Eigentlich wollte Pressaths Bürgermeister Bernhard Stangl auf der Demonstration für Vielfalt und Demokratie am Sonntag in Grafenwöhr nicht reden. Doch der Wortbeitrag eines Bürgers ließ ihn nicht kalt und er musste widersprechen. Der Mann hatte erklärt, er versuche AfD-Wähler zu verstehen. Diese seien für ihn zu großen Teilen nicht radikal, sondern wütend über die Politik in Deutschland. Mit der Wahl der "Alternative für Deutschland" drückten sie nur ihren Protest aus.
"Ich versteh keinen, der aus Protest die AfD wählt", poltert Stangl los. Er selbst habe erlebt, dass Menschen seine SPD kritisierten, dass sie einen türkischstämmigen Kandidaten für die Europawahl nominiert hatte. "Man kann in demokratischen Parteien mitarbeiten, aber nicht in der AfD."
Wetter lockt kaum an
Stangl holte zu einem Rundumschlag aus: Aiwangers Aussage "die Demokratie zurückzuholen", Unterwanderungen der Bauernproteste durch rechte Gruppierungen und die ständige Kritik an der Ampel – Stangl brennt es auf der Zunge. "Man muss erkennen, wie wichtig die Demokratie für unser Land ist. Ihr merkt, ich bin ein leidenschaftlicher Anhänger davon." Die viel beschworene Brandmauer habe für ihn längst Risse bekommen. Er appelliert an die knapp 160 Teilnehmer der Demo im Stadtpark: "Beteiligt Euch, geht in Parteien."
Organisator René Liebermann vom "Oberpfälzer Bündnis für Toleranz und Menschenrechte" (OBTM) fand das impulsive Auftreten Stangls gut. "Wir wollten eine lebhaft Diskussion, da ist mir dann auch die Parteizugehörigkeit egal." Mit der Teilnehmerzahl von 160 Menschen ist er für eine kleine Stadt wie Grafenwöhr zufrieden. Das schlechte Wetter lockte auch nicht gerade an. In seiner eigenen Rede zählte Liebermann Zitate von AfD-Politikern und dieser nahestehenden Organisationen auf. Erst kürzlich habe er mit einer eingewanderten Gastronomin gesprochen, die der Auffassung sei, ein "guter Deutscher müsste AfD wählen": "Ich erinnerte sie daran, dass sie laut dem Geheimtreffen von Potsdam und den Beschlüssen Deutschland verlassen müsste."
Abgeordnete und Bürgermeister
Auch störte den Kreissprecher der Linken in Bayreuth das Ausnutzen der Bauernproteste durch die AfD: "Sie erzählt was anderes, als in ihrem Wahlprogramm steht. Die AfD will gar keine Subventionen mehr, sondern einen schlanken Staat." Er wehrte sich gegen eine pauschale Einordnung der "Antifa" als radikal oder gar terroristisch: "Antifa heißt einfach gegen Faschisten." Redner Janick Metz ist wie Liebermann Mitglied der Linken in Bayreuth: "Ich mag diesen Staat, ich mag seine Werte. Und das liegt nicht an meinem deutschen Pass."
SPD-Landtagsabgeordnete Nicole Bäumler sieht durch die Enthüllungen von Potsdam ein Aufschrecken in der Bevölkerung. "Nie wieder ist jetzt", sagt sie und will sich Hass und Hetze überall entgegenstellen.
Neben Bürgermeister Stangl nahm auch Eschenbachs CSU-Bürgermeister Marcus Gradl an der Veranstaltung teil. Grafenwöhrs Bürgermeister Edgar Knobloch fehlte hingegen. Er sei verhindert, erklärte er auf Nachfrage. Viele der Teilnehmer hatten Schilder entworfen und mitgebracht. Immer wieder applaudierten sie bei Redebeiträgen.
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