Wie Landgerichtssprecher Matthias Bauer bestätigt, hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe die Revisionen der Verteidiger komplett verworfen. Der Ukrainer Viktor C. (42) sitzt damit eine zehnjährige Freiheitsstrafe ab. Rechtskräftig sind auch die Strafen gegen die Beihelfer – zwei Deutsche und einen Tschechen – in der Höhe zwischen 2,5 und 5 Jahren. Viktor C. war einer von mutmaßlich vier Männern aus der Ukraine und Moldawien, die im April 2016 ein altes Gastwirtsehepaar in Grafenwöhr überfielen. Zwei der verdächtigen Haupttäter sind flüchtig (Wohnsitz: Transnistrien), gegen sie besteht ein internationaler Haftbefehl.
Der Vierte im Bunde ist der Ukrainer Oleksandr M. (54). Seine Verhandlung in Weiden steht noch aus, weil er erst in Österreich, inzwischen in Deutschland wegen anderer Raubdelikte inhaftiert war. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Weiden ihre Anklage erhoben, sie beinhaltet neben dem schweren Raub in Grafenwöhr einen weiteren Raub auf eine Zahnarztpraxis in Stephanskirchen bei Rosenheim. Sollte das Hauptverfahren eröffnet werden, ist mit einem Prozess in Weiden 2020 zu rechnen.
Keine Bange: „Einen Rio-Prozess 2.0 wird es nicht geben“, meint Bauer. 2018 war 24 Verhandlungstage lang gegen Viktor C. und vier Beihelfer aus der Region verhandelt worden. Das Verfahren gegen Oleksandr M. könnte deutlich schlanker ausfallen: Zum einen ist der 54-Jährige geständig, was seine Tatbeteiligung angeht. Zum anderen bot der erste Rio-Prozess mit zehn beteiligten Verteidigern reichlich Konfliktstoff: Haupttäter Viktor C. leugnete bis zuletzt, überhaupt am Tatort gewesen zu sein. Und die Rolle seiner Beihelfer in Grafenwöhr und Tschechien war schwer durchschaubar.
Beim Fernsehen überrascht
Zur Erinnerung: Das Räuberquartett war für den Überfall aus der Ukraine nach Prag angereist. Der Tipp auf den ehemaligen Wirt der Rio-Bar kam über einen Schrotthändler aus dem Landkreis Neustadt/WN. Man vermutete im Privathaus der Eheleute viel Bargeld, weil das Gerücht umging, der Wirt habe sein Lokal in Grafenwöhr lukrativ verkauft. Nach einem Ortstermin zum Auskundschaften kam es zum nächtlichen Überfall: Beim Fernsehen am späten Abend standen im Wohnzimmer der Senioren urplötzlich schwarz vermummte Gestalten, die sie aus den Sesseln rissen.
Möglicherweise wird es bei einem Prozess gegen Oleksandr M. nicht nötig sein, dass die Opfer persönlich erscheinen. Der Gastwirt wird im Frühjahr 94 Jahre, seine Frau ist 84. Ernst W. hatte damals in der Nacht der Tat einen Schlaganfall erlitten. Seiner Frau Luise brachen die Täter die Schulter. Die Aussage im ersten Prozess strengte beide merklich an. Denkbar ist, dass die Richter die damaligen Angaben wiedergeben.
Oleksandr M. kennt das Landgericht Weiden schon: Er wurde im ersten Rio-Prozess als Zeuge gehört. Für den Termin war er unter großen Sicherheitsvorkehrungen aus Österreich überstellt worden, wo er 4,5 Jahre Haft nach einem Überfall auf eine Seniorin und ihre Pflegerin am Millstätter See absaß. Als Zeuge in Weiden räumte Oleksandr M. seine Beteiligung am Rio-Raub in Grafenwöhr ein, wenn er seine Rolle auch klein redete. Er sei bloß ein Begleiter gewesen, der ursprünglich Schmiere stehen sollte. Im Haus habe er Stromkabel zur Fesselung gereicht und auf die Senioren aufgepasst, während die Komplizen das Haus durchsuchten. 25 000 Euro seien ihm versprochen gewesen. Nach der Tat habe er auf der Rückfahrt nach Tschechien aber nur 2000 Euro erhalten. Die vermutete „sehr große Summe“ sei nicht gefunden worden. Mittäter nannte der 54-Jährige nicht. Man sei nur zu dritt gewesen, die anderen beiden seien Slowaken gewesen, deren Namen er nicht kenne. Während seiner Aussage war Oleksandr M. gefragt worden, ob er Angst habe. Daraufhin beobachtete ein Polizist eine Drohgebärde durch Viktor C. in Richtung des Landsmannes: Er fuhr sich mit dem Zeigefinger über die Kehle.
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