Georgenberg
13.04.2022 - 12:52 Uhr

Die Geschichte von Neulosimthal geht online

Historiker aus Regensburg berichten ab Gründonnerstag im Internet auf ihrem Youtube-Kanal „FlossenTV“ über das Schicksal der Sudetengemeinde Neulosimthal. Mit dabei ist auch ein Georgenberger.

Das noch übriggebliebene Ehrenmal erinnert an die Gefallenen von Neulosimthal und Leierwinkel. Bild: pi
Das noch übriggebliebene Ehrenmal erinnert an die Gefallenen von Neulosimthal und Leierwinkel.

Wirft man von Neukirchen zu St. Christoph oder Hinterbrünst/Leßlohe einen Blick auf die ehemalige Nachbargemeinde Neulosimthal, ist dort lediglich die Baumgruppe um den alten Friedhof zu sehen. Neben diesem ist von einer einst ansehnlichen Siedlung nur noch das Kriegerdenkmal in der ehemaligen Dorfmitte übriggeblieben. Mit der Sprengung der Pfarrkirche am Nachmittag des 11. November 1966 sank das letzte Gebäude, das an ein intaktes Dorfleben bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts erinnerte, in Schutt und Asche. Das Videokollektiv „FlossenTV“ aus Regensburg möchte verhindern, dass die Ortschaft vollends in Vergessenheit gerät, und berichtet aus Neulosimthals Geschichte nun in einer Kurzdokumentation auf Youtube.

In wöchentlichen Beiträgen präsentiert „FlossenTV“, ein sechsköpfiges Team aus Geschichtslehrern, historische Beiträge für eine breite Öffentlichkeit auf seinem Youtube-Kanal. Da wird ein Blick in die Krypten des Kaiserdomes zu Speyer geworfen, der Deutsche Bundestag erkundet oder das Völkerschlachtdenkmal in Leipzig mit der Kamera erklommen. Zuletzt haben die jungen Leute zusammen mit der Dillinger Werbeagentur Creative Jam eine vom Bundesministerium des Innern und für Heimat geförderte Dokumentation über jüdisches Leben in Schwaben produziert, die in ausgewählten Kinosälen vor Ort lief. Aber auch regionale Örtlichkeiten wie den Geschichtspark Bärnau-Tachov, das bayerische Schulmuseum oder eine Reihe Oberpfälzer Burgen haben die Historiker bereits besucht.

Schicksal des Sudetenlands

Viele Videos richten sich speziell an Schüler, so nun auch die Kurzdokumentation „Vergangen. Verfallen. Vergessen? – ‚Lost Place‘ Sudetenland“. Der Videobeitrag soll einen Einblick in das wechselhafte Schicksal des Sudetenlands geben, über die Außenpolitik des Deutschen Reiches vor dem Zweiten Weltkrieg informieren und über Flucht und Vertreibung der Sudetendeutschen berichten. Exemplarisch dafür wird das Schicksal der Gemeinde Neulosimthal, heute Jédlina, behandelt.

Den Anstoß für den Videobeitrag über das Schicksal Neulosimthals – im Volksmund auch „Rousntol“ genannt – gab Kameramann Johannes Haider, der selbst aus der Gemeinde Georgenberg stammt und aktuell als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Regensburg geschichtsdidaktisches Wissen an angehende Lehrkräfte vermittelt. „Wenn man die historischen Ansichten des Ortes vor Augen hat und dann diese endlose Wildnis sieht, in der die wenigen Überreste von Jahr zu Jahr mehr zu verfallen drohen, ist es geradezu ein Bedürfnis, die historische Erinnerung für die Zukunft festhalten zu wollen“, erläutert er die Intention der Kurzdokumentation.

Als konkreten Anlass für die Produktion nennt er jedoch die Situation in der Ukraine. „Flucht und Vertreibung sind Themen, die sich immer wieder durch die Geschichte ziehen. Dass Menschen infolge von Krieg ihre Heimat verlieren, passiert leider tagtäglich. Wir wollen mit dem regionalgeschichtlichen Beitrag dafür sensibilisieren, die Leute wachrütteln und ihnen sagen: Schaut nicht weg! Helft den Menschen, die auf der Suche nach einer neuen Heimat sind“, sagt Daniel Reichenberger, Geschichtslehrer in Augsburg.

Fotos aus der Blütezeit

Etwa zwei Wochen haben Skript, Dreh und Videoschnitt in Anspruch genommen. Neben Videoaufnahmen von Friedhof, Kriegerdenkmal und eingestürzten Kellern sind auch zahlreiche Fotographien aus der Blütezeit der ehemaligen Gemeinde zu sehen. Zusammengearbeitet hat das Videokollektiv dafür mit Dr. Wolf-Dieter Hamperl und dem Tachauer Heimatmuseum in Weiden. Die Premiere der Kurzdokumentation findet am Gründonnerstag, 14. April, um 18 Uhr auf dem Youtube-Kanal von „FlossenTV – Geschichte erleben!“ statt.

 
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