Wissens-Export aus dem Gleiritscher Dorfladen

Gleiritsch
28.03.2021 - 11:07 Uhr
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Von den Erfahrungen aus dem Betrieb des Dorfladens in Gleiritsch profitieren Nahversorger in ganz Deutschland. Geschäftsführer Anton Brand ist Vorstandsmitglied im Verein "Dorfbegegungsläden" und gibt Wissen aus der Praxis weiter.

Seit September 2012 gibt es in Gleiritsch den Dorfladen "Schaut's eina". Vom Wissen und den Erfahrungen aus dem Betrieb profitiert das neue Netzwerk „Dorfbegegnungsläden“. Geschäftsführer Anton Brand bringt sich dort als Vorstandsmitglied ein.

Das Netzwerk "Dorfbegegnungsläden in Deutschland" haben die Vertreter von sieben Bürgerläden aus Bayern, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ins Leben gerufen. Der Wissens- und Erfahrungsaustausch auf dem Feld der Nahversorgung im ländlichen Raum steht dabei im Vordergrund. "Wir möchten Wissen von Praktikern für Praktiker weitergegeben", erläutert Anton Brand, Geschäftsführer des Gleiritscher Dorfladens, der bei den "Dorfbegegnungsläden" als Zweiter Vorsitzender fungiert.

Im Verein haben sich Dorfladen-Praktiker aus Passion zusammengetan: "Jedes Mitglied der Vorstandschaft ist entweder als ehrenamtlicher Geschäftsführer, als Marktleiter oder als Vorstand, Beirat oder Aufsichtsrat tätig", sagt Brand. Die Gruppierung wolle die Interessen der Bürgerläden gegenüber Politik, Ministerien und Verwaltung vertreten. "Der Verein versteht sich als Sprachrohr und Unterstützung für die Kollegen in den Dorfläden."

Der neu gegründete Verein ging gleich mit seiner ersten Aktivität in die Vollen: Die Online-Seminarreihe "Zukunftsmodell Dorfladen" richtete sich an Bürgerläden und Gründungsinitiativen in ganz Deutschland. Bei insgesamt 17 Einzelveranstaltungen zwischen Oktober 2020 und März 2021 ging es um Themen wie Bürgerbeteiligung, Kooperationen mit Landwirten, Waren-Präsentation, Betriebswirtschaft und Sortimentsplanung. Einer der Referenten war auch Anton Brand, der beispielsweise über wöchentliche Werbung und die Dorfladen-App sowie über Service-Angebote wie Kunden-Karte und Paketshop sprach.

Die Resonanz auf die 60 bis 90 Minuten dauernden Seminare, die per Zoom-Videokonferenz organisiert wurden, konnte sich sehen lassen: "In der Regel hatten wir 40 Teilnehmer pro Termin, teilweise waren es aber auch schon über 60", schildert Anton Brand. Beflügelt von diesem Echo, ist eine Fortsetzung bereits ausgemachte Sache: Bereits im Mai sollen die nächsten Online-Seminare angeboten werden.

Als Kooperationspartner bei den "Dorfbegegnungsläden" sind die Agrarsoziale Gesellschaft in Göttingen, der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften und der Bundesverband der Regionalbewegung mit im Boot. Mit letzterem pflegt aktuell Anton Brand als zweiter Vorsitzender einen regen Austausch. Dabei geht es darum, Dorfläden und ihr Angebot in die "Regio-App" des Bundesverbandes aufzunehmen. Diese zeigt unter anderem regionale Angebote im Umkreis von 150 Kilometern an. "Urlaubsgäste, die sich vor Ort versorgen wollen, können sich dort für den Einkauf informieren."

Es ist aber nicht nur der Aspekt der Nahversorgung, der die Bedeutung der Dorf- und Bürgerläden ausmacht. Für Anton Brand spielt auch die Funktion dieser Geschäfte als Begegnungsstätte eine Rolle. Beim "Einkauf dahoam" kennen sich Kunden und Personal – "das läuft nicht so anonym wie an der Supermarkt-Kasse ab", so Anton Brand. Im Dorfladen lasse sich die Pflege sozialer Kontakte mit dem Einkauf verbinden – auch wenn in der Corona-Pandemie beispielsweise der "Ratsch" untereinander nicht so ausführlich stattfinden kann wie gewohnt.

Der im Vorjahr zu Beginn der Pandemie verzeichnete "Boom" in den Dorfläden habe sich mittlerweile etwas gedämpft, berichtet Anton Brand. Doch die Umsatzsteigerung habe dazu beitragen, dass der Gleiritscher Dorfladen finanziell gut über die Runden gekommen sei. "Wir konnten die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln sicherstellen." Vor Ort habe sich "etwas entspannter" einkaufen lassen als in großen Supermärkten. Und das Bewusstsein für Regionalität sei in der Bevölkerung in den vergangenen Monaten deutlich gewachsen. Mit Blick auf die weitere Entwicklung erwartet der Geschäftsführer allerdings, dass 2021 "das schwierige Jahr" wird. "Es ist nicht wirklich absehbar, wann die Pandemie überwunden sein wird."

Als kleiner Schritt zurück zur Normalität kann da gesehen werden, dass der Gleiritscher Dorfladen nach fast einjähriger Pause im Februar wieder seinen monatlichen Dorfbackofentag aufgenommen hat – natürlich unter Beachtung der Hygienevorschriften. Wann es Holzofen-, Zwiebel, Körnerbrot oder auch mal Gebäck geben wird, darüber informiert das Dorfladen-Team per App, die "Dorfladen-Post" und in sozialen Medien.

Der monatliche Backtag – unsere Aufnahme entstand vor der Corona-Pandemie – gehört seit Jahren fest zum Angebot des Dorfladens. Nach fast einem Jahr Pause, gibt es heuer ein "Comeback".

Heuer wird wohl noch schwieriger als 2020, da nicht wirklich absehbar ist, wann die Pandemie überwunden sein wird.

Geschäftsführer Anton Brand

Geschäftsführer Anton Brand

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Altendorf12.06.2020
Hintergrund:

Ein Dorfladen entwickelt sich

  • Anfangsimpulse: Das Konjunkturpaket II und die Dorferneuerung haben Starthilfe für den Dorfladen Gleiritsch gegeben. Das Amt für ländliche Entwicklung stellte eine 49-prozentige Förderung für den Umbau in Höhe in Aussicht, die Gemeinde steuerte rund 25 000 Euro bei.
  • Gründung einer Gesellschaft: Im Februar 2012 fanden sich bei einer Gründungsversammlung 109 Gesellschafter, die sich mit mindestens 200 Euro an dem Projekt Dorfladen beteiligen wollten.
  • Einweihung: Am 6. Oktober 2012 im Beisein zahlreicher Bürger und Ehrengäste.
  • Staatspreis: 2014 wurden der Dorfladen und die Dorferneuerung in Gleiritsch mit dem Staatspreis "Land- und Dorfentwicklung" ausgezeichnet. Mit einem Sonderpreis wurden „Herausragende Einzelleistungen zur Stärkung des ländlichen Raums“ honoriert.
  • Dorfladen des Jahres: Im Jahr 2015 wurde der Dorfladen Gleiritsch bei der Internationalen Grünen Woche in Berlin als "Dorfladen des Jahres" ausgezeichnet.
  • Mit eigener App: Mit einer kostenlosen App für Smartphones informiert der Dorfladen über aktuelle Neuigkeiten. Zusätzlich sind Informationen und Termine von vielen Gleiritscher Vereinen abrufbar. Eine Web-App ist unter https://schauts-eina.app erhältlich.
  • Das Sortiment: Der Dorfladen stellt die Nahversorgung mit rund 1400 Produkten des täglichen Bedarfes sicher, insbesondere Lebensmitteln und Haushaltswaren. Auch viele regionale Angebote warten auf die Kunden.

Der Dorfladen Gleiritsch im Internet

Infos über das Netzwerk der Dorfbegegnungsläden

 
 

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