09.10.2018 - 17:53 Uhr

Der "Goldene Oktober"

Der Kreislauf der Natur: Wenn die Tage kürzer werden, wird geerntet, Tiere und Pflanzen bereiten sich auf den Winter vor. In den Familien ist Zeit zum Vorlesen und Basteln.

Die Burg Trausnitz im Licht der Herbstsonne. Bild: Rainer Christoph
Die Burg Trausnitz im Licht der Herbstsonne.

Zu keiner anderen Jahreszeit wird die Natur in ein so schönes goldenes Licht getaucht wie im Herbst. Der Ausdruck "Goldener Oktober" hat in Deutschland eine jahrhundertelange Tradition. Er wurde nachweislich bereits vor mehreren Hundert Jahren verwendet, wobei das exakte Datum nicht gesichert ist. Heute sprechen wir auch vom "Goldenen Herbst" oder wir kennen den Begriff " Indian Summer", der aus dem Amerikanischen kommt.

Wir sehen den Herbst mit der Ernte verbunden. Darin steckt auch das englische Wort "harvest" (Ernte), das lateinische Wort "carpare" (schneiden) oder das griechischen Wort "karpós" (Frucht oder Ertrag). Die Ernte von Obstsorten wie Äpfeln, Birnen, Weintrauben, Kürbissen und Mais ist nicht nur für den Menschen wichtig, sondern auch für Tiere. Sie legen sich im Herbst ebenfalls Futtervorräte mit Herbstfrüchten aller Art an.

Wachsen und leben

Auch Pflanzen sorgen für den Winter vor. Wir Menschen erleben das durch die bunte Färbung der Blätter. Mit dem kürzer werdenden Tagen, der nächtlichen Abkühlung, entziehen die Bäume ihren Blättern rechtzeitig einen bestimmten grünen Blattfarbstoff, das sogenannte Chlorophyll, und leiten ihn in die Wurzeln. Dieser Stoff ist für Pflanzen extrem wichtig. Mit ihm können sie das Sonnenlicht einfangen, das sie zum Wachsen und Leben brauchen. Würde dieser Kreislauf fehlen, die Blätter nicht abfallen, hätten sie im Frühjahr, wenn wieder mehr Sonne scheint, nicht genug Kraft, um neue Blätter und Blüten zu bilden.

Wie schnell kann der Goldene Oktober vorbei sein. Dann kommt die Zeit, in der der Regenschirm fester Bestandteil ist, wenn wir das Haus verlassen. Es ist auch die Zeit, in der wir eher die Wärme und Behaglichkeit des Hauses suchen. Die Zeit, um die Füße aufs Sofa zu legen und ein gutes Buch zur Hand zu nehmen.

Die Dichter beflügelte der Herbst insbesondere. Viele Generationen lernten aus ihrem Lesebuch ein Gedicht von Rainer Maria Rilke, dem bedeutenden Dichter, in Prag geboren (siehe weiteren Artikel). Rilke hat in seinen frühen Jahren mehrfach seine Gedichte dem Herbst in den tschechischen Fluren gewidmet. Für den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker war Rilke ein Europäer, egal ob Deutscher oder Tscheche. "Rainer Maria Rilke ist als Deutscher in der Österreichisch-Ungarischen Doppelmonarchie in Prag geboren worden. Und gestorben ist er als tschechoslowakischer Staatsangehöriger in der Schweiz. Das ist ein Symbol für die Vielvölkereigenschaft von Europa."

Tee-Duft

Es gibt doch nichts Schöneres, als mit geröteten Wangen und feuchtkalten Händen von draußen ins Warme zu kommen. Schlägt einem dabei schon der Duft einer Tasse Tee entgegen, ist die Welt wieder in Ordnung. Genießen Sie es auch, mit den Füßen durch das Laub zu rascheln und Laubhaufen zu bilden, Kastanien, Eicheln und bunte Blätter zu sammeln? Wer bastelt noch mit den Früchten? Probieren Sie es doch mal mit den Kindern lustige Kastanienfiguren zu basteln.

Gutes Buch am Kamin

In dieser Zeit dürfen wir ohne schlechtes Gewissen einfach drinnen bleiben und uns den regnerischen und düsteren Herbsttagen mit einem guten Buch widmen. Vor dem Kamin oder mit einer Wärmflasche an den Füßen kann man es sich so richtig gemütlich machen. Es ist auch die beste Zeit zum Vorlesen. Drehen Sie den Spieß einmal um, und lassen Sie sich etwas von ihren jüngeren, schulpflichtigen Kindern vorlesen. Eine gute Gelegenheit mit den Kindern ins Gespräch zu kommen, was heute bei der Überbeanspruchung vieler Eltern oft untergeht. (cr)

Herbsttag:

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.

Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,

Und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;

gib ihnen noch zwei südlichere Tage,

dränge sie zur Vollendung hin und jage

die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.

Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,

wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben

und wird in den Alleen hin und her

unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Rainer Maria Rilke (1875 bis 1926)

Inmitten prächtigem Herbstlaub steht die Statue des Heiligen Nepomuk in Speinshart. Bild: Rainer Christoph
Inmitten prächtigem Herbstlaub steht die Statue des Heiligen Nepomuk in Speinshart.
Der Herbst lädt zu Spaziergängen ein, wie hier am Glasschleifweg bei Georgenberg. Bild: Rainer Christoph
Der Herbst lädt zu Spaziergängen ein, wie hier am Glasschleifweg bei Georgenberg.
Die Natur zeigt im Herbst noch einmal ihre ganze Schönheit am Weiher in Rotzendorf. Bild: Rainer Christoph
Die Natur zeigt im Herbst noch einmal ihre ganze Schönheit am Weiher in Rotzendorf.
 
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