung stehen bleiben." Swetlana Lüse-Dominnik betont auch, wie wichtig es ihr war, den Christbaum gemeinsam zu schmücken. "Ich wollte damit meinen Kindern die Weihnachtstraditionen meines Heimatlandes näherbringen." Lüse-Dominnik, die auch ihrem Vater von der Herkunft des Baumes erzählte, war jetzt auch neugierig geworden und wollte den Ort kennenlernen, wo die Bäume wachsen. Fest entschlossen bat sie ihre Freundin Helmburg, in diesem Jahr mit nach Fuchsmühl zu fahren, um sich und Vater Valerij Buschuev den Tannenhof und Fuchsmühl zeigen zu lassen.
Herzliche Oberpfälzer
Buschuev hat eine lange Reise hinter sich, um gemeinsam mit seiner Tochter heuer Weihnachten zu feiern. Swetlanas Vater, der erst vor einigen Tagen eintraf, ist an allem, was das deutsche Weihnachtsfest umgibt, sehr interessiert. Er wollte beim Kauf dabei sein, um sich danach auch den Ort Fuchsmühl und die Gegend anzuschauen. "Mein Vater liebt Weihnachtsmärkte, die Lieder und Lichter", erzählt Swetlana, die sich aber - wie ihre Freundin Helmburg - von einer Sache ganz besonders beeindruckt zeigt: "Die Herzlichkeit der Oberpfälzer ist unvergleichlich." Zudem sei es auch die freundliche Atmosphäre am Tannenhof, die den Gästen aus Thüringen und Sibirien gleichermaßen gefällt.
"Wir möchten aus dem Christbaumkauf am Fuchsmühler Tannenhof eine Tradition machen", betonen die Thüringerinnen, und versprechen Stefanie und Alfons Höcht, auch im kommenden Jahr hierher zu kommen, um Christbäume zu kaufen.







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