Den Kleiderbügel mit aufgetupften Marienkäfern aus Wachs hat Gisela Mannhart nie vergessen. Er erinnert sie an einen Muttertag vor 30 Jahren, der ihr Tränen der Rührung in die Augen trieb. "Ich hab' das damals gar nicht verstanden", erzählt ihre Tochter Tanja, die heute 35 und selbst Mutter der dreijährigen Sarah ist. Sie hat diesen Kleiderbügel im Kindergarten für die Mama gebastelt.
Ihr gegenüber im Sessel im gemütlichen Wohnzimmer in Neunburg sitzt die Uroma der kleinen Sarah, die 91-jährige Barbara Wagner aus Gaisthal. Mit ihr nimmt die Familiengeschichte über drei Generationen von Müttern ihren Anfang. Eine Geschichte, die von viel gegenseitigem Respekt geprägt ist. Mit Blick auf den Muttertag, der in diesem Jahr auf den 14. Mai fällt, erzählen die drei Frauen, wie sie mit ihrer Verantwortung klar gekommen sind.
Mit fünf Kindern fast allein
"Ich bin ja nie zur Arbeit gegangen", sagt die Uroma und Mutter von Gisela Mannhart und erntet sofort Widerspruch von der Tochter. "Du hast doch in der Metzgerei bedient, geputzt und auf den Feldern gearbeitet", wirft die 63-Jährige ein. "Das war halt so", sagt die 91-Jährige, die nicht damit hadert, dass ihr Mann über Wochen und Monate auf Montage im Ausland weilte, während sie fünf Kinder großziehen musste.
1951 kam das erste Kind auf die Welt, die jüngste Tochter war 13 als der Papa mit 56 Jahren starb. Barbara Wagner, die viele auch Betti nennen, ist nicht verzweifelt. "Ich bin immer in dem Dorf geblieben, in dem ich geboren bin", erzählt sie. Ein Dorf, in dem es für ihre fünf Kinder auch dank der Großeltern ein Umfeld zur Betreuung gab. In den Kindergarten ging nur die Jüngste.
"Im Luxus haben wir natürlich nicht gelebt", sagt Gisela Mannhart und lacht bei der Erinnerung an jenen einen Stoffballen, der reichen musste, um Kleider für vier Mädchen zu schneidern. Vom Muttertag hat Barbara Wagner damals wenig mitbekommen. "Da hab ich gekocht", sagt sie, und zwar für sieben Personen. Als Geschenk gab es mangels Taschengeld vielleicht mal ein Blümchen, später Selbstgeschneidertes von Tochter Bärbel. Ein gemeinsames Essen war später auch Tochter Gisela wichtig, eher selten im Wirtshaus, das am Muttertag oft "überlaufen" war.
Gisela Mannhart hat 1988 ihre Tochter Tanja zur Welt gebracht, vier Jahre später Sohn Tobias. "Sie hat immer Vollzeit gearbeitet ohne Pause", sagt Tanja, die jüngste in der Mütter-Runde und erzählt vom einem Familienleben, das sich zum Teil auch in dem elterlichen Geschäft für Augenoptik, Uhren und Schmuck in Neunburg abspielte. "Aus heutiger Sicht sehe ich, dass dieser Spagat ganz schön sportlich war", so die 35-Jährige. Dabei wusste sie durchaus den Luxus zu schätzen, dass die Eltern immer greifbar waren.
Zurück zu den Eltern
Ihre eigene Rolle als Mutter ist es, die Tanja als Psychologin im Personalwesen eines Automobilherstellers nach Jahren in der Großstadt wieder zurück nach Neunburg geführt hat, in die Nähe von Eltern und Schwiegereltern. Sie weiß um ihr Glück mit Teilzeit und Homeoffice und um die Chance, auch in der Arbeit noch "etwas zu reißen".
Ihre dreijährige Tochter Sarah kann hier das Landleben genießen, erst im Herbst geht es in den Kindergarten. Mit Blick auf Mutter und Großmutter stellt die 35-Jährige fest: "Ich habe großen Respekt vor den Müttern, die hier sitzen. Die machen den Job schon länger, ich habe gerade erst angefangen."
Dabei war auch ihr Start nicht einfach. "Ich bin noch nicht so muttertagserfahren, Sarah kam mitten im Lockdown zur Welt", erzählt sie und vergisst dabei nicht auf den Vorteil dieser Phase in der Corona-Pandemie hinzuweisen: ganz viel Zeit füreinander. "Ich freue mich, dass ich Mutter sein darf", betont Tanja, "mehr als über jedes Geschenk. Ein Beweihräuchern, das braucht es nicht." Ihren Muttertag feiert sie heuer zusammen mit Mama Gisela und ihrem Bruder Tobias in Schwandorf bei einem Brunch.
"Es ist ja nicht verkehrt, so einen fixen Tag auch wahrzunehmen", gibt Gisela Mannhart zu bedenken. Tauschen möchte im Übrigen keine der drei Mütter. "Ich glaube, dass jede Generation ihre Herausforderungen hat, und wir haben alle das Glück, gesunde Kinder zu haben", meint die Jüngste in der Runde. Und die Uroma der kleinen Sarah? Sie wird den Muttertag heuer mit Sohn Dietmar verbringen. "Wir gehen essen", schätzt sie, "und wenn er Erdäpfel-Knödel will, dann koche ich halt."
Der Muttertag und seine Wurzeln
- Bedeutung: Tag zu Ehren der Mutter und der Mutterschaft
- Ursprung: Mutterkult bereits in der Antike ( z. B. Verehrung der Göttin Rhea im antiken Griechenland) ; 1870 Forderung der US-Frauenrechtlerin Julia W. Howe nach einem offiziellen Feiertag, als "Mutter des Muttertags " gilt Ann Marie Reeves Jarvis, ihre Tochter setzte die Bemühungen fort
- Zeitpunkt: wird im deutschsprachigen Raum, in den USA und weiteren Ländern am zweiten Sonntag im Mai gefeiert; Termin festgelegt von Floristenverbänden, kein gesetzlicher Feiertag
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.